Faule Kredite

Christdemokraten und Sozialdemokraten bringen weder notwendige Risikominderung noch Verbraucherschutz

Aussendung von Sven Giegold vom 6.12.2018:

Der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments hat heute über den Vorschlag der EU-Kommission abgestimmt, wonach für alle europäischen Banken eine verbindliche Untergrenze von Rückstellungen für faule Kredite (“NPL-Verordnung”) eingeführt werden soll. Banken sollen die neuen Regeln nur für Kredite anwenden, die nach Inkrafttreten der NPL-Verordnung vergeben und zu einem späteren Zeitpunkt notleidend werden. Das Überwachen der Risikovorsorge für bereits bestehende faule Kredite obliegt damit weiter dem Ermessen der EZB. Die EZB kann bank-spezifische Vorgaben machen und tat dies bislang nur für die größten Banken der Eurozone unter ihrer Direktaufsicht. Im März hatte die Kommission ein ganzes Maßnahmenpaket zum Abbau fauler Kredite in europäischen Bankbilanzen vorgelegt, das auch Mindestanforderungen für Kreditdienstleister umfasst (“NPL-Richtlinie”). Kreditdienstleister kaufen, restrukturieren und verwerten notleidende Kredite. Noch haben die ECON Ko-Berichterstatter Roberto Gualtieri (S&D) und Esther De Lange (EPP) keinen Berichtsentwurf für die NPL Richtlinie vorgelegt. Der Rat der Mitgliedstaaten hat sich bisher ebenfalls nur auf eine gemeinsame Position zur NPL-Verordnung einigen können.

Nach der heutigen Abstimmung im ECON wird die Fraktion der Grünen/EFA beantragen, dass zunächst noch das Plenum abstimmen muss, bevor die Verhandlungen von EU-Parlament, Mitgliedstaaten und Kommission über den finalen Gesetzestext der NPL-Verordnung beginnen können.

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
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Wir haben das Risiko fauler Kredite längst nicht gebannt. Der Berg fauler Kredite ist heute größer als vor der letzten Finanzkrise. Christdemokraten und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament verschleppen das Problem. Die Vorschläge reichen nicht aus, um die Risiken in den Bilanzen der europäischen Banken in den Griff zu bekommen. Zusammen mit harten Vorgaben für die Risikovorsorge der Banken brauchen wir dringend Mindestvorgaben für Kreditdienstleister. Solange Kreditverwerter wie Cerberus, Blackstone und Intesa Sanpaolo keinen Verbraucherschutzregeln unterworfen werden, sind überschuldete Kreditnehmer besser bei ihrer Hausbank aufgehoben. Die Ko-Berichterstatter im Europäischen Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten müssen zügig ihre Vorschläge für die NPL-Richtlinie vorlegen, damit wir noch in dieser Legislatur Verbraucherschutzregeln für Kreditdienstleister bekommen.
Die Position des Europäischen Parlaments ist schwächer als die des Rates und schwächer als der Vorschlag der EU-Kommission. Wir Grüne haben deshalb heute gegen den Bericht gestimmt. Harte Mindestvorgaben für die Risikovorsorge notleidender Kredite sind notwendig, damit im nächsten Abschwung die Steuerzahler nicht wieder strauchelnde Banken retten müssen. Ohne wesentliche Fortschritte bei der Risikominderung werden wir keinen Rahmen für einen europäischen Einlagensicherungsmechanismus bekommen, der den Sparern überall in Europa den gleichen Schutz bietet. Auch eine Letztsicherung für den ESM erreichen wir so nicht. Diejenigen, die schwache Regeln für faule Kredite fordern, verhindern letztlich, dass die Bankenunion durch eine dritte Säule ergänzt wird. Einen stärkeren Rahmen für den Euro zu schaffen bedeutet, eine harte Linie in Bezug auf die Risikovorsorge für notleidende Kredite zu verfolgen."

Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung zur Einführung einer verbindlichen Untergrenze von Rückstellungen für faule Kredite:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/COM-Proposal-Regulation.pdf
Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über Vorgaben für Kreditdienstleister, Kreditkäufer und die Verwertung von Sicherheiten:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/COM-Proposal-Directive-on-credit-servicers-credit-purchasers-and-the-recovery-of-collateral.pdf

Heute vom Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments angenomme Kompromisse zu Änderungen der NPL-Verordnung:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/2018-12-05-NPL-Prudential-Backstop-FINAL-COMP.pdf
Übersicht der verschiedenen Ansätze:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/Timetable-for-the-provisioning-of-NPLs.pdf