Die Amsterdamer Zeitung "De Telegraaf" beschäftigt sich am
Donnerstag mit den Reformbemühungen des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed
bin Salman al-Saud .
"Steht Saudi-Arabien am Vorabend einer Kulturrevolution?
Darauf deutet einiges hin, wenn man sieht, wie der ehrgeizige und mächtige
Kronprinz ans Werk geht.
Frauen dürfen plötzlich Auto fahren und
bald soll ein erstes Kino in dem Land eröffnet werden, das laut Mohammed
bin Salman "zum gemäßigten Islam zurückkehren" muss.
(...) Doch er geht ein hohes Risiko ein, indem er an den Fundamenten des Staates
sägt.
Bruch zwischen Königshaus und Geistlichkeit
Er will
die traditionellen Bande zwischen dem Königshaus und den erzkonservativen
Geistlichen zerbrechen. Radikale Imame werden festgenommen, die Religionspolizei
hat Macht eingebüßt und ein neues religiöses Zentrum soll darauf
achten, dass Lehren des Propheten Mohammed nicht für die Rechtfertigung
von Terroranschlägen missbraucht werden.
Auf diese Kriegserklärung
an die konservative Geistlichkeit wird es eine Reaktion jener Macht geben, die
jahrzehntelang das Herrscherhaus legitimierte. Um weiter Unterstützung
zu erhalten, muss der Kronprinz seine ambitiösen wirtschaftlichen Pläne
verwirklichen. Ob ihm das gelingt, ist jedoch fraglich."
In Österreich hatten wir einen ähnlichen Vorgang vor knapp 240 Jahren. Hier war es kein Kronprinz, sondern ein schon amtierender Herrscher, Kaiser Joseph II., der Aufklärung zugetan begann er mit dem Toleranzpatent 1781 die katholische Allmacht zu brechen, er enteignete über 800 kontemplative Klöster, die für die Allgemeinheit nichts leisteten, weil die Mönchen und Nonnen dort nur beteten und meditierten. Der Erlös kam in den Religionsfonds, aus diesem Fond, der 35.000.000 Gulden erhielt, nach heutigem Geld wären das etwa 2,2 Milliarden Euro, wurden neue Pfarren und Priestergehälter finanziert. (links eine Wikipedia-Abbildung einer Medaille mit Verweis auf das Toleranzpatent und dem Bild Josephs II.)
Hier ein Foto des Villacher Denkmals von Kaiser Joseph II.:
Foto
von Johann Jaritz Wikimedia CC BY-SA 3.0 at
Bis die Macht der katholischen Kirche endgültig gebrochen war, dauerte
es bis ins 20. Jahrhundert, wo in den 1930er-Jahren nochmals eine katholische
Diktatur errichtet wurde, deren Vertreter allerdings völlig unfähig,
aber sehr katholisch und darum menschenfeindlich waren. Millionen Österreicher
hielten deshalb 1938 nicht den Jesus, sondern Hitler für den Erlöser.
Was sich auch nicht bewahrheitete, zwar wurde die Kirche entmachtet und Menschen
aus dem klerikalen Elend befreit, wie es dann weiterging, ist ja bekannt, nach ungeheuern
Opfern musste und konnte erst 1945 neu begonnen werden...
Bis die
bereits 1867 mit dem Staatsgrundgesetz rechtlich eingeführte Religionsfreiheit
erlebte und gelebte Lebenswirklichkeit wurde, dauerte es allerdings bis 21.
Jahrhundert hinein.
In Saudi Arabien einen Sprung aus dem Mittelalter in die Gegenwart zu versuchen,
kann sicherlich lebensgefährlich sein, Mohammed bin Salman al-Saud wird
daher Glück zu wünschen sein, dass er dabei nicht untergeht und dass
die saudische Bevölkerung, speziell die Frauen ohne endlose Übergangszeiten
in die Gegenwart eintreten können. Für den Islam im Allgemeinen wäre
das sicherlich auch eine Hilfe, weil damit die in den letzten Jahrzehnten inszenierten
Rückwärtswendungen gestoppt und revidiert werden könnten. Wenn
in Saudi Arabien solche Reformen gelingen, könnte der Islam zu einer normalen
Religion werden, sogar eine ohne europäische Kopftuchpflichten...
Mohammed
bin Salman al-Saud - DOD photo by Sgt. Amber I. Smith - Wikipedia PD
Zum Abschluss darum ein kleiner Scherz, hier ein TV-Screenshot vom 26.10.,
der Bundespräsident bei der Soldatenangelobung am Nationalfeiertag:
Warum
schaut er so trübsinnig? Hat er Soldatinnen entdeckt, die Helm statt Kopftuch
tragen? Wenn Mohammed bin Salman erfolgreich ist, dann braucht nicht einmal
mehr van der Bellen Kopftuch-Solidaritätsaufrufe
wider die Islamophobie zu starten...