Muslimische Konflikte wegen Moschee-Schließungen

Solche werden von den Medien gemeldet, religion.ORF berichtete dazu am 11.6.2018 unter dem Titel "IGGÖ-Präsident Olgun zu Rücktritt aufgefordert" u.a. das Folgende:
"IGGÖ-Vizepräsident Abdi Tasdögen warf Präsident Ibrahim Olgun in einer Stellungnahme vor, die Schließungen von Moscheen initiiert zu haben, und forderte Olguns Rücktritt. Tasdögen und Olgun gehören jeweils einer anderen türkischen Fraktion innerhalb der IGGÖ an. Olgun gehört zur ATIB-Fraktion. Dieser türkische Moscheenverband genießt derzeit die Vormachtstellung in der Islamischen Glaubensgemeinschaft und gilt als verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet sowie der AKP-Partei des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. (..)"      

In einer Presseaussendung schrieb Abdi Taşdöğen am 11.6.:

Sehr geehrte Damen und Herren, die Erklärung des Präsidenten wirft einige Fragen auf, die ich im Folgenden skizzieren möchte:
Aus einem Schreiben des Kultusamts vom 11. Mai 2018, das dem Obersten Rat und dem Vorsitzenden des Schurarates der IGGÖ nunmehr vorliegt, geht hervor, dass die IGGÖ am 10. August 2017 den Verdacht an das Kultusamt herantrug, dass "mehrere Kultusgemeinden" die rechtlichen Anforderungen an eine Kultusgemeinde nicht erfüllen würden und wahrscheinlich auch nie erfüllt haben sollen. Die IGGÖ sei daraufhin am 16. August 2017 vom Kultusamt aufgefordert worden, diese Behauptungen zu belegen. Am 30. August 2017 habe die IGGÖ dem Kultusamt schließlich einen Erhebungsbericht übermittelt. Darin sei unter anderem vorgetragen worden, dass manche Einrichtungen nicht als Moscheen im Sinne der Verfassung bezeichnet werden können.
Insofern scheinen die oben genannten Anträge des Präsidenten sowie die Informationen, die vom Präsidialbüro dem Kultusamt überliefert wurden, letztlich zur Auflösung der Moscheen und der arabischen Kultusgemeinde geführt zu haben. Die Regierungsmitglieder haben diese Vorgangsweise am Freitag gelobt und auf die enge Zusammenarbeit mit der IGGÖ verwiesen.
In der Presseerklärung des Präsidenten sowie im Interview mit den türkischen Medien wird der Anschein erweckt, dass keine Korrespondenz mit der IGGÖ erfolgt sei. Dies mag in Bezug auf den finalen Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zutreffen. Der Weg dorthin scheint allerdings mit Präsident Olgun abgesprochen zu sein; die Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde sogar bezweckt. Insbesondere ist davon auszugehen, dass erst die Anträge des Präsidenten den Stein zum Rollen gebracht haben.
Jedenfalls ist festzuhalten, dass der Oberste Rat der IGGÖ in dieser Angelegenheit vom Präsidenten Ibrahim Olgun über Monate hin nicht informiert wurde. In der Sitzung des Obersten Rates vom 9.6.2018 wurde der Präsident von mehreren OR-Mitgliedern sowohl schriftlich als auch mündlich aufgefordert, den vom Kultusamt erwähnten Schriftverkehr offenzulegen. Präsident Olgun verweigerte jegliche Akteneinsicht. Diese Vorgehensweise trifft auch auf andere Entscheidungen des Präsidenten zu. Die Anträge des Präsidenten betreffen gemäß Schreiben vom 10. August 2017 offensichtlich weitere Kultusgemeinden. Das würde auch der Ankündigung der Bundesregierung entsprechen, dass es weitere Moscheeschließungen geben wird. Der Präsident blieb hierzu eine Antwort schuldig. Auch ist bekanntgeworden, dass im Sommer 2017 auf Anordnung des Präsidenten eine weitere Kultusgemeinde gegründet worden ist. Der Frage, was mit der Schließung der Arabischen Kultusgemeinde, die dem Präsidenten kritisch gegenüberstand, und gegebenenfalls weiteren Kultusgemeinden, sowie der Gründung einer Kultusgemeinde, die ihm nahesteht, bezweckt wurde, ist er ausgewichen. Der Präsident unterbrach die Sitzung im Anschluss, so dass weder die Presseaussendung vom 10.6.2018 noch der nun bekanntgegebene Drei-Punkte-Plan im Obersten Rat beschlossen werden konnte. Der Drei-Punkte-Plan geht aus unserer Sicht nicht weit genug. Im Bezug auf die Moscheeschließungen ist es notwendig den Verfassungsgerichtshof anzurufen und das Islamgesetz auf seine Verfassungskonformität hin überprüfen zu lassen.
Aufgrund der oben genannten satzungswidrigen Handlungen des Präsidenten, haben Mitglieder des Obersten Rates ihn aufgefordert, vom Amt zurückzutreten und mitgeteilt, den Fall dem Schurarat der IGGÖ zu übertragen.
Abdi TAŞDÖĞEN - Vizepräsident der IGGÖ

