Welcher Teufel reitet wohl die Europäische Kommission, dass sie in der jetzigen
sensiblen Situation sowas raushaut? Es geht um die EU-Initiative für
die Beschränkung von Bargeld-Zahlungen:
Proposal for an EU initiative on restrictions on payments in cash
Dazu wurde am 23.1. 2017
eine "Inception Impact Assessment" vorgelegt. So heißt im Brüsselsprech eine Voraus-Begutachtung der Auswirkungen (Bild: IncisedClown, pixabay).
Nachdem der 500-Euro-Schein bereits abgeschafft wird, geht es nun
offenbar auch gegen den Rest des Bargelds. Das EU-Paper kann man hier einsehen.
In dem Paper werden Bedenken geäußert: In general, it is important
to remember that cash is also the most accessible means of payment, and
remains widely used. An important part of the public regards payment by
cash as a personal freedom. Any change of policy would therefore be
quite sensitive, and should start from the assumption that many could
oppose restrictions on the use of cash and that such opposition could be
built on sensible arguments.
Wenn man den Leuten das gewohnte Bargeld wegnimmt, könnten sie dagegen
argumentieren, ihre persönliche Freiheit werde beschnitten. Man muss
sich also auf massenhaften Widerstand einstellen.
Die Frage ist nur, warum will die EU diesen Streit ausgerechnet jetzt
vom Zaun brechen, wo sie doch eh schon Legitimitätsprobleme hat? Wo
überall gegen die hochherrschaftliche Brüsseler Verfügungsgewalt
aufgemuckt wird? Wo endlich das EU-Demokratiedefizit aufgefüllt werden
müsste? Und da wieder eine Aktion, die garantiert gegen den Willen der
Allgemeinheit ist?
Zur Begründung heißt es in dem Paper: Organised crime and
terrorism financing rely on cash for payments for carrying out their
illegal activities and benefitting from them. By restricting the
possibilities to use cash, the proposal would contribute to disrupt the
financing of terrorism, as the need to use non anonymous means of
payment would either deter the activity or contribute to its easier
detection and investigation. Any such proposal would also aim at
harmonising restrictions across the Union, thus creating a level playing
field for businesses and removing distortions of competition in the
internal market. It would additionally foster the fight against money
laundering, tax fraud and organised crime.
Gegen die Geldwäsche hat man aber schon die Cash-Beträge auf 10.000
Euro limitiert, mehr darf die Bank nicht anehmen. Was an Steuerbetrug
mit Bargeld stattfindet, dürfte ein Bruchteil des Problems sein, und so
verhält es sich wohl auch mit dem organisierten Verbrechen. Cash-Limits
treffen nur die kleinen, altmodischen, die noch nicht auf Bitcoin oder
sonstwas umgestellt haben. Letztlich ist diese Art der Restriktion frag- und diskussionsbedürftig.
Mit derselben Logik könnt man schließlich argumentieren, die Verbrecher atmen Luft, also pumpen wir die Luft ab, damit das nicht mehr geht.
Aber es gibt noch größere Unwuchten. Die große Politik versagt
regelmäßig bei der Regulierung, wo's die Großen betrifft. Das Gesetz
gegen Bankenrettung wurde mit der "vorsorglichen Rekapitalisierung"
durchlöchert. Der gesamte Aktionismus gegen die Steuerflucht ist
unverrichteter Dinge baden gegangen. Die großen Steuerbetrüger Apple
& Co. machen ungebremst weiter. Schon bei wissenbloggt gibt's Dutzende von Artikeln, die das beklagen.
Wo aber die Kleinen betroffen sind, da wird reglementiert nach
Gutsherrenart. Die Lobbys haben anscheinend mehr Gewicht als das ganze
demokratische Brimborium. Zudem haben die Cash-Restriktionen einen
Anruch:
Dahinter steht ja auch eine Machtergreifung. Wenn es kein Bargeld mehr
gibt, erlangt die Zentralbank die volle Kontrolle. Dann existiert das
Geld nur noch in der Cloud und auf den Speicherplatten. Das erlaubt dann
beliebige Manipulationen, z.B. den Negativzins für jedermann. Keiner
kann mehr sein Geld vor solchen Zugriffen verstecken.
Angesichts der Euro-Geschichte von Rechtsbrüchen, Verantwortungsvermeidung und Hau-Ruck-Aktionen kann man nicht mal
direkten Diebstahl vom Konto ausschließen, z.B. Zwangsbeiträge für das
notleidende Euro-Regime, nach dem Motto: wir haben ja den Riesenaufwand, euch zu kontrollieren, dafür müsst ihr zahlen.
Ganz oben steht schließlich die Elite der Euro-Politiker, darunter
kommen die Lobbys und ganz unten ist das Volk. Bei solchen
falschgepolten Wertigkeiten kann Otto Normaltrottel seinem Cash nur
hinterherweinen.
Theoretisch könnte die Cash-Abschaffung die illegalen Geldflüsse der
Betrüger, Abzocker, Steuerdiebe und sonstigen Kriminellen kontrollieren
und sanktionieren. Aber wer wird daran glauben, angesichts des
bisherigen Versagens? Die EU bringt ja nicht mal eine Umsatzsteuer auf
Finanztransaktionen zustande.