Setzt Schönborn auf Marienwunder? - Teil 2

Die hier in Info Nr. 33 geäußerte Vermutung, Schönborn wolle nun den marianischen Wunderglauben fördern, fand ihre Bestätigung in der Kronenzeitung vom 1.1.2009, dort fand sich der folgende Artikel:

Über Neujahr im heute schon größten Heiligtum Europas
Pilger Kardinal Schönborn weilt als "Eisbrecher" in Medjugorje

Medjugorje. - Kardinal Schönborn befindet sich seit einer Woche als Pilger in dem bosnisch-herzegowinischen Wallfahrtsort Medjugorje, wo er in der Silvesternacht mit über hundert Priestern und Tausenden Gläubigen, darunter traditionell an diesem Tag viele Jugendliche, in der Erscheinungskirche die Mitternachtsmesse feiert.
Obwohl Schönborn den rein spirituellen Charakter seiner Pilgerreise betont, ist sie kirchenpolitisch doch ein großes Novum. Der Vatikan steht den Marienerscheinungen in Medjugorje "abwartend" bis skeptisch gegenüber. Und das seit bald 29 Jahren, in denen sich der Ort mit bald 30 Millionen Besuchern zum größten Wallfahrtsort Europas entwickelt hat. Der Kardinal wird im Vatikan einen Augenzeugenbericht geben können, denn er ist Mitglied der wichtigen Glaubenskongregation, die Erscheinungsorte zu beurteilen hat. "Mit dem Herzen war ich schon oft in Medjugorje, weil ich fest überzeugt bin, dass aus dem so eindrucksvollen Wirken der Gospa (die Muttergottes) eine Erneuerung des Christentums in Europa entsteht, die wir so dringend benötigen", umriss Schönborn den Beweggrund seiner ungewöhnlichen Pilgerreise. "Ich selbst möchte von der Gottesmutter lernen, wie sie Seelsorge betreibt." Dass erst jetzt ein Kardinal nach Medjugorje kam, sieht Schönborn gelassen: "29 Jahre ist lang, aber vor Gott auch wieder nicht so lange."

Knapp 29 Jahre hatte es bedurft, bis ein so hoher Vertreter der zögernden Amtskirche den Pilgerstab nach Medjugorje aufnahm. In diesen Jahren war der Unterschied immer größer geworden zwischen den Messbesuchen in den Diözesankirchen und in der Erscheinungskirche dieses Wallfahrtsortes. Die Menschen suchen im Glauben charismatische Erfüllung, nicht leere Buchstaben-Litaneien.
Wenn "Seher(innen)" aus Medjugorje im Wiener Dom sprachen, war die Kirche bis auf den Stephansplatz hinaus "voll". Der Kardinal hatte den "Sehern" den Dom geöffnet. Das zeigt von Weitsicht und Demut des Kardinal-Bischofs: dass ein Hirte nicht nur die Herde führen, sondern ihr manchmal auch folgen muss. Kann es sein, dass nun auch die Ober-Hirten im Vatikan beginnen umzudenken?
Kurt Seinitz


Soweit die Kronenzeitung. Schönborn hatte (wie schon auf Info Nr. 33 erwähnt) eine Zeitlang versucht, das "Intelligent Design" ins Gespräch zu bringen. Er hatte vielleicht angenommen, damit Intellektuelle beeindrucken zu können.
Er konnte nicht und legte daher im Frühjahr 2009 bezüglich der Idee eines "Intelligenten Entwurfes" den Rückwärtsgang ein.

Die Hinwendung Richtung "Marienwunder" von Medjugorje hat mit einem "intelligenten Entwurf" sicher gar nichts mehr zu tun.
Marienerscheinungen haben in der katholischen Kirche ja eine lange Tradition. Besonders bekannt sind die "Erscheinungen" von Lourdes und Fatima.
Allerdings halten diese keinen Vergleich mit Medjugorje aus. In Lourdes wird behauptet, Maria sei anno 1858 der 14-jährigen Bernadette Soubirous achtzehnmal erschienen, in Fatima wurden 1917 drei solche Erscheinungen von drei Hirtenkindern behauptet.
Die Kinder von Medjugorje stehen allerdings seit 1981 quasi in einer Art Dauererscheinungsdienst der "Gottesmutter". Anfangs täglich, später seltener, zurzeit monatlich verabreicht "Maria" an sechs hauptberufliche Maria-Seher ihre Botschaften.
Diese "Botschaften" lesen sich wie Äußerungen von religiösen Kindern, was sie ja auch waren. Die "Seher" haben jedoch auch im Erwachsenenalter nichts dazugelernt, die Sprüche sind immer noch banales religiöses Gesäusel, das sich ein Pfarrer in einer Predigt kaum zu verwenden getrauen würde. Man lese nach: http://www.medjugorje.ws/de/messages/.
Wenn nun Schönborn auf diese Karte setzt und - wie oben in der "Krone" angedeutet - die katholische Kirche Medjugorje wirklich offiziell anerkennt, dann wird zwar eine größere Menge fundamentalistischer Einfaltspinsel ihre religiöse Freude daran haben, aber beim Rest der Leute wird es bestenfalls Verblüffung und Kopfschütteln und in kirchenfernen Kreisen Spott und Hohn hervorrufen. Eine katholische Renaissance lässt sich mit solchen Albernheiten sicher nicht einleiten! Da es jedoch auf andere Weise auch nicht gehen wird, versucht sich Schönborn als schlicht gestrickter Marienwundergläubiger ...