Berliner Erzbischof Koch: "Ohne das lebendige, engagierte, hoffnungsvolle
Zeichen unseres Lebens drohen alle christliche Zeichen etwa auf unseren Gebäuden
zu leeren Symbolen zu werden."
kath.net dokumentierte die Predigtgedanken
des Erzbischofs:
Die Diskussion um das Kreuz auf der Kuppel des Stadtschlosses
in unserer direkten Nachbarschaft hier und die Entscheidung zu seinen Gunsten
ist vielen in Erinnerung. Manche machen sich große Sorgen, dass sich Angehörige
der verschiedenen Religionen durch Zeichen einer Religion, in diesem Fall der
christlichen, an nicht-religiösen Gebäuden in unserer Gesellschaft
benachteiligt fühlen. Obwohl ich dieses Anliegen in vielen Gesprächen
hier im interreligiösen Dialog Berlins thematisiert habe, wurde diese Sorge
von keinem Religionsvertreter mir gegenüber geteilt.
Atheistischer
Kommentar: Na, schau dir das an, die anderen Religionen verlangen nicht,
dass auch das Siegel Mohammeds oder eine Buddha-Statue auf die Kuppel des Stadtschlosses
zu setzen wäre! Aber gibt's da nicht auch säkulare Menschen, die kopftuch-
und kreuzlos durchs Leben laufen?
Erzbischof Koch: Eher schon
begegne ich Vertretern nicht-religiöser Weltanschauungen, die - über
die Diskussion um das Berliner Schloss hinausgehend - religiöse Zeichen
aus dem gesellschaftlichen, vor allem aber aus dem staatlichen Bereich, ausgeschlossen
wissen wollen. Doch mit solch einem Ausschluss wäre das Anliegen mancher
Atheisten erreicht: Statt der religiösen Zeichen bliebe nur die weltanschauliche
Leerstelle übrig. Gott keinen Raum geben, den Religionen Ausdruckszeichen
verweigern, nur das leere Nichts der Religionslosigkeit bliebe übrig: Kein
Zeichen mehr für Gott. Der Staat hätte sich dann mit der Zurückweisung
religiöser Zeichen die atheistische Weltanschauung zu eigen gemacht.
Atheistischer
Kommentar: Da sind wir ja, wir Nichtreligiösen! Die kein Recht haben
sollen, religiöse Zeichen aus dem staatlichen Bereich entfernen zu wollen!
Man darf religiöse Zeichen nicht durch Leerstellen ersetzen! Warum nicht?
Kein Atheist, Freidenker oder Säkularist hat verlangt, ein atheistisches
oder freidenkerisches Zeichen an staatlichen Einrichtungen anzubringen! Es gibt
zum Beispiel das Stiefmütterchen als Freidenkersymbol:
(französischer
Ursprung: Freidenker - libre penseur, Stiefmütterchen - pensée)
Bisher
hat noch nie jemand verlangt, dieses Stiefmütterchen in eine Schule zu
hängen oder in ein Krankenhaus oder in einen Gerichtssaal . Aber in Schulen,
Krankenhäusern und Gerichtssälen hängen immer noch Kreuze, obwohl
es sich um keine religiösen Einrichtungen handelt! Das Fehlen religiöser
Symbole führt nicht zum Atheismus! Es hängen ja auch keine Parteifahnen
in öffentlichen Gebäuden! Und trotzdem ist der Staat nicht unpolitisch!
Erzbischof
Koch: Der Staat in seiner positiven, den Frei- und Wirkungsraum der Weltanschauungen
fördernden Neutralität wird eine solche Bevorzugung nicht geben wollen.
Deshalb stellt sich die Frage, über die wir uns wohl in unserer Gesellschaft
intensiv austauschen müssen: Wie können wir die Präsenz religiöser
Zeichen für den Glauben an Gott und für den atheistischen Glauben
an die Nichtexistenz Gottes im gesellschaftlichen und staatlichen Bereich zum
Ausdruck bringen?
