In der BRD hatten die Kirchen durch eine Grundgesetzbestimmung, dass sie
ihre Angelegenheiten selbst verwalten dürften, im Bereich der Arbeitswelt,
also bei den kirchlichen Dienstleistungseinrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich,
religiöse Vorschriften in die Arbeitswelt eingebaut. Etwa dass Kirchenaustritt
oder eine Wiederverehelichung eines geschiedenen Katholiken Entlassungsgründe
sind.
Nun hat der EuGH über eine solche Entlassung entschieden und sie
als rechtswidrig eingestuft. Die Giordano Bruno Stiftung hat darüber schon
vor einem Monat berichtet, aber meinereiner hat das erst am 10.10.2018 im Internet
gefunden, hier der Bericht:
Die Rechtsexperten des Instituts für Weltanschauungsrechts (ifw)
begrüßen das heutige (11.9.) Urteil des Europäischen Gerichtshofes
(EuGH), das die Kündigung eines Chefarztes wegen "fehlender Loyalität"
zur katholischen Kirche als verbotene Diskriminierung nach Art. 21 der Charta
der Europäischen Union gewertet hat. Ingrid Matthäus-Maier, ehemalige
stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Mitglied im ifw-Beirat
und Sprecherin der "Kampagne gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz",
bezeichnete das Urteil als "Anfang vom Ende des kirchlichen Arbeitsrechts
in Deutschland".
Wörtlich sagte Matthäus-Maier: "Endlich
hat der Spuk ein Ende! Die Kirchen haben nie freiwillig auf ihre Privilegien
verzichtet, sondern nur, wenn die Gerichte sie dazu gezwungen haben. Die Kirchenverantwortlichen
haben nicht aus der Vergangenheit gelernt und stets nur millimeterweise nachgegeben
- nun müssen sie ein ganzes Jahrhundert an Emanzipationsbewegung nachholen.
Die Politik hat sich seit Jahren davor gedrückt, die 1,2 Millionen Beschäftigen
von Diakonie und Caritas vor religiöser Diskriminierung zu schützen.
Stets hieß es in Berlin, dies müsse die Kirche selbst lösen,
doch dieses Argument hat spätestens durch das heutige Urteil seine Gültigkeit
verloren."
Matthäus-Maier kritisierte in ihrer Stellungnahme,
die sie im Namen des Instituts für Weltanschauungsrecht
abgab, dass sich die Kirchen noch immer darauf berufen, dass für ihre Mitarbeiter
Sonderregeln gelten müssten. "Aber", so Matthäus-Maier,
"Ärzte sollen heilen und nicht missionieren! Das hat die Kirche bis
heute nicht verstanden. Deshalb muss der Gesetzgeber aktiv werden. Die bisherige
Passivität der Politik ist unerträglich. Es ist den Angestellten der
Kirchen nicht zumutbar, sich einzeln durch die Instanzen zu klagen, um zu ihrem
Recht zu kommen. Das kirchliche Arbeitsrecht muss abgeschafft und Diakonie und
Caritas endlich behandelt werden wie jeder andere Wohlfahrtsverband auch!"
Es dürfe auch nicht sein, dass in ganzen Regionen Krankenhäuser und
Kitas zu 50, 60 oder noch mehr Prozent in kirchlicher Trägerschaft seien.
Denn dann bestehe "keine echte Wahlfreiheit - weder für die Mitarbeiter
noch für die Bürgerinnen und Bürger, die auf soziale oder medizinische
Dienstleistungen angewiesen sind."
Matthäus-Maier wertete
die Entscheidung des EuGH auch als einen Erfolg der Kampagne
"Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz", die seit
2012 die Missstände im kirchlichen Arbeitsrecht kritisiert. Das Thema wurde
nicht zuletzt dank dem Einsatz der ehemaligen SPD-Spitzenpolitikerin vor einigen
Jahren in den Medien breit diskutiert und mit mehreren Sondersendungen in Rundfunk
und Fernsehen bedacht. "In der Politik haben unsere Argumente, die in der
Bevölkerung stets auf große Zustimmung trafen, leider kaum Wirkung
gezeigt", meinte Matthäus-Maier, "umso mehr freue ich mich deshalb
darüber, dass die Richter am EuGH den eklatanten Widerspruch zu Art. 21
der Charta der Europäischen Union erkannt haben, auf den wir schon seit
vielen Jahren hinweisen."