Über die Irrtumslosigkeit der Bibel...

...gab es ein am 18. Juli 2018 online gestelltes idea-Streitgespräch, das laut nach atheistischen Anmerkungen gerufen hat:

Titel:
Dietz: Die Bibel ist nicht in allen historischen Fragen irrtumslos

Untertitel:
Der Marburger Theologe Thorsten Dietz und der Internetblogger Markus Till im Streitgespräch

Idea:
Die Bibel sollte nicht in allen historischen, geologischen und biologischen Fragen als irrtumslos angesehen werden. Diese Ansicht vertritt der Professor an der Evangelischen Hochschule Tabor, Thorsten Dietz (Marburg), in einem Streitgespräch auf Einladung der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). Er diskutierte mit dem promovierten Biologen und Internetblogger Markus Till (Weil im Schönbuch) über das richtige Verständnis der Heiligen Schrift. Dietz zufolge kann man den biblischen Autoren kein modernes Geschichtsverständnis unterstellen. Althistoriker zeigten, dass es in der Antike erst allmählich zu einer klaren Unterscheidung von geschichtlich, vorgeschichtlich und legendarisch gekommen sei.
Atheistische Anmerkung: Über die Evangelische Nachrichtenagentur idea heißt es auf Wikipedia: "Sie informiert die Medien vorwiegend über die Evangelikale Bewegung und die evangelikale Einschätzung kirchlicher und säkularer Vorgänge und dient ebenso der Kommunikation innerhalb des evangelikalen Bereichs." Es gibt also sogar unter Evangelikalen schon Leute, die Irrtümer in der Bibel vermuten dürfen! Es ist ja klar, dass die Bibel keine wissenschaftliche Menschheitsgeschichte darstellt, denn Götterbeschreiber sind immer Produkte ihrer Epoche, darum waren die Bibelverfasser z.B. eben der Meinung, die Erde sei eine Scheibe und werde von der Sonne umkreist.

Dietz: "Wir sollten die Autoren der Bibel nicht auf Fragen festnageln, die sich ihnen nie gestellt haben. Damit verfehlen wir den Sinn der Texte." So sei die Sintfluterzählung "theologisch großartig" und enthalte "tiefe Wahrheit". Die Vorstellung, dass vor etwa 5.000 Jahren die ganze Menschheit auf acht Personen reduziert wurde, lehne er jedoch ab. Dies schiebe dem Bibeltext eine Bedeutungsabsicht zu, die er nicht gehabt habe.
Atheistische Anmerkung: In Wikipedia werden als Hintergrund der Sage von der Sintflut u.a. mögliche Wasserkatastrophen angeführt, z.B. diese: "Nach langjährigen Forschungen entwickelten 1997 die US-amerikanischen Marinegeologen Walter Pitman und William Ryan die Theorie, die Sintflut gehe auf einen Wassereinbruch in das Schwarze Meer zurück. Nach ihrer Ansicht hat dieser stattgefunden, als nach dem Ende der letzten Eiszeit durch das Abschmelzen der Gletscher alle Meeresspiegel weltweit anstiegen und damit sich auch der des Mittelmeers hob und etwa im 7. Jahrtausend v.u.Z. das Niveau des Bosporus erreichte. Innerhalb kurzer Zeit hat sich so der Wasserspiegel in der Senke um mehr als 100 Meter erhöht."
Dass daraus die Sage von der Vernichtung der gesamten Menschheit entstanden sein kann, hängt natürlich mit der Kleinheit der damaligen Welt zusammen: wenn Überlebende der Katastrophe am Schwarzen Meer danach in den Nahen Osten zogen und ihre Geschichte erzählten, kann daraus eben im Laufe der Jahrhunderte diese Mär vom Weltuntergang entstanden sein! Und dass das eine theologische Großartigkeit wäre, ist doch wohl leicht übertrieben: Gott strafte die Menschen mit einem nahezu vollständigen Holocaust, da sind ja vergleichsweise die blutigsten Diktatoren nicht so bösartig gewesen!