Atheistischer Kommentar: In den Kirchen hängen
genug Kreuze, sonntags geht ein kleiner Bruchteil der Kirchenmitglieder in die
Sonntagsmesse. Im täglichen Alltag braucht daher im öffentlichen Raum
niemand religiöse Symbole - außer einigen religiösen Fanatikern,
die können ihre Freizeit ja in der Kirche verbringen oder sich ihre Wohnung
religiös zupflastern. Religion ist längst zu einer Privatsache geworden
und darum als solche zu behandeln.
Als Illustration dazu wieder das Bild
vom heurigen Fronleichnamsumzug in Linz:
Nur
einige Dutzend machen mit, das zeigt die praktische Bedeutung der Religion im
heutigen Leben!
Erzbischof Koch: Heute feiert die katholische
Kirche das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel und zeigt damit ihre Glaubensbotschaft
in den angesprochenen Alternativen auf. Im Leben und Sterben Mariens wird deutlich:
Nicht der Tod ist das Ende des Lebens der Menschen. Wie Maria sind wir für
das erfüllte und alles erfüllende Leben mit Gott bestimmt, für
das Leben mit ihm im Himmel, wie wir im Bilde sagen. Diese Zukunft, dieser gute
Gott, der in der Zukunft auf uns zukommt, ist unsere Hoffnung und Lebensperspektive.
Diese Zukunft schenkt uns Trost und Zuversicht. Diese Zukunft, an die wir fest
glauben, reißt uns heraus aus aller Lethargie zu einem engagierten Leben
gerade für die Menschen, denen eine gute Zukunft schon für ihr Leben
auf Erden verwehrt oder erschwert wird: für die Behinderten und Kranken,
für die, die zerstritten sind und sich als ohnmächtig erleben, für
die, die auf der Flucht sind und für die, die seelisch keine Heimat finden.
Atheistischer
Kommentar: Jeder darf glauben, was er glauben will! Jeder gläubige
Katholik darf sich unreglementiert auf sein Leben nach dem Tode beim Jesus im
Paradies freuen! Aber alle die das nicht glauben oder denen Religion einfach
egal ist, haben dazu keinerlei Beteiligungspflicht!
Erzbischof Koch:
Sind wir Christen das gute Zeichen der Hoffnung für diese Menschen? Sind
wir wie Maria das Zeichen des offenen Himmels für diese Welt? Ohne das
lebendige, engagierte, hoffnungsvolle Zeichen unseres Lebens drohen alle christliche
Zeichen etwa auf unseren Gebäuden zu leeren Symbolen zu werden, deren Inhaltslosigkeit
für die Menschen keine Bedeutung mehr hat. Das Kreuz ist für mich
das Zeichen der frohen Botschaft des christlichen Glaubens für alle Menschen.
Das Kreuz zeigt an: Hier ist ein Ort, an dem diese Botschaft in besonderer Weise
erfahrbar wird, ein Ort, der der Lebensentfaltung aller Menschen dienen soll.
Lassen Sie es uns gemeinsam mit Leben füllen und in die Gesellschaft hinein
tragen!
Atheistischer Kommentar: Aha, der Herr Bischof hätte
gerne eine kostenfreie gesellschaftlich-staatliche Reklame für seinen Glauben.
Weil die Kirche selber gar nimmer in der Lage ist, aus eigener Kraft öffentlich
in Erscheinung zu treten, die paar Leute, die am Sonntag in der Kirche sitzen
oder bei einer Prozession mitstolpern zeigen ja das Gegenteil: das überwältigende
gesellschaftliche Desinteresse an praktizierter Religion! Ja, an Euren Tempeln
könnt Ihr beliebig viele Eurer Hoffnungszeichen annageln, wenn dann in
diese "Orte der Lebensentfaltung aller Menschen", immer weniger Menschen
hineingehen, dann ist das kein gesellschaftliches Problem, sondern ganz allein
ein kirchliches, darum braucht sich die Gesellschaft nicht kümmern, weil
wenn praktizierte Religion ein gesellschaftliches Anliegen wäre, dann säßen
die Leute ja in der Kirche und nicht daheim oder im Ausflugslokal! So ist das
und alles katholische Jammern ändert nichts mehr daran! Kreuze im öffentlichen
Bereich ändern an dieser Entwicklung gar nichts! Bzw. sind sie für
die Kirche sogar kontraproduktiv, weil sich säkular Lebende darüber
ärgern und ihrem Ärger vielleicht sogar Luft geben!