Er zählt dann widersprüchliche Thesen und Untersuchungen darüber
auf, ob der Einfluss von Religionen mehr oder weniger wird. Er meint dazu u.a.
konkret: " Etwa die Hälfte der Österreicher (..) denkt agnostisch
oder atheistisch, und dieser Anteil dürfte über die Jahrzehnte ziemlich
sicher stetig gewachsen sein."
Und er resümiert: "Ist die
Religion gut oder schlecht für die Welt, soll es mehr oder weniger gläubige
Menschen geben? Solange der Glauben in jedem Moment des Lebens Privatsache bleibt,
solange sich kein Gesetz nach ihm richtet, kein Verwaltungsakt, kein Karrieresprung,
auch nicht der Zusammenhalt von Familien und Generationen - so lange soll Religion
eine Möglichkeit für den Menschen bleiben. Nicht mehr und nicht weniger."
Man könnte formulieren: "Alles wird schlechter, nur eins wird besser:
Die Religion wird auch schlechter!" Der "Freedom of Thought Report"
zeigt auf, dass die Religiosität überall dort sinkt, wo eine liberale,
demokratische Ordnung Platz greift. Das ist in Österreich zwar der Fall,
in der Politik und in den Medien wird dies jedoch nicht reflektiert. Alle Parteien
haben Angst vor der Kirche, sie wagen es nicht einmal, obsolet gewordene Verträge
aus der faschistischen Zeit fallen zu lassen, die Österreich aus der kirchlichen
Umklammerung lösen würden. Die Kirche wird mit Milliardenbeträgen
gefüttert. Ihr Mediengewicht ist abenteuerlich. Religionen sind eine logik-
und kritikfreie Zone. Es gibt z. B. im ORF einen Maulkorberlass für kirchenkritische
Kreise. Kritik gibt es nur, wenn Verbrechen im Spiel sind. Legal eine Demokratie,
real eine Partial-Theokratie. Die Kirche wirkt weit in die Politik hinein: Das
derzeit aktuellste Beispiel ist die Blockade der Einführung des Ethikunterrichtes
durch konservative Politiker. Dabei wäre es wichtig, diesen Schritt zu
setzen, sonst wird die Zukunft unserer Kinder verspielt: Sie müssen heute
lernen, wie andere Menschen denken, und nicht, dass andere Menschen, z. B. Ungläubige,
verdammt sind. Genauso wie wir heute "Politische Bildung" und nicht
"ÖVP- oder SPÖ-Kunde" lehren, sollten die Kinder "Ethik-
und Religionen-Unterricht" erhalten.
GERHARD ENGELMAYER Vorsitzender
der Freidenker und der Konfessionsfreien via e-mail
Sogar in den USA ist inzwischen schon klar, dass der Glaube ab- und der Unglaube
zunimmt, zwar langsam, denn in den USA, einem Land mit wenig Sozialstaat und
viel kapitalistischer Ausbeutungsherrschaft, ist die Religion, das "Opium
des Volkes", auf einem etwas gehobenerem Niveau immer noch in Gebrauch:
als Umgang mit unbewältigbarem Unglück und Elend, als Seufzer der
bedrängten Kreatur, als Gemüt einer herzlosen Welt und als Geist geistloser
Zustände. In Österreich ist die Lage viel besser, wie jüngst
einer Umfrage zu entnehmen war, deklarieren sich zurzeit nur noch
elf Prozent als religiös.
Dass immer noch knapp 59 % der
Österreicher der katholischen Kirche angehören, hängt offenbar
immer noch mit der von Engelmayer geschilderten öffentlichen Verherrlichung
der Kirchen durch Politik und Medien zusammen, offenbar haben auch viele
längst nicht mehr religiöse Mitglieder der katholischen Kirche heute
noch den Eindruck, es wäre ungehörig, nicht katholisch zu sein! Bei
den jungen Leuten, welche die alten Zeiten der katholischen Allmacht und der
öffentlichen Unterwerfungspflicht nicht selber kennengelernt haben, wird
das aber wohl auch spürbar weniger werden. Auch wenn die Politik zu
dämlich ist, zu begreifen, dass Religion defakto längst Privatsache
geworden ist!