Heute ist in den islamistischen Staaten der Religionswechsel immer noch strafbar,
zum Teil sogar von der Todesstrafe bedroht. In Österreich wurden auch erst gegen
den heftigen Widerstand der katholischen Kirche im Gefolge des Staatsgrundgesetzes
von 1867 der Religionswechsel und die Konfessionslosigkeit geregelt und rechtlich
sichergestellt. Die katholische Kirche stellte sich dabei auf den Standpunkt,
die katholische Taufe sei unwiderruflich, daraufhin wurde der staatliche Kirchenaustritt
eingeführt, den die katholische Kirche zur Kenntnis zu nehmen hatte.
Dazu
in Einzelnen:
Die Religionsfreiheit steht im Artikel 14 des Staatsgrundsgesetzes:
(1) Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist jedermann gewährleistet.
(2) Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse
unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis
kein Abbruch geschehen.
(3) Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder
zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern
er nicht der nach dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines anderen untersteht.
Im
Gesetz vom 25. Mai 1868 über die interkonfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger
werden die religiösen Verhältnisse in Österreich staatlich-rechtlich geordnet.
Über den Konfessionswechsel und Kirchenaustritt heißt es:
Artikel 4.
Nach vollendetem 14. Lebensjahr hat Jedermann ohne Unterschied des Geschlechtes
die freie Wahl des Religionsbekenntnisses nach seiner eigenen Überzeugung und
ist in dieser freien Wahl nötigenfalls von der Behörde zu schützen. Derselbe
darf sich jedoch zur Zeit der Wahl nicht in einem Geistes- oder Gemütszustande
befinden, welcher die eigene freie Überzeugung ausschließt. (..)
Artikel
6. Damit jedoch der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgenossenschaft
seine gesetzliche Wirkung habe, muss der Austretende denselben der politischen
Behörde melden, welche dem Vorsteher oder Seelsorger der verlassenen Kirche
oder Religionsgenossenschaft die Anzeige übermittelt. Den Eintritt in die neu
gewählte Kirche oder Religionsgenossenschaft muss der Eintretende dem betreffenden
Vorsteher oder Seelsorger persönlich erklären.
Artikel 7. Die Bestimmung
des § 768 lit. a) ABGB., vermöge welcher der Abfall vom Christentum als Grund
der Enterbung erklärt wird, dann die Verfügungen des § 122 lit. c) und d) StG.,
womit derjenige, welcher einen Christen zum Abfalle vom Christentum zu verleiten
oder eine der christlichen Religion widerstrebende Irrlehre auszustreuen sucht,
eines Verbrechens schuldig erklärt wird, sind aufgehoben. Es ist jedoch jeder
Religionspartei untersagt, die Genossen einer anderen durch Zwang oder List
zum Übergang zu bestimmen. (..)
In einer Vollzugsordnung von 1869
wurde der formal-praktische Ablauf des Kirchenaustritts geregelt:
§
1. Die zur Entgegennahme der Erklärung des Austrittes aus einer Kirche oder
Religionsgesellschaft berufene politische Behörde ist die k.k. politische Bezirksbehörde
(Bezirkshauptmannschaft) des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Meldenden, und
in jenen Städten, die eigene Gemeindestatute haben, die mit der politischen
Amtsführung betraute Gemeindebehörde.
§ 2. Die Kompetenz der Behörde zur
Entgegennahme der Austrittserkärung ist durch die österreichische Staatsbürgerschaft
des Austretenden nicht bedingt.
§ 3. Die Meldung muss bei der Behörde mündlich
zu Protokoll gegeben, oder in einem an diese gerichteten, mit der Unterschrift
des Austretenden versehenen Schriftstücke niedergelegt sein, und jene Angaben
enthalten, die nötig sind, um zu beurteilen, wem sie zu übermitteln sei. Ist
diesen Erfordernissen nicht entsprochen, so muss der Austretende zur Ergänzung
des Fehlenden vorgeladen werden.
§ 4. Die Identität der Person des Anmeldenden
und ob derselbe das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt, und sich in dem erforderlichen
Geistes- und Gemütszustande befinde, hat die Behörde nur dann zu prüfen, wenn
Umstände vorliegen, die gegründete Zweifel zu erregen geeignet sind.
§ 5.
Die Austretenden sind von der, über ihre Anmeldung getroffenen Verfügung schriftlich
zu verständigen. Die schriftliche Verständigung kann unterbleiben, wenn die
Partei, deren Identität nachgewiesen ist, hierauf verzichtet, oder wenn die
mündliche Verständigung ausreicht.
Diese
Ausführungsbestimmungen gelten heute noch. Doch gibt es immer wieder Behördenbedienstete,
die aus wohl sachfremden Motiven diesen 1869 festgelegten einfachen und unbürokratischen
Ablauf zu hintertreiben trachten. Speziell hat man es sich in manchen Dienststellen
zum Ziel genommen, Austritte dadurch zu verkomplizieren, dass man entgegen den
oben angeführten Bestimmungen einen Nachweis der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft,
die man verlassen will, fordert.
Die Vermutung, Kirchenmitglieder könnten
sich im Unklaren darüber sein, welcher Religionsgemeinschaft sie angehörten,
ist an sich schon eine Frechheit. Aber selbst wenn es sowas geben sollte, wäre
es egal, weil dadurch keinerlei Rechte verletzt würden.
Um den Ablauf
möglichst unkompliziert zu gestalten wird empfohlen:
Nehmen Sie zu Ihrem
Gang auf die Bezirkshauptmannschaft oder zum Magistrat (magistratischen Bezirksamt)
folgendes mit: Ausweis, Meldezettel, Taufschein (wenn Sie einen solchen nicht
besitzen, könnten auch Zahlbestätigungen des Kirchenbeitrages, Schulzeugnisse
mit Religionsangabe o.ä. verwendet werden). Beigegeben werden kann auch eine schriftliche
Austrittserklärung in der Form:
"Ich erkläre hiermit meinen Austritt
aus der xxxxxx Religionsgemeinschaft. Meine Personalien sind: Name, Vorname
(bei Namensänderungen auch Geburtsname), Adresse, Geburtsdatum, Geburtsort,
(wenn bekannt) Taufpfarramt."
Man kann den Austritt auch per Einschreibbrief
an die zuständige Behörden richten und Kopien der der o.a. Dokumente (Ausweis,
Meldezettel, Taufschein bzw. Ersatzbeleg für letzteren) beigeben.
Es
gibt eine sehr gut eingerichtete Beratungshomepage zum Kirchenaustritt, http://kirchenaustritt-oesterreich.at
- früher lief diese Site unter dem Namen www.kirchenaustritt.at - die damaligen
Betreiber haben die Domain (angeblich gegen eine Spende von 10.000
Euro) an die katholische Kirche verkauft, die diese auf Google immer noch
sehr populäre Site nun in einer Art neutralem Tarngewand laufen lässt,
um Austrittswillige vielleicht doch noch in die Kirche zurückleiten zu
können!
PS: Man kann sich ohne Kirchenaustritt vom Besuch des Religionsunterrichtes
abmelden, siehe Abmeldung
vom Religionsunterricht.