Dietz: "Die zentrale Wahrheit der Sintflut-Geschichte liegt in ihrem Gottes- und Menschenbild: Die Menschen sind böse von Jugend auf und wenden sich von Gott und voneinander ab. Gott nimmt diese Abwendung radikal ernst und wagt dennoch in bedingungsloser Treue zur Menschheit einen neuen Anfang." Der Anschein von Fehlern in der Bibel entstehe nur, wenn man diese an naturwissenschaftlichen Maßstäben messe. Die Bibel zeige das Weltwissen der damaligen Zeit. So habe einst Spanien als Ende der Welt gegolten (Römer 10,18; 15,24.28) und die Erde als jung und flach.
Atheistische Anmerkung: Die bösen Menschen waren allerdings laut Bibel deshalb so böse, weil sie der HErr mit der "Erbsünde" bestraft hatte, weil Eva & Adam im Paradies sündhaftig Früchte vom verbotenen "Baum der Erkenntnis" gegessen hatten, die beiden deswegen aus dem Paradies vertrieben wurden und alle ihre Nachkommen erbsündig auf die Welt kamen. Was heißt: der Grund der Sündhaftigkeit war Gott, der HErr, der die Menschen entsprechend präpariert hatte. Aber das zieht der Herr Dietz natürlich nicht in seine Betrachtungen ein, da sind die bösen Menschen die Alleinschuldigen. Aber immerhin: man dürfe die Bibel nicht an naturwissenschaftlichen Maßstäben messen und die Leute haben damals eben noch nix Wissenschaftliches gewusst, die Erde war jung und flach!

Till: Nicht die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift verwerfen - Dietz Äußerungen stießen auf die Kritik von Markus Till. Er warf Dietz vor, die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift zu verwerfen. Das Verständnis der Bibel als unfehlbares Wort Gottes sei wichtig. Diese Sicht finde sich bei Jesus, beim Kirchenvater Augustinus (354-430), beim Reformator Martin Luther (1483-1546) oder auch in einer gemeinsamen Erklärung der römisch-katholischen Kirche mit der Weltweiten Evangelischen Allianz.
Atheistische Anmerkung: Da hat er aber Pech, der Herr Till, weil es ist eben Faktum, dass bei allen Göttergeschichten die Götter gleich bescheiden gebildet wie ihre Erfinder waren. Da war die Welt eben der Mittelpunkt von allem, die Erde war eine vom Firmament überwölbte Scheibe, die von der Sonne umkreist wurde. Und das hat auch heute noch irrtumslos zu sein bei einem Evangelikalen! Weil das ist schließlich bei Jesus, Augustinus und Luther auch so gewesen! In der erwähnten gemeinsamen Erklärung heißt es in Punkt 27 einleitend: "Wir sind uns einig, dass die Heilige Schrift das inspirierte Wort Gottes und daher die wahre, unveränderliche Offenbarung Gottes ist." Dann wird fortgesetzt: "Was die Irrtumslosigkeit der Schrift (..) betrifft, mit der wir freudig übereinstimmen, wünschen wir uns eine Klärung darüber, was diese Position der Irrtumslosigkeit impliziert und was sie in Bezug auf die Herausforderungen durch die moderne historisch-kritische Methode bedeutet, die gegenwärtig einige Ausleger der katholischen Kirche zu favorisieren scheinen."
Also ganz überein stimmt man nicht, weil bei kreationistischen Evangelikalen ist die Bibel voll wörtlich zu nehmen, da hat Gott die Welt am 23. Oktober 4004 v.u.Z. geschöpft, am 28. Oktober schuf der HErr den Menschen und am 29. 10. ruhte der HErr, weil das vermutlich ein Sonntag war.

