Im Too-big-to-fail-Club steht ganz vorn JPMorgan Chase. Dieselbe Großbank steht an erster Stelle der Liste, wenn es um die Herren der Weltwirtschaft geht. An zweiter Stelle steht dort die weltweit größte Schattenbank BlackRock. Und hintenrum murkelt ein Computer namens Aladdin an den strategischen Entscheidungen. So das Bild in a nutshell (Bild: geralt, pixabay).
Das riesige Computersystem Aladdin managed etwa 30.000 Investmentportfolios im Wert von etwa 18 Billionen Dollars, entsprechend 7%-10% aller Vermögenswerte weltweit. Die "heimliche Weltmacht" BlackRock allein verwaltet bloß schäbige 6 Billionen Dollars (die Zahlen stammen aus den verlinkten wiki-Seiten).
Hier also die Liste der systemrelevanten Banken mit dem empfohlenen Eigenkapitalpuffer (Too-big-to-fail-Club, je höher der Puffer, desto systemrelevanter und gefährlicher, 1. Link unten):
JP Morgan Chase
2,5 %
Bank of America, Citigroup, Deutsche Bank, HSBC
2,0 %
Bank of China, Barclays, BNP
Paribas, China Construction Bank, Goldman Sachs, Industrial and Commercial Bank of China Limited,
Mitsubishi UFJ FG, Wells Fargo
1,5 %
Hier fällt auf, dass die Schattenbanken fehlen, deshalb nochmal eine
Liste der größten Investoren aus beiden Bereichen. In der 2. Abteilung
sind diejenigen herausgezogen, die besonders viel CDS verkaufen. Siehe
da, auch hier ist JP Morgan Chase dabei (2. und 3.):
BlackRock, UBS, State Street, Vanguard, Capital Group, Harris
Associates, Natixis, Wellington, Fidelity, Dodge&Cox, Amundi,
Société Générale, Morgan Stanley, PNC, Barclays
CDS +/-
JP Morgan Chase, Deutsche Bank, Crédit Suisse, Goldman Sachs
CDS ++
Die CDS sind wichtig (3.):
Es gibt heute kaum noch einen Kredit ohne Kreditausfallversicherung
(CDS), mit dem sich der Kreditgeber gegen Zahlungsausfall des Schuldners
absichert. Seit der Deregulierung der Finanzmärkte ist das gefährlich
geworden, denn die Spekulanten können CDS auch kaufen, wenn sie gar
keine Kredite vergeben. Viele Spekulanten, speziell Hedgefonds, sehen
sich gezielt nach unsicheren Krediten um und schließen darauf
Ausfallversicherungen ab, d.h. sie wetten auf deren Ausfall. Je mehr das
tun, desto größer wird die Summe beim Ausfall des Schuldners – das
können Billionen sein. Insbesondere Hedgefonds
(Vermögensverwaltungen für Milliardäre) lauern im Hintergrund und warten
nur darauf, dass es zu Zahlungsausfällen kommt.
So also kassieren JP Morgan Chase, die Deutsche Bank, die Crédit
Suisse, die einschlägig bekannte Großbank Goldman Sachs usw. ab. Das
Umfeld wäre dammit abgesteckt, und die neuen Herren der Weltwirtschaft treten auf (4.).
Der Artikel der NachDenkSeiten stammt von Jens Berger und gibt wirklich
zu denken. Die neuen Herren der Weltwirtschaft sind
Vermögensverwaltungen und institutionelle Investoren, Firmen, die sich
gern Investment Management oder Asset Management nennen.
Laut NDS haben bei den meisten großen Aktiengesellschaften solche
Investoren das Sagen. In fast allen Fällen sind das große
Finanzunternehmen, das Vermögen von Kunden verwalten und selbst kein
nennenswertes Vermögen haben.
Hier geht es nicht mehr um Shareholder Value oder Stakeholder Value,
sondern um eine "noch schlimmere Macht". Bei 25 der 30 Dax-Unternehmen
halten diese Investoren laut NDS mehr als 50% der Anteile, so dass sie
direkt die Unternehmenspolitik bestimmen können. Dasselbe gilt für
amerikanische, britische, französische und sonstige Aktiengesellschaften
der westlichen Welt (nicht für China und Russland). Die Investoren
können zwar nicht direkt die Entscheidungen fällen, denn das machen die
Vorstandsvorsitzenden. Aber die Investoren setzen die
Vorstandsvorsitzenden ein.
