Unter diesem Titel informierte Religion.ORF.at am 30.4. 2012 über Aussagen
des Vatikanexperten Marco Politi. Danach wirft dieser dem Vatikan vor, sich
von der lefebvrianischen Piusbruderschaft vorführen zu lassen und ihr immer
weiter entgegenzukommen. Papst Bendikt XVI. selbst fordere inzwischen nicht
mehr, "was er noch als Kardinal Ratzinger mit Papst Johannes Paul II. von
den Piusbrüdern verlangt hat". Konkret nannte Politi eine
klare Anerkennung der wichtigsten Reformtexte des Zweiten Vatikanischen Konzils
über Religionsfreiheit und Gewissensfreiheit sowie über die Beziehungen zu den
christlichen Kirchen und zu den anderen Weltreligionen.
Mit der Zeit habe
der Papst den Piusbrüdern praktisch "alles geschenkt". So habe er
ihnen ermöglicht, "die alte tridentinische Messe zu feiern, wann sie wollen",
und auch die Exkommunikation der vier illegal geweihten Bischöfe zurückgenommen.
Die oft als Ultimatum an die Piusbrüder charakterisierte "Lehrmäßige Präambel"
(siehe Info Nr. 757, Nr. 791 und Nr. 835) spreche nur noch "ganz allgemein
von der Notwendigkeit der Piusbruderschaft, die Autorität der Päpste und der
Konzile anzuerkennen, aber ihnen bleibt die Freiheit, dann spezifische Punkte
zu diskutieren". De facto überlasse man es damit den "Traditionalisten",
die neuesten Inhalte der Präämbel zu diktieren.
Der deutsche Chef der Piusbrüder
bestätigte in einem TV-Interview, dass man beim Vatikan einen eigenen Text dazu
eingereicht habe. Dieser Text werde nun rasch untersucht und dann Ratzinger
zur Entscheidung vorgelegt.
Soweit aus der ORF-Meldung. Ratzinger
schaut ja wirklich schon recht klapprig aus, er will es vermutlich noch schaffen,
die Piusbrüder, die ihm offenbar ideologisch sehr nahe stehen, in den Schoß
seiner heiligen Kirche zurückzuholen. Weil die Piusbrüder sind sicherlich Kämpfer
für den Vormodernismus, dem Ratzinger in seinem ganzen Handeln so hingebungsvoll
zuarbeitet. Der nach dem Zweiten Vatikanum abgeschaffte Antimodernistenseid
für Kleriker dürfte dann zwar nicht als Eid, aber zumindest in der katholischen
Praxis seine Wiederkehr feiern können.
Ich umfasse fest und nehme an alles und jedes Einzelne, was vom irrtumslosen
Lehramt der Kirche bestimmt, aufgestellt und erklärt ist, besonders die Hauptstücke
ihrer Lehre, die unmittelbar den Irrtümern der Gegenwart entgegen sind.
Erstens:
Ich bekenne, dass Gott, der Ursprung und das Ende aller Dinge, mit dem natürlichen
Licht der Vernunft durch das, was geschaffen ist, d.h. durch die sichtbaren
Werke der Schöpfung, als Ursache mittels der Wirkung, mit Sicherheit erkannt
und auch bewiesen werden kann.
Zweitens: Ich anerkenne die äußeren
Beweismittel der Offenbarung, d.h. die Werke Gottes, in erster Linie die Wunder
und Prophezeiungen, als ganz sichere Zeichen des göttlichen Ursprungs der christlichen
Religion. Ich halte fest, dass sie dem Geist aller Zeiten und Menschen, auch
der Gegenwart, auf das beste angepasst sind.
Drittens: Fest glaube
ich, dass die Kirche, die Hüterin und Lehrerin des geoffenbarten Wortes, durch
den wahren und geschichtlichen Christus selbst, während seines Lebens unter
uns, unmittelbar oder direkt eingesetzt, und dass sie auf Petrus, den Fürsten
der apostolischen Hierarchie, und auf seine steten Nachfolger gebaut wurde.
Viertens:
Ohne Rückhalt nehme ich die Glaubenslehre an, die von den Aposteln durch die
rechtgläubigen Väter stets in demselben Sinn und in derselben Bedeutung bis
auf uns gekommen ist. Deshalb verwerfe ich ganz und gar die irrgläubige Erfindung
der Entwicklung der Glaubenssätze, die von einem Sinn zu einem andern übergingen,
der abweiche von dem Sinn, den die Kirche einst gemeint habe. Ebenso verwerfe
ich jeden Irrtum, der das göttliche, der Braut Christi übergebene Vermächtnis,
das von ihr treu bewahrt werden soll, durch eine Erfindung unseres Denkens oder
durch eine Schöpfung des menschlichen Bewusstseins ersetzen will, das durch
menschliches Bemühen langsam ausgebildet wurde und sich in Zukunft in unbegrenztem
Fortschritt vollenden soll.
