Teilweiser US-Truppenabzug aus Deutschland

Ivan Rodionov, Aussendung von RT vom 12.6.2020

Es ist doch mehr als ein Gerücht oder "unbestätigte Medienberichte", wie der Regierungssprecher den angekündigten Teilabzug der US-Soldaten aus Deutschland nannte. Genauer gesagt, eine Verlegung an die Ostfront, pardon, die NATO-Ostflanke. Nun hat die US-Administration solche Überlegungen offiziell bestätigt. Und auch wenn zwischen Überlegung und Realität immer eine Distanz liegt, stellt sich die deutsche Politik - mit Ausnahme der Linken - jetzt schon wie eine verlassene Braut an. Allen voran Vertreter der Regierungsparteien wie Rolf Mützenich und Norbert Röttgen. Natürlich finden sie Verbündete in Washington. Die designierte Friedenstaube General Ben Hodges sprach von einem "Geschenk an Putin".

Trump habe damit gedroht, 9.500 Soldaten abzuziehen, hieß es zuvor medienübergreifend. Unter anderem bei der Tagesschau, dem Tagesspiegel und der Deutschen Welle. Das klingt eigentlich, als würden Sie Ihrem Nachbarn drohen, um zwei Uhr nachts keine Böller mehr vor seinem Fenster zu zünden oder Ihren Hund seine Tür nicht mehr anpinkeln zu lassen. Na endlich - sollte die Reaktion der Vertreter eines Staates sein, der sich als souverän versteht. "Hit the road, Jack". Die logische Frage wäre: warum nur ein Drittel? Was haben die anderen hier zu suchen, 65 Jahre nach der formellen Beendigung der Besatzung, 30 Jahre nach der Auflösung des Warschauer Vertrages? Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov von 2018 ergab, dass eine Mehrheit der befragten Deutschen die US-Truppen aus dem Land haben möchte.

Mit 700 Millionen Euro allein für Bauarbeiten, Versorgung und Hausmeister hat die Bundesregierung seit 2012 nach eigener Auskunft den US-Truppen hierzulande unter die Arme gegriffen. Der ehemalige US-Botschafter in Berlin Richard Holbrooke sprach von insgesamt einer Milliarde US-Dollar jährlich.

Egal, was man vom amerikanischen Gehabe in der Welt hält, eines muss man den USA zugute halten: Sie haben es geschafft, über Jahrzehnte eine deutsche Elite - oder sagen wir weniger schmeichelhaft, eine Machtklasse - heranzuzüchten, die keine andere Sicht auf die Welt kennt als die unter dem US-amerikanischen Pantoffel. Und sich auch keine bessere wünscht.

Einige Regierungen, unter anderem in Österreich und Neuseeland, haben angesichts der Corona-Krise erklärt, dass sie solidarisch einen Teil ihrer Gehälter spenden oder einsparen möchten. Der Kanzlerin und der restlichen Bundesregierung ist passenderweise im März eine signifikante Gehaltsanpassung zugute gekommen. Ob die Kanzlerin und ihr Kabinett auch über eine solche Geste der Solidarität nachdenken, wurde der Regierungssprecher Steffen Seibert gefragt.

Die Antwort: Persönlicher Verzicht der Bundesregierung sei nicht nötig. Es seien ohnehin milliardenschwere "Hilfen für die Bürger" beschlossen worden. Bemerkenswert, dass der Regierungssprecher dabei keinen Unterschied zwischen den Haushalts-, sprich Steuerzahlergeldern, und dem Privateinkommen der Regierungsbeamten sieht.

Unser Redakteur Florian Warweg fragte in diesem Kontext, ob die Kanzlerin persönlich bereit sei, "den Gürtel enger zu schnallen". Er berief sich dabei auf die Corona-Ansprache des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Der Staatschef hatte die Bundesbürger mit den Worten - Zitat: "Wir werden einiges von dem gemeinsam erarbeiteten Wohlstand preisgeben", Zitat Ende - auf Entbehrungen in Folge der Krise eingestimmt. Diese sinngemäße Interpretation der Worte Steinmeiers nahm uns das Bundespresseamt äußerst übel. RT Deutsch habe ein Zitat des Bundespräsidenten erfunden, hieß es in einer Rund-E-Mail, die an alle Presseverteiler rausging. Niemanden schien es zu stören, dass unser Reporter die Aussage nicht als Zitat gekennzeichnet hat. Egal. Die Meldung wurde auch in den sozialen Medien geteilt, ohne dass sich die Verbreiter um einen Faktencheck gekümmert hätten. Wozu, wenn es in den Kram passt? Nachdem wir die EU zerrüttet, den Fall Lisa erfunden und den deutschen Einheitsmedien ihr Bürgervertrauen geraubt haben, fällt eine freie Zitat-Interpretation nicht groß ins Gewicht.

Die Abteilung strategische Kommunikation Ost der EU, besser bekannt als East StratCom, hat wieder mal einen Bock geschossen. Ich habe in einem Kommentar vor zwei Monaten stichprobenartig vier Widerlegungen sogenannter "prorussischer Falschmeldungen" aus ihrer Fake-Rundschau einem Faktencheck unterzogen. Alle vier, also hundert Prozent, enthielten haarsträubende Fehler. Die Methodik der Desinformationstruppe besteht im Wesentlichen darin, per Gummistempel scheinbar wahllos alles als "another unfounded pro-Kremlin conspiracy theory" - "eine weitere unbegründete Pro-Kreml-Verschwörungstheorie" - zu markieren, was sie in die Finger bekommen. Alles, von einer Randbemerkung in einer mehrstündigen Talkshow über klar erkennbare Satire bis hin zu einer Aussage der Chefin der Prager Universitätsklinik auf einem tschechischen Privatsender. Exotische Online-Krawallmedien quer durch Europa kommen dort vor, deren Verbindung zum Kreml völlig offen bleibt.

Diesmal rief mein Kommentar von Ende Mai "Bill Gates und die Stunde der Faktenmanager" die Kommunikationsstrategen auf den Plan. Dass das Coronavirus aus einem Labor stamme, sei nur dann eine Verschwörungstheorie, wenn sie von Verschwörungstheoretikern und ihren Medien verbreitet wird, sage ich dort. "Wenn seriöse Medien darüber mutmaßen, ist es eine ernst zu nehmende Hypothese." Dabei  werden Artikel von t-online, dem MDR und der Süddeutschen Zeitung grafisch eingeblendet. Eine Zufallsauswahl aus zahlreichen Publikationen, die suggerieren, Corona komme vielleicht doch aus einem Labor.

"Eine sich wiederholende Verschwörungstheorie, die die Pro-Kreml-Desinformation über eine künstliche Erzeugung von COVID-19 widerspiegelt", knallt die StratCom den Gummistempel darauf. Es gebe keine Belege für eine Laborherkunft. Glückwunsch, werte Kollegen von t-online, MDR und Süddeutscher. Es war ein Ritterschlag. Jetzt sind Sie auch Teil des vom Kreml arrangierten Fake-News-Orchesters. Ich neige mittlerweile zu der völlig grundlosen Annahme, die StratCom ist das Ergebnis eines schief gelaufenen Experiments mit der menschlichen Intelligenz.

Siehe dazu auch die PDF "Eine Wohltat für die Bevölkerung"