Sie tun das nach unbekannten Kriterien, und hinter allem steckt ein
Computer – Aladdin tritt nun richtig auf. Es geht um ein Monstrum, einen
Cluster aus 6.000 Hochleistungsrechnern, um die größte
Risikobewertungsmaschine der Welt. Nach den Worten der NDS ist Aladdin
der Superlativ im Finanzwesen schlechthin. Und wer programmiert die
Algorithmen, die die Welt beherrschen?
Das sind keine Betriebswirtschaftler oder Juristen, sondern
Informatiker, Mathematiker, Ingenieure, Biologen, Chemiker und
Mediziner, die mit Spitzenbewertungen die Spitzen-US-Unis absolviert
haben. Bei BlackRock & Co. laufen keine Cowboys herum, sondern
Eierköpfe in Flip-Flops und Shorts. Und sie stricken Algorithmen, die
komplett intransparent sind. Selbst die Politik ahnt laut NDS nicht
einmal, wie die Herren der Weltwirtschaft auf Regulierungen oder Gesetze
reagieren werden. Klar sei bloß, dass mittel- bis langfristig die
Rendite das oberste Ziel der Algorithmen ist (warum es nicht kurzfristig
auch so sein sollte, wird nicht begründet).
Die NDS trauern den Familienunternehmen mit ihren langfristigen sozialverträglichen Strategien nach. Sie meinen: Dass
Aladdin weiß, was gut für die Gesellschaft ist und ob sein Algorithmus
mit Parametern wie Glück, Umwelt, Freiheit, Gleichheit, Angst und
Zukunft überhaupt etwas anfangen kann, darf getrost bezweifelt werden.
Zweierlei Bedenken werden geäußert: Dass die Macht über die großen
Konzerne der Welt heute von intransparenten Vermögensverwaltungen
ausgeübt wird, sei zutiefst verunsichernd. Und dass deren Schnittstelle
zum Menschen aus noch intransparenteren Algorithmen besteht, erst recht.
1.
Intransparente Vermögensverwaltungen
Für diese erste Verunsicherung werden Gründe geliefert, die auf dem
System von Überkreuzbeteiligungen und Querverbindungen beruhen, die am
Beispiel von BlackRock aufgezeigt werden. BlackRock gehört fast
komplett institutionellen Investoren (PNC,
Barclays, Wellington, Vanguard, State Street usw. usf.). Und diese
institutionellen Investoren gehören allesamt … institutionellen
Investoren. NDS dazu: Wir haben es mit einem selbsttragenden und
selbsterhaltenden System zu tun, in dem die Verwalter des Vermögens dem
Vermögen selbst gehören.
Wer alles dabei ist, zeigt nicht nur die Liste der Banken und
Schattenbanken oben. Die Kundenliste von BlackRock wird von Öl- und
Devisenfonds der erdölproduzierenden Staaten und von Staaten mit
chronischen Devisenüberschüssen wie China angeführt. Darauf folgen die
großen Pensionsfonds und Versicherer. Durch die Privatisierung der
Daseinsvorsorge landen die Gelder aus Lebensversicherungen, privaten
Krankenversicherungen und Altersvorsorgeprodukten in den Kapitalmärkten
und damit bei BlackRock & Co. Privatkunden sind laut NDS erst ab 50
Millionen Euros Mindestanlagesumme gefragt, die Selbstauskunft von Blackrock sagt aber 5.000 Dollar.
2.
Intransparente Algorithmen
Wie auch immer, die Macht, die mit dem ganzen Vermögen verbunden ist,
wird praktisch an die Vermögensverwalter übertragen. Die Macht geht nun
über von Tycoons, Oligarchen und Magnaten auf noch intransparentere
Algorithmen – es gibt laut NDS bald keinen Ansprechpartner mehr, an den
man sich in Sachen Mitarbeiterinteressen, Umweltschutz oder
gesellschaftlicher Verantwortung wenden könne.
