Wandelbares Österreich?

Bei der ÖVP ist es in den letzten Jahren Tradition geworden, Neuwahlen vom Zaun zu brechen und zu verlieren. Momentan schaut das ein bisschen anders aus, nachdem der Dings, der "Django", wie hat er geheißen? Mitterlehner?, genau der, der Reinhold Mitterlehner zurückgetreten ist oder zurückgetreten wurde, da hat der nun schon längere Zeit als die große ÖVP-Hoffnung glänzende Sebastian Kurz mit seiner Partei kurzen Prozess gemacht und festgelegt, was ab sofort Sache ist. Er sagt, was Sache ist und die Partei zahlt, darf aber selber bei den angesagten Neuwahlen nimmer kandidieren, sondern Kurz kandidiert kurzerhand als "Liste Kurz", vollständig als "Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei", die alte ÖVP darf damit wohl vorsichtshalber nix mehr zu tun haben.

Kurz liegt ja in einer sehr guten Position, das zeigte sich auch sogleich in die ersten beiden Meinungsumfrage, die  seit dem Mitterlehner-Rücktritt veröffentlicht wurden: Vom 9. bis 12.5. wurde im Auftrag der Kronenzeitung von IFES eine am 14.5.2017 veröffentlichte Umfrage getätigt, die ÖVP lag bei den vorigen Umfragen zwischen 21 und 23 % und bei dieser lag sie bei 28%, die SPÖ blieb bei 28%, Verlierer war die FPÖ, die vor kurzem zwischen 29 und 32 % lag und für die nun nur noch 26 % ausgewiesen werden, also von Platz eins zurück auf Platz 3. Ebenfalls am 14.5. wurden allerdings auch die Ergebnisse einer von Research Affairs getätigte Umfrage im Auftrag des Boulevardblattes "Österreich" veröffentlicht, jedoch wurde dazu vom 10. bis zum 12. umgefragt. Da Mitterlehner erst am 10.5. mittags seinen Rücktritt bekanntgab, ist diese Umfrage wohl genauer, die Sonntagsfrage, "wenn würden Sie wählen, wenn heute Neuwahlen wären", wurde von sensationellen 35 % mit "ÖVP" beantwortet, die FPÖ würden 25 % wählen, die SPÖ nur noch 21 %.

Die FPÖ sammelte bisher Stimmen Unzufriedener auf, Sebastian Kurz versucht nun, das auch zu tun. Und er nimmt damit bei diesem Stimmungstest der FPÖ Stimmen weg und der SPÖ sogar noch mehr!

Die SPÖ war dereinsten einmal die Partei der arbeitenden Bevölkerung. In der Folge des Konkurses der Sowjetunion ist die Sozialdemokratie in den politischen Ausgleich gegangen, nunmehr ging es darum, sich an die neuen, modernen Zeiten anzugleichen! Die moderne Zeit ist die Zeit des neoliberalen kapitalistischen Endsieges, vermeintliche Sozialdemokraten wie Blair und Schröder überholten die christlich-kapitalistischen Parteien rechtsseitig, in Österreich waren das Vranitzky und Klima. In anderen Ländern war das ähnlich und heute können wir sagen, dass es seit Jahren keine realen Lohnerhöhungen mehr gibt, die arbeitende Klasse hat keine Interessensvertretung mehr. Wenn einmal ein kleines Lichtlein in diese Richtung aufleuchtet, wie der "Miesmacher Rap" der Linzer Arbeiterkammer, dann ruft die Kapitalistenklasse sofort nach strikter Zensur, darum hier dieses größte Kleinod des österreichischen Klassenkampfes von unten nach oben der letzten 20 Jahre:


Die Realität spiegelt sich hier wieder:

Es sind die Einkommen von 1997 bis 2015 gesunken, zum Teil natürlich auch durch die Vermehrung der Teilzeitbeschäftigten, das inflationsbereinigte Nettomedianeinkommen ist seit 1997 um 55 Euro, in richtigem Geld um 757 Schilling im Monat gesunken.

Bei der Bundespräsidentenwahl 2016 haben schon im Grunddurchgang 72 % der Arbeiter den FPÖ-Kandidaten Hofer gewählt und nur 10 % den SPÖ-Kandidaten Hundstorfer, die SPÖ verliert Wähler an die FPÖ, weil sie ihre einstige Stammwählerschaft nicht mehr wahrnehmbar vertritt. Nun verliert ihrerseits die FPÖ Wähler an die ÖVP, weil Sebastian Kurz populäre (politisch korrekt: rechtspopulistische) Positionen besetzt. Die SPÖ tritt weder für ihre Klientel in Erscheinung, noch kümmert sie sich um weit verbreitete Ängste und Befürchtungen der breiten Masse der Bevölkerung. 2015 hatten 85 % die damals herrschende Willkommenskultur abgelehnt, diese wurde auf politischen Druck der FPÖ und Initiative der ÖVP mit der Blockierung der Balkanroute anfangs 2016 deutlich eingeschränkt. Der ÖVP hilft das jetzt, der FPÖ schadet dieser Wandel bei der ÖVP und die SPÖ ist sowieso aus eigener Kraft zu nichts mehr fähig. Sie sollte sich auflösen! Weil dann könnte es passieren, dass eine neue Partei gegründet wird, die sich für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung engagiert und für sonst nichts, weil es gibt dafür ein Millionenheer von heimatlos gewordenen Wählern!

In diesem Zusammenhang ist auch die jüngste Landtagswahl vom 14.5.2017 in Deutschland bemerkenswert:

In Nordrhein-Westfalen fiel die SPD von 39.13 % auf 31,22 %, die Mandate sanken von 99 auf 69 und die neue SPD-Hoffnung namens Schulz ist zu einer Befürchtung für die heurigen Bundestagswahlen geworden. Schulz hatte bei seinem Start einige sozialdemokratische Sprüche losgelassen, jedoch seither nicht das Geringste in diese Richtung getan. Bei einer heute am 16.5.2017 veröffentlichten Wahlumfrage liegen CDU/CSU bei 36 % (bei der Bundestagswahl 2013 waren es 41,5% gewesen), die SPD liegt bei 27 % (25,7%), drittstärkste Partei ist die AfD mit 10 % (4,7%), Vierter ist die LINKE mit 9 % (8,6%), auf Platz 5 liegt die FDP mit 8 % (4,8%) und letzte Parlamenspartei sind die Grünen mit nur noch 6 % (8,4). Die österreichischen Grünen lagen bei der oben zitierten Umfrage von Research Affairs bei neun Prozent, sie haben durch die Auftritte von van der Bellen und Obfrau Glawischnig offenbar in der letzten Zeit rund ein Viertel der Wähler vertrieben...