Prof. Dr. A. Diefenbacher, Chefarzt des Evangelischen Krankenhauses
Königin Elisabeth Herzberge, Berlin, Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité, wurde
von mir als Vortragender auf dem internationalen Internisten
Kongress auf Mallorca 2012 gefragt, ob die Androhung
ewiger Folter im Buch von Bischof Schneider Kinder krank machen könne.
Der droht ja ganz offen mit einer Hölle, in der ein Jesus mit Feuer foltern
werde. Und diese Botschaft „Jesu“ sei verstörend. Nein, war die erste Antwort
Diefenbachers, Märchen seien ja auch grausam. Dann war er sich doch etwas
unsicher. Die Antwort später schriftlich: Man habe sich im Mitarbeiterkreis
besprochen. Das Ergebnis: Es
fehle bei der Androhung der Hölle die wirkliche Höllenerfahrung.
Erst
dann, durch ein tatsächliches Erleben eines Traumas, in diesem Fall der
Hölle, können eine „zerebrale Fehlverarbeitung“ und damit eine posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS) entstehen. Durch
eine bloße „Imagination“ (gedankliche Vorstellung) von Hölle sei
das gar nicht möglich. Es ergibt sich daraus seine These, ich
die „Berliner-Psychiater-These“ nenne,
bloße Bedrohung mit ewiger Feuer-Folter könne kein gravierendes Trauma
sein und nicht krank machen. Das widerspricht jeder menschlichen Erfahrung.
Das widerspricht unserem Gesetz, das jede Bedrohung mit Folter strengstens verbietet,
eben weil eine solche Drohung krank macht. Der Bedroher macht sich nach dem
Gesetz also auch dann schon schuldig, wenn der Bedrohte keine Folgeerkrankung
aufweist. Die Berliner These widerspricht sogar der psychiatrischen Lehrmeinung.
Unter www.seele-und-gesundheit.de lesen wir bei PTBS: „Die Posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS) wird durch traumatische Belastungen ausgelöst.
Einerseits sind elementare Erschütterungen zu nennen, die Leib und Leben
des Betroffenen objektiv in Frage stellen. Andererseits kann die Erkrankung
auch durch Traumatisierungen
der seelischen Integrität verursacht werden.“ In der Psychose
kann dann die Integrität der ganzen Person durch religiöse Ängste
vor ewiger Verdammnis in ihre Bruchstücke zerfallen.
Die Psychiatrie
schweigt also vornehmlich und verschweigt sogar das Wesentliche auf dem Internationalen
Internisten Kongress auf Mallorca. 2013 hielt der Österreichische Psychiater
Prof. Dr. Herwig Scholz, Diakonie Villach, einen Vortrag über
Manie. Händel habe in einer Manie das Oratorium der „Messiah“ geschrieben,
also religiöse Denkinhalte gezeigt. Dass derartige Denkinhalte öfters
bei Manien vorkommen, wurde kopfnickend bestätigt. In der Diskussion wurde
coram publico angesprochen, dass beide Großkirchen Dogmen wie ein Jüngstes
Gericht, eine ewige Hölle und bei den Katholiken ein Fegefeuer verträten. Wie
sich das psychohygienisch auswirken würde, so meine Frage an Scholz.
Ein leises Raunen ging durch das Plenum. Scholz:
„Darauf antworte ich nicht.“
Er sagte also nicht, dass er keine
Antwort wisse. Natürlich wirkt sich die ernsthafte Androhung jeder Feuerfolter
psychohygienisch katastrophal auf Kinder aus. Das weiß Scholz als guter
Psychiater. Kann er aber so nicht antworten? Will er seine Arbeit behalten?
Wird er bezahlt von der Diakonie? Scholz konnte aber auch nicht behaupten, derartige
Drohungen würden zu keinerlei Schäden führen. Das hätte
ihn seine wissenschaftliche Reputation gekostet und ihm einen mallorkinischen
„Lacherfolg“ eingebracht. So hatten wir 2013 das absolute Novum bei einem Internisten
Kongress, dass eine Antwort auf eine Frage nicht erteilt, ja trotz unterstellten
Wissens verweigert wurde. Über das Thema Religion habe er, Scholz, immer
gegenüber Patienten geschwiegen. „Sie sollten aber schon über Religion
sprechen“, so mein Einwand. Er sei doch „der Spezialist für Religion“.
Nein, so die Erwiderung, solche
Fälle würde er zu „sehr guten“ Theologen überweisen.
Aber das seien doch Diejenigen, die die angesprochenen Dogmen vertreten würden,
so mein Einwand. Die Antwort des Psychiaters auf dem Kongress: „Ja“. Hier
unterbrach der Diskussionsleiter die Diskussion. Das Thema wurde zu heiß.