Computer-Cluster wie Aladdin sprechen nicht mit Hans Mustermann und noch nicht mal mit Angela Merkel. NDS sorgt sich, dieser Dystopie
kämen wir immer näher und merkten es noch nicht einmal. Im
gesellschaftlichen Diskurs spiele dies Thema keine Rolle. Es gäbe aber
politische Maßnahmen, um die Entwicklung in den Griff zu bekommen –
soweit die NDS.
Allerdings ist man vielerorts darauf aufmerksam geworden, dass die
Reichen immer reicher werden, dass etwa dem oberen 1% der USA 35-37% des
gesamten US-Vermögens gehört. Dass das mit der Privatisierung der
Daseinsvorsorge zu tun hat, speziell mit der Machtübertragung durch den
Fluss von allgemeinen Geldern an den Klassenfeind, dieser Hinweis ist
das Verdienst der NDS.
Man unterstützt mit seiner Renten- und Lebensversicherung die
Too-big-to-fail-Industrie. Ohne es zu wollen, hilft man dem Ausbeuter,
dem Abzocker, dem Klassenfeind.
Was die Machtübernahme der intransparenten Algorithmen angeht, ist der
Kenntnisstand aber eher mau. Gewiss können die Aladdins nicht mit
Begriffen wie Glück, Umwelt, Freiheit, Gleichheit, Angst und Zukunft
umgehen, und sie wissen nicht, was gut für die Gesellschaft ist. Bloß
die Entscheider, die dahinterstehen und die generellen Strategien
bestimmen, die wissen das.
Und sie tun natürlich das Gegenteil, nämlich das, was für die
Besitzenden gut ist. Das sieht man an der erfolgreichen Bereicherung der
Reichen.
Man weiß nicht, bis zu welchem Level die Aladdins schon die
Entscheidungen treffen. Man darf jedoch annehmen, dass keine Skrupel im
Weg sind, mit CDS und sonstigen Derivaten gegen die Allgemeinheit zu
wetten und dabei beliebig viel Schaden anzurichten. Das tun die Zocker
aber auch ohne Computerhilfe schon lange, da helfen die Maschinen quasi
nur bei der Marmeladisierung der Verantwortung.
Die Klage, dass die Aladdins nicht mit Hans Mustermann sprechen, dürfte
sich im Übrigen bald erledigen. Das werden die Maschinen bald sehr gut
können. Wenn die Hans Mustermanns ihre Kündigungen computermäßig
ausgesprochen kriegen, werden sie sehr nett ausfallen.
Medien-Links:
1. FSB publishes 2017 G-SIB list
(Financial Stability Board 21.11.). Das FSB listet die 30 wichtigsten
Banken mit dem jeweiligen Prozentsatz des Eigenkapitalpuffers, den sie
bei ihren Investitionen halten sollen. 2017 list of global systemically important banks (G-SIBs) (Financial Stability Board 21.11.)
2.
IWF an EU: Enteignet eure Bürger! (scharf links 15.7.16): Insbesondere
Hedgefonds (Vermögensverwaltungen für Milliardäre) lauern im
Hintergrund und warten nur darauf, dass es zu Zahlungsausfällen kommt.
3.
Finanzlobby verhindert Regulierung von CDS (Lobbypedia): Die
von McCreevy ins Leben gerufene "Working Party on Derivatives" setzte
sich neben den betreffenden Behörden der EU ausnahmslos aus Vertretern
der Finanzindustrie zusammen. … Neben 10 Vertretern der EU und ihrer
Mitgliedstaaten fanden sich dort 34 Vertreter der Finanzindustrie, davon
ganze 25, die selber enge Verbindungen zum Swap- und Derivathandel
haben. Folgerichtig verschwand das Verbot von bestimmten
Finanzinstrumenten wie naked Credit Default Swaps völlig von der Agenda.
4.
Die neuen Herren der Weltwirtschaft (NachDenkSeiten 29.11.): Wir
haben es mit einem selbsttragenden und selbsterhaltenden System zu tun,
in dem die Verwalter des Vermögens dem Vermögen selbst gehören.
Weitere Links von wb:
Goldman Sachs: Spiel mit dem Untergang
Roboter ohne Grenzen – Report 2017 I
Roboter ohne Grenzen – Report 2017 II
Roboter und Automaten verdrängen Menschen I
Roboter und Automaten verdrängen Menschen II
Roboter und Automaten verdrängen Menschen III
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