Am 23. Oktober 4004 vor unserer Zeitrechnung um 9 Uhr - es war ein Sonntag
- trennte Gott das Licht von der Finsternis, was wir heute als "Erschaffung
der Welt" interpretieren. Das Datum hat James Ussher, Primas der anglikanischen
Kirche, einer der führenden Gelehrten im 17. Jahrhundert, ausgerechnet, und
es bezieht sich auf den damals üblichen Julianischen Kalender. Im heute üblichen
Gregorianischen Kalender wäre das 1. September. Sechs Tage später - das war
dann ein Freitag, gregorianisch der 26.9. - schuf er den Menschen, genauer gesagt:
die Menschen, oder, wie es in der Genesis (1. Mose 1,27) heißt: Gott schuf
den Menschen als sein Abbild, als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau
schuf er sie. Nix Adam, nix Rippe. Gleichzeitig und gleichberechtigt.
Irgendwie muss der Weltenschöpfer wohl etwas übermüdet gewesen sein, denn
das mit dem göttlichen Abbild hat nicht so recht funktioniert.
Einige Konstruktionsfehler scheinen ihm dabei unterlaufen zu sein, und die
wollen wir uns jetzt mal ansehen.
(1) Luft- und Speiseröhre
Am Anfang war der Mund, jedenfalls bei komplexen Lebewesen, der zunächst der
Nahrungsaufnahme diente. Aber Nahrung wird nicht restlos verwertet, der Abfall
muss wieder ausgeschieden werden. Das geht auch über den Mund (wie bei den
Polypen), ist aber irgendwie unpraktisch. Selbst bei Drehtüren gibt es einen
Ein- und einen Ausgang, erst recht bei Großküchen. Also erfand die Natur einen
zweiten Ausgang, der schon bei Würmern in Aktion trat. Die Speiseröhre erstreckte
sich dann über den ganzen Körper, vom Mund bis zum After.
Dann lernten Lebewesen, Energie nicht nur durch Atmung, sondern auch durch Sauerstoff
(aus der Atmosphäre oder der in Wasser gelösten Luft) zu entnehmen. Dazu brauchten
sie eine weitere Röhre, entweder durch den Mund (wie bei Fischen) oder durch
ein weiteres Einführ-Organ, die Nase. Die Luftröhre durchzog nicht den
ganzen Körper, sie verlief nur bis zu den Lungen. Aber da gab es ein Problem.
Infolge eines "undurchdachten" Designs überkreuzen sich die beiden
Röhren im Kehlkopf, was oftmals fatale Folgen hat: Nahrung aus der Speiseröhre
dringt in die Luftröhre ein, wir ersticken an einem harmlosen Bissen. Meist
geht's gut, doch hier ist eine aufwändige "Software"-Verwaltung der
Schluck- und Atembewegungen erforderlich. Ein manchmal tödlicher Konstruktionsfehler.
(2) Das menschliche Auge (siehe Bild)
Betrachten wir als nächstes das menschliche Auge, unser wichtigstes Sinnesorgan.
Aus der Abbildung sehen wir, wie es aufgebaut ist. An die lichtempfindliche
Netzhaut (unten: Zapfen und Stäbchen) schließen sich eine Reihe weiterer Schichten
an, deren Namen und Funktionen nichts zur Sache tun. Sie werden gebraucht, sonst
wären sie nicht vorhanden. Und nun die Frage: Aus welcher Richtung kommt das
Licht? Ein intelligenter Konstruktör würde die Schichten so legen, das die
Netzhaut ganz nahe dem Lichteinfall zu liegen kommt. Die lichtzugewandte Seite
müsste also unten liegen. So ist es auch - beim Tintenfisch. Aber nicht beim
Menschen. Beim menschlichen Auge liegt die lichtempfindliche Netzhaut hinter
den anderen Schichten. Licht kommt (in der Abbildung) von oben und muss sich
durch eine Menge licht-schluckender Zellen quälen, bevor es, völlig verformt,
abgelenkt, geschwächt und eigentlich unbrauchbar auf die Stäbchen und Zäpfchen
der Netzhaut trifft.
Wie kommt es dann, dass der Mensch überhaupt etwas sieht, dazu noch leidlich
korrekt? Das ist gar nicht so leicht. Ein gewaltiger Aufwand an "Software"
(Programmen) muss den Mangel der "Hardware" (das Auge als Licht aufnehmendes
Instrument) wieder gut machen. Das aber ist so aufwändig, dass das menschliche
Gehirn rund zwei Drittel seiner Kapazität allein zur Fehlerkorrektur der einfallenden
optischen Informationen aufwendet. Die Kapazität könnten wir besser verwenden,
und sie macht auch unseren Kopf zu groß, mit fatalen Folgen bei der Geburt.
Soweit zum intelligenten Design des Auges.
Ersetzen wir "Gott" durch die "Natur", "Schöpfung"
durch "Evolution", kommen wir zu anderen Zielen und Erklärungen.
Die Natur hat kein Ziel, baut auf dem, was da ist, versucht das Beste aus dem
zu machen, was sie vorfindet, und wenn's nicht klappt, wird eliminiert. Oder
auch nicht, das ist meist eine Sache des Zufalls.
Dagegen ist Punkt (3) weder durch intelligentes Design noch durch Förderung
oder Elimination durch die Natur erklärt werden:
(3) Sadismus
Was ist eigentlich schlimm daran, andere Menschen bei ihrem Vergnügen zu beobachten?
Nichts, aber wir ergötzen uns viel mehr an den Schmerzen und Qualen anderer.
Diese Art des Vergnügens war zu allen Zeiten verbreitet, wurde selten unterdrückt,
oft gefördert, mindestens stillschweigend geduldet. Nicht erst der berüchtigte
Marquis de Sade entdeckte die Verbindung zwischen Grausamkeit und sexueller
Erregung. Sie war auch vorher schon bekannt.
Hinrichtungen waren lange Zeit Volksfeste, bei denen es in der Menge oft auch
zu intensiven Sexualkontakten kam. Casanova berichtet über eine solche "Stehung"
während der vierstündigen grausamen Hinrichtung des Königsattentäters Damiens.
Ob der Augenzeuge eines Verkehrsunfalls ebenso empfindet? Seine Motive, stehen
zu bleiben und zuzusehen (anstatt zu helfen), sind psychologisch immer noch
nicht einwandfrei erforscht. Sicher hat es etwas mit seinen Hormonen zu tun.
Bei intensiver Erregung - sei es durch Angst und Schrecken, sei es durch geschlechtliche
Stimulation - sondert die Nebenniere das Alarmhormon Adrenalin ab. Adrenalin
ähnelt in seiner Wirkung dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron. Aber
was hat Gott sich dabei gedacht? Oder, etwas wissenschaftlicher formuliert:
Wie konnte sich ein solches Verhalten herausbilden, trotz Überleben der Fitten
oder Elimination der Unfitten?