Zum 70. Todestag Josef Stalins tat das Erik Höhne am 3. März 2023 in
der Parteizeitung der DKP "Unsere Zeit":
Am 5. März 2023 jährt sich der Todestag des georgischstämmigen Revolutionärs
Josef Stalin. Als Generalsekretär des ZK der KPdSU prägte er die Entwicklung
der Sowjetunion nach Lenins Tod. Bürgerliche Historiker und Journalisten nennen
Stalin gerne in einem Atemzug mit Adolf Hitler, um so ihrer Idee von einer barbarischen
Wesensverwandtschaft von Faschismus und Sozialismus Nachdruck zu verleihen.
Zu seinen Lebzeiten war das noch anders – während der Jahre der Antihitlerkoalition
war er auch im Westen ein geachteter Staatsmann.
In der kommunistischen Weltbewegung entwickelte sich nicht zuletzt durch den
Sieg über den Faschismus eine unkritische Überhöhung. Das verstellte den
Blick auf die Widersprüchlichkeit des sozialistischen Aufbaus.
Stalin stand als Lenker des sowjetischen Staates vor der Herausforderung, ein
riesiges, unterentwickeltes, durch Krieg und Bürgerkrieg zerstörtes Land auf
das Niveau einer modernen Industrienation zu heben. Dies war eng verbunden mit
der Überwindung der Isolierung der Sowjetunion durch den Imperialismus. Dazu
kam seit Beginn der 1930er-Jahre die sich abzeichnende militärische Bedrohung
durch den Faschismus. Nicht vergessen werden sollten die starken Impulse sowie
die Unterstützung für den Befreiungskampf der kolonial unterdrückten Völker.
Diese Leistungen, die in der Menschheitsgeschichte ihresgleichen suchen, wurden
unter ungünstigen Voraussetzungen vollbracht. Das Land verfügte über keine
rechtsstaatlichen Traditionen aus einer vorangegangenen bürgerlich-demokratischen
Epoche. Weißer Terror und Bürgerkrieg hatten ein Klima geschaffen, in dem
im wahrsten Sinne des Wortes "die Macht aus den Gewehrläufen" kam.
Das beförderte die Neigung, politische Fragen anhand militärischer Kategorien
zu behandeln. Das Bildungsniveau der werktätigen Massen war niedrig – die
Überwindung des Analphabetentums war ja erst begonnen worden. Somit mussten
die Kader, viele von ihnen erst seit Kurzem Mitglieder der KPdSU, oft stellvertretend
handeln – in der Erkenntnis, dass demokratische Mitbestimmung ohne ein Mindestmaß
an Wissen und Kultur eine Farce ist. Diese Tendenz entwickelte eine eigene Dynamik.
Jenseits der unabdingbaren Bekämpfung von Sabotage, Spionage und anderen konterrevolutionären
Umtrieben wurden die Sicherheitsorgane und ihre Repressionsinstrumente zur Lösung
politischer Fragen herangezogen. Die Entwicklung der Demokratie in Partei, Massenorganisationen
und den Sowjets blieb hinter der wirtschaftlichen Vorwärtsbewegung zurück.
Der Streit um die "richtige Linie" in der Partei eskalierte von der
Diskussion unter Genossen zum Kampf gegen Feinde. Der Geheimdienst arbeitete
zunehmend mit terroristischen Methoden.
Dennoch hat vor allem Deutschland Stalin viel zu verdanken, auch wenn die bürgerliche
Propaganda gerne das Gegenteil erzählt. Trotz des Vernichtungskriegs der Wehrmacht
gegen die Völker der Sowjetunion achteten die Befreier Deutschlands beispielsweise
darauf, die nachvollziehbaren Rachegelüste der Soldaten der Roten Armee zu
unterbinden. (Anmewrkung atheisten-info: Die zahllosen Vergewaltigungen durch
Rotarmisten waren verbreiteter Bestandteil der Rachegelüste...)
Als Nikita Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 zu seiner "Abrechnung"
mit Stalin schritt, wurde die Chance zur Aufarbeitung vertan. Der neue Mann
an der Spitze der Partei prangerte Verletzungen der sozialistischen Gesetzlichkeit
unter der Führung Stalins an, kam auf Repressalien, Verhaftungen und Hinrichtungen
zu sprechen. Aber all dies erschien nun als die Summe der Vergehen eines
Mannes mit hervorstechenden negativen Charaktereigenschaften. Chruschtschow
zeigte leider wenig Interesse an einer systemischen Analyse. Die Verantwortung,
die er selbst und ihm nahestehende Genossen getragen hatten, mochte er nicht
in den Blick nehmen. Der italienische Kommunist Palmiro Togliatti merkte an:
"Früher kam alles Gute von den übermenschlichen positiven Eigenschaften
eines Mannes, jetzt wird alles Böse seinen ebenfalls außergewöhnlichen und
sogar verblüffenden Fehlern zugeschrieben. Im einen wie im anderen Falle sehen
wir uns außerhalb der dem Marxismus eigenen verstandesgemäßen Urteilskraft."
Es wäre ein Glück für die internationale kommunistische Bewegung gewesen,
hätte man die Ermahnung Togliattis mehr beherzigt.
Stalins Abweichung von Lenins Plänen sahen so aus:
Die Oktoberrevolution in Russland hatte das große Handicap, dass Russland
kein Staat mit einem entwickelten Kapitalismus war.
Nach dem Sieg im Bürgerkrieg versuchte Lenin ab 1921 den Aufbau des Sozialismus
in der nun als Nachfolger des Zarenreiches gegründeten "Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken" (UdSSR) mit der von ihm als "neue ökonomische Politik"
(NÖP) bezeichneten Methode:
Dezentralisierung und Liberalisierung in der Landwirtschaft,
im Handel und in der Industrie, die der Wirtschaft teilweise auch marktwirtschaftliche
Methoden zugestand, geregelt sollte das so werden, dass Privatinteressen zugelassen
waren, aber begrenzt, die Gesamtebene der Wirtschaft blieb unter Parteiaufsicht.
Die NÖP blieb bis 1928 reale Politik und führte zu einer Verbesserung der
Versorgung und zu relativen gesellschaftlichen Freiheiten.
Lenin starb 1924, Stalin schaffte die NÖP in der Folgezeit ab und setzte auf
eine vollständige Planwirtschaft, die sich dann historisch im ökonomischen
Konkurrenzkampf mit dem Kapitalismus als unbrauchbar für die entsprechende
Weiterentwicklung der Produktionsmittel erwies, weil diese entwickeln sich im
Bereich Angebot und Nachfrage und umgekehrt auch im Bereich Nachfrage und Angebot
und nicht nach Wirtschaftsplänen...
Die unproduktive Planwirtschaft führte in den Untergang des Realsozialismus...