Blasphemie: Bischof fordert Strafen

Der deutsche Erzbischof Schick (Bamberg) will tief in die Vergangenheit zurück - er fordert Strafbarkeit der Blasphemie. In Österreich ist die "Herabwürdigung religiöser Lehren" strafbar (StGB § 188), in Deutschland jedoch jedwede weltanschauliche Herabwürdigung.
Die beiden Texte: § 188 in Österreich: "Wer öffentlich eine Person oder eine Sache, die den Gegenstand der Verehrung einer im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft bildet, oder eine Glaubenslehre, einen gesetzlich zulässigen Brauch oder eine gesetzlich zulässige Einrichtung einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft unter Umständen herabwürdigt oder verspottet, unter denen sein Verhalten geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."
§ 166 in Deutschland: (1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Woraus man sieht, dass sich in Österreich der Herr Bischof nicht wichtig machen müsste, den Paragraphen, den er fordert, den gibt's im katholischen Österreich. In Deutschland schaut das anders aus, dort muss der öffentliche Friede gefährdet werden, wenn sich nur ein Bischof ärgert oder die religiösen Gefühle der alte Oma gekränkt sind, gibt's keine Strafen. Außerdem macht Deutschland keinen Unterschied zwischen Religion und säkularen Weltanschauungen, in Deutschland könnte also z.B. ein Bischof, der Ungläubige beschimpft, nach diesem Paragraphen geklagt werden, wenn deswegen eine heftige öffentliche Unruhe unter Atheisten entstünde.

Was will nun Bischof Schick und warum will er das? Er meint, Satire über religiöse Einstellungen und Gefühle stelle eine Verletzung der im Grundgesetz garantierten Menschenwürde dar. "Wer die Seele der Gläubigen mit Spott und Hohn verletzt, der muss in die Schranken gewiesen und gegebenenfalls auch bestraft werden".
Das wird schwierig. Weil dazu müsste erst rechtlich die Existenz von Seelen nachgewiesen werden.

Weiters meint der hoffnungsfrohe Zensor: Gegen "heilige Personen, heilige Schriften, Gottesdienste und Gebete sowie heilige Gegenstände und Geräte aller Religionen" dürfe kein Spott und Hohn zugelassen werden.
Dann wäre es strafbar, das Turiner Grabtuch als Fälschung zu bezeichnen oder nicht an die Marienerscheinungen in Lourdes zu glauben. Denn die Lourder Bernadette wäre dann eine unantastbare katholische Heilige und keine Verrückte.

Dann wird Schick wirklich witzig: er beruft sich auf das bekannte Bild von Ratzinger, das vom Satiremagazin Titanic im Juli veröffentlicht wurde und dessen Zensierung in Deutschland weitflächig funktionierte, siehe Info Nr. 955. Auweh, jetzt wird's kompliziert! Was ist der Ratzinger? Eine heilige Person? Nein, sicher nicht, dazu muss er zuerst sterben und dann heilig gesprochen werden, eine Schrift, ein Gegenstand oder Gerät ist er auch nicht, aber vielleicht verletzte das Titanic-Bild die Seele von Gläubigen? Die brauchen jetzt psychologische Hilfe, weil sie am Bahnhofskiosk das Titanic-Heft 7/2012 gesehen haben? Und darum müssen die Übeltäter abgestraft, muss deren Menschenwürde herabgewürdigt werden. Früher gab's schließlich fallweise die Lebendfeuerbestattung für Leute, die sich über Papst und Kirche lustig machten, heute darf das jeder und die Polizei fährt leider nicht mit Blaulicht und Folgeton aus, um religiöse Einstellungen und Gefühle vor Spott und Hohn zu schützen.