50% des Öls wird weltweit illegal abgepumpt, behauptet Professor Leif Wenar, Autor von Blood Oil
und Philosophieprofessor am King’s College in London. Das sei eins der
größten internationalen Verbrechen, mit Deals zwischen dem Westen und
den schlimmsten Regime & Terrorgruppen, von Saudi-Arabien bis zum
ISIS.
Am 31.1. wird Wenar in London seinen Standpunkt diskutieren, um
aufzuzeigen, wie das Öl seinen Weg in alles und jedes findet, in die
Zahnpaste, ins Smartphone, und wie allmählich gegen den Missbrauch der
billionenschweren Industrie angegangen wird (Blood Oil – How Consumerism Fuels Terror, Second Home 1/18, Bild: geralt, pixabay).
Ein Artikel dazu heißt Blood oil: more than half of the oil traded across the world has been stolen
(The Conversation 26.1.). Der US-Vizepräsi Mike Pence behauptet demnach
von Irans "ungewählten Diktatoren", sie würden das Öl vom iranischen
Volk stehlen und das Geld dann für ihre eigenen Interessen ausgeben,
z.B. um ausländischen Terrorismus zu finanzieren. Auch der US-Präsi
Trump könnte mal recht haben, wenn er entsprechendes verbreitet.
Aber es geht nicht nur um den Iran. Beim US-Alliierten Saudi-Arabien
gibt die Elite das öffentliche Öl-Geld aus. Auch dort wird wie im Iran
das Volksvermögen gestohlen und verschleudert, von einer privilegierten
Kaste, die sich daran bereichert.
Darüber schreibt aber fast niemand, schreibt Leif Wenar in The Conversation.
Dabei ist es in Dutzenden von Ländern weltweit so. Autokraten und
Milizionäre verkaufen das Öl, das dem Volk gehört, und sie nutzen das
Geld, um Repression, Korruption, Krisen und Terror zu finanzieren. Dabei
geht es um hohe Beträge, um hunderte von Milliarden Dollars pro Jahr.
Was immer für Krisen die Schlagzeilen der letzten Jahre ausmachten,
viele davon wurden durch solche Gelder motorisiert, in Syrien, im Irak,
in Jemen, Libyen und Russland.
Dabei sind sich eigentlich alle einig, dass das Öl dem Volk gehört (ein schönes Beispiel ist Norwegen, das mit seinem Öl-Fonds
gut lebt). In den USA haben die Präsidenten George W. Bush und Bill
Clinton entsprechende Erklärungen abgegeben, in Großbritannien,
Australien, Mexico, Ghana und sogar im Iran wurde ähnliches deklariert.
Entsprechendes ist in Dutzenden von staatlichen Gesetzen und
Verfassungen festgelegt. Auch die Menschenrechte
postulieren das Recht des Volks, die natürlichen Ressourcen seines
Landes zu nutzen – und immerhin leben 98% der Menschen in Ländern, wo
zumindest eine der Menschenrechtskonventionen unterzeichnet wurde.
Aber wenn das Öl allen gehört, dann dürfte es niemand allgemeine
Zustimmung verkaufen. Doch genau das ist es, was die Autokraten und
Milizionäre tun. Wenar hat diesen Zustand für sein Buch Blood Oil
untersucht. Dabei kam heraus, dass mehr als 50% des Öls weltweit an der
Zustimmung des Volks vorbei verkauft wird. Mehr als die Hälfte des Öls
ist gestohlen. Und das passiert nicht bloß in den erwähnten Ländern,
sondern auch in Ländern wie Äquatorialguinea, wo der Präsi seine Opponenten foltern ließ, und in Angola, wo die Elite prasst, während Kinder vor Armut sterben
Wie das möglich ist? Da gibt es ein Gesetz aus der Zeit des
Sklavenhandels, das in verschiedenen Versionen in jedem Land überlebt
hat, so der Autor. Es ist demnach legal, die Ressourcen anderer Länder
zu kaufen, wenn man sie von demjenigen kauft, der dort die Macht
hat. So konnten die USA das irakische Öl kaufen, nachdem der damalige
Präsi Hussein sich an die Macht geputscht hatte. Ebenso konnten alle vom
ISIS kaufen, nachdem der dieselben Ölquellen erobert hatte.
Eine andere Quelle dazu heißt Terrorgruppe Islamischer Staat – Syrische Ölquellen in der Hand der Dschihadisten (Frankfurter Allgemeine Zeitung 4.7.14): Die
Ölquellen Syriens sind fast komplett in die Hand der Islamisten
gefallen. Die Einnahmen aus den Ölverkäufen dürften die Stellung des
„Islamischen Staats“ als stärkster sunnitischer Kampfeinheit weiter
stärken.
Weiter mit Wener: Das Recht zu solchen Verkäufen ist so alt, dass es
quasi als naturgegeben angesehen wird. Dabei macht es gar keinen Sinn.
Wenn eine Räubertruppe eine Tankstelle erobert, würde man doch nicht
sein Benzin dort kaufen. Trotzdem erlauben die Gesetze entsprechendes
auf größerer Skala. Zusammengerechnet hat jede US-Familie für 250 $ pro
Jahr bei Autokraten und Milizionären getankt.
Naheliegend wäre es, solche Geschäfte zu verbieten. Kein Öl kaufen bei
jemand, der nicht einigermaßen vom ölbesitzenden Volk legitimiert ist.
Das hört sich vielleicht schwierig an, sagt Wenar, aber tatsächlich ist
eine entsprechende Bewegung bereits in Gang. In Brasilien gibt es
entsprechende Gesetzesvorschläge zum Verbieten von illegalen Ölkäufen und zum Unterbinden von Verträgen mit autokratischen Regime.