In der neuesten Ausgabe des IS-Propagandamagazins "Rumiyah" wird zum Mord an islamischen Glaubensvertretern in Österreich aufgerufen. Wir haben uns das Magazin genauer angeschaut.
Anfang März veröffentlichte die Terrormiliz IS die 7. Ausgabe
ihres Propagandamagazins Rumiyah. Schwerpunkt der Ausgabe ist der Mordaufruf
gegen "Murtaddin", also vermeintlich Abtrünnige, die nicht der
Ideologie der islamistischen Dschihadisten folgen. Damit dehnt die Terrormiliz
ihre Propagandaaufrufe im Grunde gegen jeden Muslim aus, der ihr nicht die Treue
schwört.
In der deutschen Ausgabe von "Rumiyah", das auf
Englisch, Russisch, Deutsch, Türkisch, Französisch, Uigurisch, Paschtu
und Indonesisch erscheint, werden dabei auch konkrete Personen genannt, die
die IS-Miliz ermordet haben will.
Während in Deutschland vor allem
der salafistische Prediger Pierre
Vogel zur Zielscheibe der IS geworden ist, vermutlich weil er in der Vergangenheit
Anschläge der IS verurteilt hat und seine Sympathien eher der konkurrierenden
Terrorgruppe Al-Qaida gelten, werden als österreichische Ziele konkrete
Namen von Politikern und Vertretern des islamischen Glaubens genannt. (Offenlegung:
Um die Propaganda der IS-Miliz nicht weiterzutragen und zum Schutz der genannten
Personen, veröffentlichen wir deren Namen, sowie den Wortlaut der Drohungen
nicht. Die aktuelle Ausgabe von Rumiyah liegt VICE vor.)
Ob die Verfasser
der Drohungen in Österreich sitzen, oder aus dem Ausland agieren, ist nicht
bekannt. Im Innenministerium will man dazu keine Angaben machen. Allerdings
würden solche Drohungen vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung
(BVT) registriert, erklärt Pressesprecher Karl-Heinz Grundböck gegenüber
VICE: "Das BVT verzeichnet schon seit längerem wiederkehrende und
durchaus unterschiedlich formulierte Drohungen gegen Österreich im Allgemeinen,
aber auch konkrete Drohungen gegen Personen", so Grundböck. "Man
darf nicht vergessen, dass der in Syrien getötete Österreicher Mohamed
Mahmoud auch heute noch Anhänger in Österreich hat, die bereitwillig
Informationen an die Terroristen weitergeben."
Was aber bekannt
ist, ist, dass Rumiyah vom Al-Hayat Media Center herausgegeben wird. Dabei handelt
es sich um ein Art virtuelles Medienzentrum des IS-Miliz, das Propaganda für
ausländisches Publikum produziert. Zum einen werden dabei die Artikel und
das Bildmaterial im Kampfgebiet der Dschihadisten – also vor allem in Syrien
und im Irak – von Mitgliedern der Terrormiliz produziert, die genaue Kenntnisse
zu einzelnen Ländern besitzen.
(Anmwerkung atheisten-info: Al Hayat
heißt "Das Leben", es gibt andere Medien, die ebenfalls diese
Bezeichnung verwenden, aber nichts mit dem "Al-Hayat Media Center"
zu tun haben, z.B. die westlich orientierte arabische Londoner Zeitung "Al
Hayat" oder das islamikritische "Al Hayat TV-Net")
Zum
anderen steckt hinter Al-Hayat auch ein globales Netzwerk an Anhängern
und Sympathisanten, die die Terrorgruppe von außen mit länderspezifischen
Informationen versorgen und auch selbst an Produktionen mitarbeiten, wie der
Terrorismusexperte Thomas Tartsch gegenüber VICE erklärt.
"Durch
sogenannte Foreign Fighters – also Kämpfer der IS-Miliz, die zum Beispiel
aus Deutschland oder Österreich stammen –, aber vor allem auch durch das
Netzwerk der Organisation im Ausland, werden Attentatsziele an die Terroristen
übermittelt, die dann in Magazinen wie Rumiyah veröffentlicht werden",
so Tartsch.
