Als in den Neunzigerjahren die Sexualverbrechen von Kardinal und Erzbischof
Hans Hermann Groër aufflogen, war man zuerst einmal bemüht, alles
abzuleugnen, besonders die Kronenzeitung engagierte sich auf das Eifrigste,
alles nicht wahr, alles lauter Verleumdungen, man deklarierte die Vorwürfe
als Einbildungen pubertärer Schüler, der damalige ÖVP-Klubobmann
Andreas Khol versuchte 1995 sogar, die Auslieferung der PROFIL-Nummer mit den
Anschuldigungen verbieten zu lassen. Als 1986 erste Berichte über homosexuelle
Neigungen Groërs auftauchten, hatte die gesamte Medienwelt eine dichte
Schweigefront dazu aufgezogen.
Aber geholfen hatte das nicht, Groër
musste zurücktreten, Schönborn wurde sein Nachfolger und die Bischöfe
Schönborn, Weber, Eder und Kapellari erklärten 1998 schließlich
öffentlich, sie seien zur "moralischen Gewissheit" gelangt, dass
die Vorwürfe gegen Groër "im Wesentlichen zutreffen".
Groër
wurde der Aufenthalt in einem knabenfreien Nonnenkloster zugewiesen, er starb
dort 2003 im 84. Lebensjahr. Man hört seither nur noch selten was über
diese Geschehnisse.
Aber der Umgang mit Groër hat trotzdem seine
Spezifikationen! Am 31.8.2017 versandte Sepp Rothwangl von der Plattform
Betroffener eine Mail, die uns wissen ließ: Gestern lief in 3Sat zu Mittag
eine ORF-Geschichts-Doku aus dem Jahr 2015 über den Stephansdom. Zahlreiche
Kardinäle kamen darin vor, bis Innitzer und König. Nach König
kam aber direkt Schönborn. Groër wurde vollkommen ausgeblendet, als
ob er nie Kardinal von Wien gewesen ist.
Das ist wohl eine bewusste "selektive
Wahrnehmung" und Geschichtsverfälschung, die bei Groër massiv
ist, denn auch im Internet findet man kaum noch Bilder von ihm. Alles wurde
gelöscht, wo die Kirche Einfluss hat. Sogar eine Inschrift an der Kirche
von Hohenzell wurde abgedeckt, auf der stand, dass hier Groër gebetet hat.
Rothwangl
hatte 2014 gegen diese Gedenktafel protestiert und dazu den berühmten biblischen
Mühlstein, der Kinderschändern um den Hals gehängt werden soll,
angebracht (Mt. 18:6 "Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben,
zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit
einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde").
Der
Mühlstein war schnell verschwunden. Die Gedenktafel an den dort betenden
Groër ist es inzwischen auch. Den Groër aus der Kirchengeschichte
zu entfernen, wird nicht ganz so einfach sein, auch wenn man sich - wie der
ORF - darum
bemüht, aus dem unbestraft gebliebenen Kinderschänder eine Persona non
exstitima, eine nie vorhandene Person zu machen, die weggeschwiegen
werden muss…