Till: Zwar sei der Sintflut-Bericht keine naturwissenschaftliche Abhandlung, die Autoren des Neuen Testaments hätten jedoch die Urgeschichte von Schöpfung, Sündenfall und Sintflut offenbar historisch ernst genommen. So würden die Geschlechtsregister bis auf Adam zurückgeführt (Lukas 3,23-38) und Jesus Christus spreche von Ereignissen "in den Tagen Noahs" (Lukas 17,26). Zudem werde die Sintflut-Geschichte sehr detailreich mit Zeit- und Maßangaben beschrieben. Dies passe nicht zu einer rein symbolischen Geschichte. Dietz verwerfe die Geschichtlichkeit der biblischen Urgeschichte letztlich aus naturwissenschaftlichen und nicht aus exegetischen Gründen. Der aktuelle Stand wissenschaftlicher Erkenntnis könne aber nicht der letzte Richter über die Aussageabsichten der Bibel sein.
Atheistische Anmerkung: Dass die Bibelverfasser irgendwelche Überlieferungen für ihre Darlegungen verwendet haben, ist ja wohl selbstverständlich, weil sie konnten ja nicht mit neuen Geschichten daher kommen, die noch niemand gekannt hätte. Und was ihnen der Großvater erzählt hatte, musste ja historisch gewesen sein und war daher ernstzunehmen! Die bei Lukas angeführte Ahnenreihe umfasst 75 Generationen, wenn sich die jeweiligen Väter erst mit etwas über 53 Jahren im Schnitt fortgepflanzt hätten, ginge sich das Jahr 4004 v.u.Z. aus. Das hatte der irische Erzbischof James Ussher (1581-1656) durch die Addition aller in allen Schriften der Bibel vorkommenden Ahnenreihen errechnet und in seinen Annalen des Alten Testaments veröffentlicht:

Dummerweise stimmt aber die Schöpfungsgeschichte nicht, sie dauerte nicht sieben Tage, sondern knapp 14 Milliarden Jahre. Das glauben aber wiederum viele Evangelikale nicht! Aber an die Maßangaben der Arche Noahs, an diese glauben sie! Denn die Wissenschaft kann's nicht besser wissen als die Bibel!

Till wandte sich ferner dagegen, die Historizität des Neuen Testaments, etwa die Wundergeschichten Jesu, seine Auferstehung oder Pfingsten in Frage zu stellen. Die ersten christlichen Zeugen hätten nicht nur theologische Ideen verbreiten, sondern weitergeben wollen, was sie gesehen und gehört haben. Wer dies abstreite, treffe den Kern des Christentums. Till: "Wenn wir eine ideologisch verengte Bibelkritik, die gegenüber Wundern und Offenbarungen grundsätzlich skeptisch ist, nun auch in der evangelikalen Bewegung unwidersprochen verbreiten, werden die evangelikalen Gemeinden den gleichen Schaden erleiden wie ich ihn in meiner evangelischen Kirche erleben muss."
Atheistische Anmerkung: Das ist gut beobachtet! Den biblischen Unsinn zu hinterfragen, das schadet dem Glauben! In der Bibel kommen so viele Wunder vor, die der Jesus getätigt hat! Die müssen doch wahr sein! Warum es dann immer wieder vorkommt, wenn ein Wunder zu genau örtlich und personell platziert wird, dass dann der Jesus zu seinen Jüngern sagt, sie dürften das nicht weitererzählen, hinterfragt ein Evangelikaler natürlich nicht. Aber die Evangelisten waren vorsichtig gewesen: Auch wenn ihre Geschichten erst Jahrzehnte nach ihrem angeblichen Geschehen niedergeschrieben wurden, hätte es ja noch sein können, dass dann noch lebende Zeitzeugen sagen hätten können, von der Wunderheilung oder von der Preisung des Jesus als Messias und Gottessohn hätten sie nie was gehört, obwohl sie auch dort gelebt hätten!
Aber es ist ja für die Kirchen letztlich egal! Religionssüchtige werden sich wohl eher in glaubensstrammen Gruppen wohlfühlen, es gibt allerdings heutzutage nimmer viele Leute von dieser Sorte, aber die Evangelikalen haben dadurch trotzdem Wachstumschancen, weil sie ja in unseren Breiten kleine Gruppen sind, in Österreich gibt's laut Wikipedia zurzeit in 70 Gemeinden ca. 5.000 Evangelikale. Die großen Kirchen verkaufen die biblische Geschichten nimmer so recht als wahre Wahrheiten, weil sie sonst noch weitere Mitgliederfluchten befürchten, aber das normale Verhältnis der nachwachsenden Generationen zur Religion ist ein Mir-wurscht-Verhältnis! Da ist es dann eben auch wurscht, ob die Bibel irrtumsfrei ist oder nicht!