Katholische Schuldumkehr

Presseaussendung der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt

Als Reaktion auf den jüngsten Kirchenskandal titelt Andreas Unterberger als Gastkommentar in Kathweb: Die Culpissima-Kirche lässt sich alles gefallen (www.kath.net/detail.php?id=32165).
Mit Sätzen wie "Für die späte Entdeckung der Frau gibt es nur zwei rationale Erklärungen: Entweder sie hat psychische Probleme oder kriminelle Energie" versucht er die typische Schuldumkehr und macht untergriffig ein ehemaliges Opfer zur Täterin. Offensichtlich fehlt Unterberger jede realistische Einsicht in die Lebenswelt einer jungen Frau, die als Flucht vor sexuellen Übergriffen tiefe Religiosität im Schutz der katholischen Kirche suchte. Was es für die junge Frau bedeutete, die zu ihrem Schutz die Jungfrauenweihe einging, dass ihr gerade dort die "Unschuld geraubt" wurde, ergibt in Unterbergers Realität keinen Sinn. Er versteht auch nicht, dass sie deshalb seelisch zu leiden begann, weil sie sich "der Unschuld beraubt" nun nicht mehr unschuldig, sondern sich schuldig fühlte, beschmutzt und geschändet und sich und ihren Körper dafür verantwortlich machte. Leider ist es immer wieder Realität, dass Unschuldige sich schämen für die Schande, die ihnen angetan wurde. Doch davon will der untergriffige Unterberger nichts wissen.

Umso ehrlicher und tapferer hat aber die heute 45-jährige "Mirjam" gehandelt. Es stimmt nämlich auch nicht dass, "sie so etwas erst nach 28 Jahren entdeckt", wie Unterberger schreibt, denn sie hat innerkirchlich nachweislich seit 1994 bei Schönborn und bei der Ombudsstelle vorgesprochen, um die Nachstellungen abzustellen, leider aber innerhalb der Kirche wie so viele ohne Erfolg. Dass nach einem so langen Leidensweg ihr seelischer Leidensdruck unerträglich wurde, und sie endlich außerhalb der Kirche Hilfe suchte, hat vermutlich ihr Leben gerettet. Sie hat seelisch schwerst an der absurden Diskrepanz zwischen kirchlichem Schein und Wahrheit gelitten und sich berechtigt die Frage gestellt: "Wieviel Leid ist genug"?

Die Vernetzungsarbeit der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt hat ihre Situation grundsätzlich geändert und sie hat Unterstützung gefunden.
Die miese Strategie kirchlicher Täter immer wieder dieselbe Leier zu spielen, greift nicht mehr: Wenn eine Person missbraucht wurde und dies nicht mehr hinnimmt und nicht zum Schweigen bringen lässt, wird sie öffentlich als geistig krank hingestellt. Bei Groër war das so, beim Domprediger in Salzburg und nun bei Maasburg und Schönborn. Dem sei jedoch folgendes noch hinzugefügt: Auch wer krank ist, kann die Wahrheit sagen. Und: Ja, es stimmt, die Kirche macht Menschen krank! Aber Glauben ist heilbar, Religion auch. Um den Staat von Lähmung durch religiöse Entzündung der Bürgerhirne zu befreien, das ähnlich wie beim Menschen durch blutsaugende Zecken verursacht wird, hilft die Einmalimpfung mit dem Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien (www.kirchen-privilegien.at).

Siehe dazu auch Info Nr. 520 und Infor Nr. 528.