Diese
„sehr guten“ Theologen stellen lt. der Zeitung „Die Zeit“ vom 31.3.2010, Seite
57, folgende Diagnose: „Vom
Teufel besessen“ seien
die Überwiesenen. Die mit-interviewte Analytikerin Prof. Leuzinger
– Bohleber schweigt dazu! Sie schluckt diese Diagnose. Und mit den Schwerkranken
macht man natürlich Folgendes: Einen
Exorzismus. „Aus juristischen Gründen“, denn man ist ja nicht
dumm, nimmt man dazu heute drei Psychoanalytiker mit ins Boot und
schaut gemeinsam: Psychisch krank, oder vom Teufel besessen (Quelle: Die Welt,
12.5.14, S. 23)? Dann kann sich kein Hausarzt später
beschweren, wenn im Rahmen der Teufelsaustreibung sein Patient stirbt, so wie
z. B. 1976 die arme Anneliese Michel. Gegen die geballte Kraft von mehreren getauften
Psychoanalytikern kommt kein Staatsanwalt an, so krank meine Kollegen auch sein
können oder sein dürften. Doch man staune: Es würden auch
häufig Psychologen
als „Berater“ hinzugezogen. Also sind auch unsere
nichtärztlichen Seelenprofis mit von der Partie. Eine zitierte Analytikerin:
„Zeichen für echte Besessenheit (vom Teufel, der Verf.) gibt es durchschnittlich
nur in zwei von zehn Fällen.“ Gott
sei Dank, möchten wir da rufen: In
nur jedem 5. Patienten steckt der Teufel. Die Analytikerin
hat extra über der Couch ein Kruzifix aufgehängt, mit dem sie den
Teufelstest mache. So
einfach geht also Psychiatrie. Auch ihr selbst sei der Teufel
einmal untergekommen, weiß die Akademikerin.
Mein Misstrauen in
diese Psychiatrie sei Wahn, meinte eine Psychiaterin in ihrem Gutachten für
die Approbationsbehörde zu mir. Wahrscheinlich wollte sie mir erheblich
schaden oder unterlag damit einer Projektion: Sie hat den Wahn, den sie
mir zuschreibt. Kritik möchte man halt nicht und gute Ratschläge schon
gar nicht. Zu stark ist das hinter der starken Maske verborgene Minderwertigkeitsgefühl. Fazit:
Es ist also dem Augenschein nach der Psychiatrie wohl bekannt, was sie macht.
Sie überweist von Fundamentalisten krank Gemachte zu eben diesen Fundamentalisten
„zur Behandlung“. Dieser hat sein „Arztzimmer“ ja auch nur ein paar Schritte
weiter. Der
Kunstfehler aber: Dieses Arztzimmer ist keines. Es ist ein Gebetszimmer.
Hier wird nach etwaigen Sünden gefragt und gebetet, Gott möge doch
die Erkrankung bessern, er möge doch dem Sünder seine Sünden
verzeihen, er möge doch dem Patienten auf diese Weise die Ewigkeit im Abgrund ersparen. Die
Krankheit wird als Prüfung Gottes oder als seine Strafe hingestellt.
Und:
Der liebe Gott solle doch zusehen, dass endlich der Teufel aus dem Patienten
weiche. Im Gebetszimmer wird also die angebliche Folterhölle
eines Jesus entweder bestätigt oder nicht ad absurdum geführt.
Das treibt Schwerkranke in geschlossene Abteilungen oder in den Suizid. Auch
die Therapie der größten Angst des Menschen gehört in die Hand
eines Mediziners – und nicht in die Hände der Verursacher. Die
Psychiatrie ist auf dem Gebiet von Religion und Religionsschäden autistisch
stumm. Das ist ihre Krankheit. Ein
Badezimmereinrichter sollte schon einmal etwas von Wasserhähnen gehört
haben und sich auch über diese unterhalten können. Wenn
er Wasserhahnangst hat, hat er den verkehrten Beruf oder muss sich auf
dem Sektor fortbilden.
Kollege
und Neurologe Dr. Winterhoff, Celle, gibt auf einem Fortbildungsabend tatsächlich
und ganz offen zu, dass man als Psychiatrie kirchengschädigte
Patienten, also Patienten mit einem Sacco-Syndrom, nicht selbst in Gesprächen
therapiert. Man überweise sie „zu den Verursachern“, wie es
hieß.
Zum Klerus. Die Leiterin der Fortbildung machte
der Niedersächsischen Ärztekammer darüber Meldung, ist dieses
Vorgehen ja wohl einmalig in der Medizin. Wir Internisten schicken Alkoholkranke
ja auch nicht in die nächste Kneipe. Und das auch noch regelmäßig.