Fünftens: Als ganz sicher halte ich fest
und bekenne aufrichtig, dass der Glaube nicht ein blindes religiöses Gefühl
ist, das aus dem Dunkel des Unterbewusstseins im Drang des Herzens und aus der
Neigung des sittlich geformten Willens entspringt, sondern dass er eine wahre
Zustimmung des Verstandes zu der von außen durch Hören empfangenen Wahrheit
ist, durch die wir auf die Autorität Gottes des Allwahrhaftigen hin für wahr
halten, was uns vom persönlichen Gott, unserm Schöpfer und Herrn, gesagt, bezeugt
und geoffenbart worden ist.
In schuldiger Ehrfurcht unterwerfe ich mich mit ganzem Herzen und schließe ich
mich an allen Verurteilungen, Erklärungen, Vorschriften, wie sie im Rundschreiben
"Pascendi" und im Entscheid "Lamentabili" enthalten sind,
besonders, insoweit sie sich auf die sogenannte Geschichte der Glaubenssätze
beziehen.
Auch verwerfe
ich den Irrtum derer, die behaupten, der von der Kirche vorgelegte Glaube könne
der Geschichte widerstreiten und die katholischen Glaubenssätze könnten in dem
Sinn, in dem sie jetzt verstanden werden, mit den Ursprüngen der christlichen
Religion, wie sie wirklich waren, nicht in Einklang gebracht werden.
Ich verurteile und verwerfe auch die Auffassung derer, die sagen, ein gebildeter
Christ führe ein Doppeldasein, das Dasein des Gläubigen und das Dasein des Geschichtsforschers,
als ob es dem Geschichtsforscher erlaubt wäre, festzuhalten, was der Glaubenswahrheit
des Gläubigen widerspricht, oder Voraussetzungen aufzustellen, aus denen sich
ergibt, dass die Glaubenssätze falsch oder zweifelhaft sind, wenn man sie nur
nicht direkt leugnet.
Ich verwerfe ebenso eine Weise, die Heilige Schrift zu beurteilen und zu erklären,
die die Überlieferung der Kirche, die Entsprechung zum Glauben und die Normen
des Apostolischen Stuhls außer acht lässt, die sich den Erfindungen der Rationalisten
anschließt und die Kritik am Texte ebenso unerlaubt wie unvorsichtig als einzige
und oberste Regel anerkennt.
Auch die Auffassung derer verwerfe ich, die daran festhalten, ein Lehrer der
theologischen Geschichtswissenschaften oder ein Schriftsteller auf diesem Gebiet
müsse zuerst jede vorgefasste Meinung vom übernatürlichen Ursprung der katholischen
Überlieferung oder von einer Verheißung der göttlichen Hilfe zur steten Bewahrung
einer jeden geoffenbarten Wahrheit ablehnen. Die Schriften der einzelnen Väter
müssten nach rein wissenschaftlichen Grundsätzen erklärt werden unter Ausschluss
jeder Autorität und mit derselben Freiheit des Urteils, mit der man jedes außerkirchliche
Denkmal der Geschichte erforscht.
Endlich bekenne ich ganz allgemein: Ich habe nichts zu schaffen mit dem Irrtum,
der die Modernisten glauben lässt, die heilige Überlieferung enthalte nichts
Göttliches, oder, was noch viel schlimmer ist, der sie zu einer pantheistischen
Deutung der Überlieferung führt, so dass nichts mehr übrig bleibt als die nackte,
einfache Tatsache, die in einer Linie steht mit den gewöhnlichen Geschehnissen
der Geschichte, die Tatsache nämlich, dass Menschen durch ihre eigenen Bemühungen,
durch ihre Sorgfalt und Einsicht die von Christus und seinen Aposteln begonnene
Schule in den nachfolgenden Zeitabschnitten fortsetzten. So halte ich denn fest
und bis zum letzten Hauch meines Lebens werde ich festhalten den Glauben der
Väter an die sichere Gnadengabe der Wahrheit, die in der Nachfolge des bischöflichen
Amtes seit den Aposteln ist, war und immer sein wird, so dass nicht das Glaubensgegenstand
ist, was entsprechend der Kultur eines jeden Zeitabschnittes besser und passender
scheinen könnte, sondern dass niemals in verschiedener Weise geglaubt,
nie anders verstanden wurde die absolute, unabänderliche Wahrheit, die seit
Anfang von den Aposteln gepredigt wurde.
Ich gelobe, dass ich das alles getreu, unversehrt und rein beobachten und unverletzt
bewahren, dass ich in der Lehre oder in jeder Art von Wort und Schrift nie davon
abweichen werde. So gelobe ich, so schwöre ich, so helfe mir Gott und dieses
heilige Evangelium Gottes.
Theologische Neuerungen wären gemäß der
Gesinnung des Antimodernismus nicht mehr möglich. Und den Kirchenreformern könnten noch
schlimmere Zeiten bevorstehen. Wenn die Piusbrüder - als Personalprälatur wie
Opus Dei - in die katholische Gemeinschaft zurückkehren, dann kann es vielleicht
wieder ein Schisma geben. Aber diesmal auf der anderen Seite der katholischen
Gemeinschaft. Vielleicht schafft auch das der Ratzinger noch und zwingt
die Piusbrüder rein und die Pfarrerinitative raus ...