Am 12.6. meldete dann unter dem Titel "Olgun weist Vorwürfe aus eigenen Reihen zurück" religion.ORF u.a.:
"Olgun übte in einer Stellungnahme gegenüber der APA gleichzeitig Kritik an seinem Vorgänger Fuat Sanac, aus dessen Umfeld er attackiert wurde. Sanac hätte bei der Entstehung des Islamgesetzes negative Folgen, die heute sichtbar werden, verhindern müssen, so Olgun. (..) Durch die Einführung des Islamgesetzes im Jahr 2015 sei die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich mit neuen Herausforderungen und Aufgaben konfrontiert, die nicht in Relation zu den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen stehen. (..)  Olgun spricht von ungerechtfertigten Vorwürfen. Die IGGÖ gehe unter seiner Leitung 'ihren gesetzlichen Verpflichtungen nach bestem Wissen und Gewissen' nach und stehe in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch im Austausch mit dem Kultusamt. 'Pflichtgemäß' seien dem Kultusamt formelle Mängel betreffend die 'Arabische Kultusgemeinde' mitgeteilt worden. Die IGGÖ habe aber in keiner Form die Schließung von einzelnen Gebetsstätten beantragt und im Vorfeld keinerlei Kenntnisse über die Schließungen der Moscheen und die Imam-Ausweisungen gehabt."

Man kann also gespannt sein, wie weit der Versuch des Kultusamtes gehen kann, im Islambereich staatliche Regelungen durchzusetzen, wie weit das dann im Islambereich zu Konflikten zwischen den diversen Islamvarianten führt. Es war ja wohl ein großer Unsinn, aus der seit der Annexion von 1912 von islamisch ausgerichteten Gebieten am Balkan in der Monarchie entstandenen Islamglaubensgemeinschaft eine alle Varianten und Fraktionen des Islam umfassende gemeinsame Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich zu bilden.

Das ursprüngliche Islamgesetz in Österreich von 1912 bezog sich auf die damals dem Kaiserreich einverleibten bosnisch-islamischen Gebiete und galt für den "hanafitischen Ritus", nach dem Zerfall der Monarchie hatte dieses Gesetz kaum noch praktische Bedeutung, weil die Betroffenen nun zu Jugoslawien gehörten. Erst ab 1971 gab es Bemühungen, das Islamgesetz von 1912 wieder zu beleben. Aber man machte sozusagen aus den balkanesischen Hanafiten eine Art islamische Großkirche, statt dass die einzelnen Moscheevereinen je nach der jeweiligen Grundrichtung in kleinere Verbände zusammengefasst würden, also in Sunniten, Schiiten, Wahabiten und was es sonst noch gibt und was sich aus den nationalen Herkünften ergibt. Da wäre dann wohl die von der Türkei aus gesteuerte Gruppe die größte eigenständige Islamgemeinschaft und das Kultusamt könnte dann viel genauer dafür Sorge tragen, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, also z.B. die türkische Gruppe nicht vom türkischen Islamamt Diyanet geleitet werden darf.

Diyanet leitet aber die IGGÖ. Und die sich deswegen bildenden Konflikte blicken jetzt ins Licht der Öffentlichkeit.