In Österreich wurde eine allgemeine Impfpflicht lange ausgeschlossen - nun ist sie beschlossene Sache. Eine Milliardenlotterie soll die Impfskeptiker zusätzlich überzeugen. Österreich wagt sich damit in der EU weit vor.
Österreich führt eine allgemeine Impfpflicht zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie
ein. Das hat der Nationalrat am 20.1.2022 mit breiter Mehrheit beschlossen.
Der Schritt ist die bisher weitreichendste Regelung in der EU, Italien und Griechenland
haben lediglich eine für ältere Menschen geltende Impfpflicht. Zusätzlich
soll in Österreich eine mit bis zu 1,4 Milliarden Euro dotierte Impf-Lotterie
die Bereitschaft zur Immunisierung steigern.
Die Impfpflicht soll für alle Bürger gelten, die mindestens 18 Jahre alt sind.
Ausnahmen sind vorgesehen für Schwangere sowie alle, die sich aus medizinischen
Gründen nicht impfen lassen dürfen. Auch Genesene sind bis 180 Tage nach der
COVID-19-Erkrankung von der Impfpflicht befreit. Bei Verstößen gegen die Verpflichtung
drohen einkommensabhängige Strafen von bis zu 3.600 Euro. Der Bundesrat, also
die Länderkammer, muss dem Gesetz voraussichtlich am 3. Februar ebenfalls noch
zustimmen - das gilt aber als Formsache.
Österreichs Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte die
Corona-Impfpflicht in der Parlamentsdebatte als Akt der Solidarität und des
Zusammenhalts. "Je mehr Menschen eine Corona-Schutzimpfung haben, desto
weniger sterben an den Folgen einer Corona-Pandemie", sagte der Minister
am Donnerstag.
Auch die Chefin der oppositionellen Sozialdemokraten stellte sich hinter
den Plan. "Die Impfung rettet Leben, das eigene und das Leben anderer",
sagte die SPÖ-Vorsitzende und Epidemiologin Pamela Rendi-Wagner. Zwar habe
die Regierung in den vergangenen zwei Jahren vieles versäumt, aber nun seien
die Impflücken eben nur noch mit der Impfpflicht zu schließen. Die liberalen
NEOS forderten einen Fahrplan für die Aufhebung der Freiheitsbeschränkungen.
Die rechte FPÖ ist als einzige Parlamentspartei gegen den Schritt. FPÖ-Chef
Herbert Kickl sagte: "Die Einführung dieses Zwangs ist ein gigantischer
Anschlag auf die Freiheit der Menschen in Österreich, ein Attentat auf die
Menschenwürde der Bevölkerung."
Das Gesetz soll in mehreren Stufen umgesetzt werden. Erst ab Mitte März
sind stichprobenartige Kontrollen durch die Behörden vorgesehen. So soll
zum Beispiel die Polizei bei ihren Einsätzen auch den Impfstatus überprüfen.
Vonseiten der Polizeigewerkschaft gab es wegen dieser zusätzlichen Aufgabe
auch Kritik. Die ursprünglich geplante lückenlose Kontrolle durch einen Abgleich
des Melderegisters mit dem Impfregister ist nur noch als Möglichkeit vorgesehen.
Diese Maßnahme soll davon abhängig gemacht werden, ob die Impfquote wie
erhofft deutlich steigt.
Bei der Impf-Lotterie sind nach Angaben der Regierung pro Teilimpfung 500 Euro zu gewinnen, die als Gutscheine in der Gastronomie oder im Handel eingelöst werden können. Teilnehmen können nicht nur Spätentschlossene, sondern auch jene, die schon geschützt sind. Rund jeder zehnte Stich soll so belohnt werden. Für Gemeinden mit einer Impfquote von 80 Prozent werden insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet, bei 85 Prozent 150 Millionen, und bei 90 Prozent 300 Millionen Euro.