Der Terrorismusexperte geht davon aus, dass dieses Netzwerk
auch über Kontakte in Österreich verfügt, die dann etwa jene
Namen übermitteln, die nun in der aktuellen Ausgabe veröffentlicht
wurden. "Man darf nicht vergessen, dass der in Syrien getötete Österreicher
Mohamed Mahmoud auch heute noch Anhänger in Österreich hat, die bereitwillig
Informationen an die Terroristen weitergeben und eventuell auch selbst bereit
sind, Anschläge zu verüben", so Tartsch. "Wir haben es hier
mit einer globalen Informationssammlung zu tun, die dann im sogenannten Kalifat
zusammenfließt, ausgewertet wird und schließlich wieder über
Publikationen wie Rumiyah global verbreitet wird."
Wie ausgeklügelt
die Propagandamaschinerie der Terroristen dabei funktioniert, zeigt neben den
länderspezifischen Inhalten der international erscheinenden Magazine wie
Rumiyah auch die Vielzahl unterschiedlicher Magazine, die jeweils einen eigenen
Aspekt der Propaganda abdecken und sich an spezifische Zielgruppen richten.
So richtet sich das Magazin Istok an die IS-Sympathisanten in Russland, Dar
al-Islam erscheint nur auf Französisch, Konstantiniyye ist für die
Türkei gedacht und an-Naba wendet sich an das arabsiche Publikum. "Die
unmissverständliche Botschaft lautet: Das Töten von Nicht-Muslimen
und Muslimen, die der IS-Ideologie nicht folgen, ist eine religiöse Pflicht."
Auf
Deutsch und Englisch erscheint neben Rumiyah auch Dabiq, das bekannteste Propagandamagazin
der IS-Miliz. Dabiq, das bisher in 15 Ausgaben erschienen ist, unterscheidet
sich inhaltlich deutlich vom Magazin Rumiyah, wie der Terrorexperte Thomas Tartsch
erklärt: "In Rumiyah geht es vor allem um das Töten von Nicht-Muslimen
und sogenannten Abtrünnigen in Europa und Nordamerika. In seitenlangen
Essays wird erläutert, weshalb der Hass auf 'die Ungläubigen' gerechtfertigt
und von Allah befohlen sei." Begleitet werden diese Texte mit Ideen für
Terroranschläge – wie zum Beispiel mit einem Auto in eine Menschenmenge
zu rasen.
Dabiq widmet sich im Gegensatz dazu vor allem der Ideologie
der Dschihadisten. In den Texten werden ideologische und theologische Fragen
erörtert, über das Leben im sogenannten Kalifat berichtet und die
Rechtssprechung der IS-Gerichte erklärt und argumentiert. Während
Rumiyah vor allem zu Anschlägen im Westen motivieren soll, werden mit Dabiq
Sympathisanten ins sogenannte Kalifat gelockt. Gemeinsam ist den beiden Magazinen
allerdings das Narrativ vom Kampf der Kulturen, mit dem die IS-Miliz ihre Anhänger
zu mobilisieren versucht.
Rumiyah vermittle Anhängern der Dschihadisten
auch in Österreich eine klare Botschaft, so Tartsch weiter: "In
diesem relativ neuen Magazin geht es nur noch um die Indoktrinierung und Verhaltensschulung
von zukünftigen Attentätern. Die unmissverständliche Botschaft
lautet: Das Töten von Nicht-Muslimen und Muslimen, die der IS-Ideologie
nicht folgen, ist eine religiöse Pflicht." Das zeige gerade die aktuelle
Ausgabe des Propagandamagazins sehr deutlich, in dem sie nicht nur zur Verfolgung
von Nicht-Muslimen aufruft, sondern auch den Mord an muslimischen Vertretern
und sogar radikalen Predigern propagiert.