Anton Zeilinger (Uni Innsbruck, TH Wien, Uni Wien), "ein Forscher, wie
er im Buche steht" (Bundespräsident Alexander Van der Bellen) ist ein
Pionier der Teleportation. Erst hat er 5 Photonen über den Donaukanal geschickt
(für die kleinen Dinger eine Leistung), dann ein paar mehr zwischen den kanarischen
Inseln Teneriffa und La Palma, und schließlich, zusammen mit Chinesen, eine
Botschaft durch den chinesischen Quantenkommunikationssatelliten Micius. Was
hat die "Verschränkung damit zu tun? Was ist das überhaupt?
Im Jahre 1935 veröffentlichte Einstein zusammen mit seinen Mitarbeitern Podolsky
und Rosen in der Zeitschrift "Physical Review" einen höchst bemerkenswerten
Artikel mit dem Titel "Can Quantum-Mechanical Description of Physical Reality
be Considered Complete?". Darin stellten die Autoren mittels eines Gedankenexperiments
fest, dass die Quantenphysik augenblickliche (überlichtschnelle) Wirkungen
zwischen "Zwillingsteilchen" (die zur gleichen Zeitz "geboren"
wurden) zulässt, was mit der Relativitätstheorie im Widerspruch steht. Schrödinger
(der mit der halbtoten Katze) erkannte sofort die Bedeutung des Beitrags und
schuf für das Konzept der nichtteilbaren Zustände den Ausdruck Verschränkung,
englisch "entanglement", was so viel wie Verwicklung, Verstrickung
bedeutet. Für ihn war die Verschränkung der wesentliche Bestandteil der Quantenphysik,
nicht die Quantenbahnen, nicht die Wahrscheinlichkeitsaussagen. Und er hatte
Recht.
Doch das Unbegreifliche kommt noch: Wenn ich den Zustand des einen Teilchens
verändere, z.B. die Polarisationsebene drehe, dann verändert sich der Zustand
des Zwillingsteilchen ebenfalls, und zwar augenblicklich. Eine überlichtschnelle
Verbindung unbekannter Natur, von Einstein spukhafte Fernwirkung genannt, scheint
zwischen den beiden Teilchen zu bestehen - selbst dann, wenn das eine schon
"gestorben" ist!
Einstein hatte mit seinen Gedanken Bohr und seine realismus- und kausalitätsferne
Philosophie attackiert. Dieser antwortete auf seine Art - umständlich, nichtssagend,
verworren. Da die Physiker zur damaligen Zeit an philosophischen Diskussionen
nicht interessiert waren, verlief die Sache im Sand. Erst vierzig Jahre später
wurde das Thema von John Bell wieder aufgegriffen. Und so führte die seltsame
Verknüpfung von Zwillingsteilchen zu Forschungen auf dem Gebiet der Quantenverschlüsselung
von Botschaften, des Baus eines Quantencomputers, und vor allem der Teleportation.
Leider hält, nach bisheriger Technik, der notwendige "verschränkte"
Zustand nur ein paar Mikrosekunden an, dann verschwindet die Verschränkung
durch "Dekohärenz", d.h., sie löst sich infolge makroskopischer
Störungen (hauptsächlich Wärme) auf. Die bisherigen Versuche Zeilingers und
seiner Kollegen funktionierten nur bei Tiefsttemperaturen nahe dem absoluten
Nullpunkt. Zusätzlich muss noch ein konventioneller Kommunikationskanal eingerichtet
werden, mit "augenblicklich" ist also nichts, auch wenn die Teleportation
inzwischen von La Palma nach Teneriffa glückte.
Dazu kommt: Es geht nur in völligem Vakuum (Wie soll ein Mensch das aushalten?),
und "Jede winzige Störung von außen kann bewirken, dass die Tasse ohne
Henkel ankommt." (Originalton Zeilinger). Oder der Mensch ohne Kopf. Außerdem:
Das Original wird bei dieser Methode vollständig zerstört; sollte die Kopie
fehlerhaft sein, hat der dermaßen Teleportierte eben Pech gehabt. Und wie steht
es mit seiner/ihrer Identität, mit den Erinnerungen, Bewusstseinsinhalten,
mit der Persönlichkeit als Ganzem? Ist das noch derselbe Mensch (offensichtlich
nicht), oder der gleiche, oder doch ein ganz anderer?
Bis wir so weit sind, einen Fingernagel per Teleportation über die Straße
zu schaffen, werden Jahrhunderte vergehen, vorausgesetzt, es gibt die große
Erfindung, den technischen Durchbruch, das unaussprechlich Unbekannte. So könnte
man das Ganze in der Abteilung "müßige Gedankenspiele" ablegen,
zusammen mit anderen Sciencefiction-Ideen wie Raumsprüngen, Wurmlöchern und
Zeitreisen. Wäre da nicht ein Erfinder weiblichen Geschlechts, welcher für
die eigenen Erfindungen unendlich viel Zeit hat und dabei Erstaunliches schafft:
die Natur. Und die hat es tatsächlich erreicht, verschränkte Zustände bei
Raumtemperatur über größere Entfernungen und unbestimmte Zeit zu erschaffen.
Der biologische Prozess läuft über sogenannten Mikrotubuli, das sind laut
Wikipedia "röhrenförmige Filamente ... relativ vergängliche Strukturen
mit einer mittleren Lebensdauer in der Größenordnung von 10 Minuten, sofern
sie nicht durch Einbau in größere Strukturen stabilisiert sind." Selbst
Wikipedia zitiert Quantenphysiker und deren Meinung, Mikrotubuli hätten mehr
Bedeutung als rein zelluläre Organisationen: "In einer umstrittenen Hypothese
behaupten Stuart Hameroff und (Nobelpreisträger) Roger Penrose, dass bewusstseinsbildende
Gehirnfunktionen auf makroskopischen Quanteneffekten beruhen, die sich in den
Mikrotubuli des Zellskeletts abspielen. Bei höheren Evolutionsstufen seien
es die Mikrotubuli der Hirnneuronen, aber im Prinzip gelte dieser fast panpsychische
Mechanismus sogar für Einzeller mit Zytoskelett."
Eine solche langfristige Verschränkung von Elektronen fanden Forscher an der
Universität Oxford und Oldenburg auch in den Kryptochrom-Proteinen in den Augen
von Zugvögeln: Diese Moleküle reagieren durch die Verschränkung extrem sensibel
auf das Magnetfeld der Erde, und so finden die Vögel ihr Ziel.
Mit anderen Worten: Jetzt sind die Biologen am Zug. Vielleicht können sie,
wenn schon nicht Scotty auf Alpha Centauri VIII beamen, zumindest das Geheimnis
des menschlichen Bewusstseins aufklären - mit Hilfe verschränkter, kohärenter,
synchronisierter biologischer Zustände im menschlichen Gehirn. Das wäre doch
schon was.
Dies war ein Ausschnitt aus meinem Buch
"Das Rätsel der Quanten und seine Lösung!"