Dönmez: Kirche, der interreligiöse Dialog und die Konfessionslosen

Efgani Dönmez, Mediator, Konfliktberater und Lektor am 1.4.2017 in den OÖNachrichten - online gestellt am 5.4.

Meine kritischen Kommentare zum Verhältnis Kirche und interreligiöser Dialog waren Gegenstand eines Treffens in der Diözese Linz. Ich wurde von Diözesanbischof Manfred Scheuer und seinem engeren Kreis gemeinsam mit dem Obmann der Türkischen Kulturgemeinde Österreich, Birol Kilic, eingeladen. Es war ein offenes und freundliches Gespräch, ohne den Blick auf die kritischen Bereiche im Verhältnis Kirche und interreligiöser Dialog auszublenden. Die unterschiedlichsten Konfessionen stehen seit mehr als 15 Jahren in Oberösterreich in einem Austausch auf verschiedenen Ebenen.

Die Ansprechpartner untereinander und auch gegenüber den Institutionen, der Politik und der Zivilgesellschaft sind meist die Repräsentanten der anerkannten Glaubensgemeinschaften. Am Beispiel des von Saudi-Arabien finanzierten "interreligiösen Dialogzentrums" in Wien erkennt man, dass nicht nur ein inhaltlicher Austausch stattfindet, sondern auch die Aufteilung so mancher Subventionen aus unterschiedlichen Fördertöpfen für diverse Kooperationen. Am Dialog können meist nur jene teilnehmen und Zugang zu Fördergeldern erhalten, welche eine institutionalisierte Stimme in der öffentlichen Wahrnehmung haben. Hunderttausende, wenn nicht Millionen*) von Konfessionslosen sind somit ausgeschlossen und irrelevant. Es gibt den Freidenkerbund, die Atheisten-Plattform und Zehntausende kritisch-säkulare Stimmen, welche humanistische Positionen der Aufklärung vertreten. Was sie vereint, ist, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung mangels Bündelung keine Ansprechpartner für Kirche und Staat sind.
*) Anm. atheisten-info: bis 2001 wurden bei den Volkszählungen die Konfessionsfreien erhoben, damals waren es über 1,1 Millionen, jetzt werden es über zwei Millionen sein, alleine aus der kath. Kirche sind seither fast 800.000 ausgetreten, dazu kommen noch der religiöse Sterbeüberschuss und religionslose Zuwanderer..

lIm Gespräch mit Bischof Scheuer habe ich die Gemeinsamkeiten des Islams und des Christentums von der ersten Felsenkirche in Antakya bis zur Verehrung von Jesus im Koran thematisiert. Jesus und Mohammed haben eines gemeinsam: Beide waren Revolutionäre und Kämpfer für Gerechtigkeit. Beide wüteten in Gebetsstätten, weil darin nicht Gott gepriesen, sondern Geschäfte und Vielgötterei betrieben wurde. Diese notwendige Tempelreinigung hat bis heute an keiner Aktualität verloren, Die Religion wird missbraucht und politisch instrumentalisiert.

Nicht besprochen wurde, dass im Namen der Religion und mit der Unwissenheit der Massen Milliarden an Geschäften unter dem Halal-Label gemacht werden. Die islamistischen Gruppierungen in Europa werden nicht nur von Saudi-Arabien, Katar und der Türkei finanziert, sondern erzielen einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Einkünfte aus den intransparenten Halal-Geschäften. Diese Thematik ist ein blinder Fleck in der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Interesse seitens der Politik und der Wissenschaft wäre sicherlich kein Nachteil, damit man gewisse Entwicklungen besser verstehen kann.