Ab zur Arbeit, Atheisten!

So war am 5.11.2017 ein Artikel im Berliner "Tagesspiegel" getitelt. Es geht wieder einmal darum, dass es eine Menge christlicher Feiertage gibt, die aber auch für Nichtchristen gelten. Ein gewisser Thomas Loy will Letzteres abschaffen

Thomas Loy: Feiertage dienen heute mehr zum Autowaschen als der seelischen Erhebung. Der Ausweg: Christliche Festtage sollten nur noch für Christen gelten. Ein Rant. (Anm.: engl. "rant" ist eine Schimpftirade, Wutrede)
Die Läden sind dicht, was kann man sonst noch machen an einem Reformationstag-Sonderurlaub 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin Luthers und der Epochenwende vom abergläubischen Mittelalter in die aufgeklärte Neuzeit? Das Auto waschen.
Die Generalreinigung der wetterfesten Mobilitätshilfe gehört zu den beliebtesten Feiertagsbeschäftigungen der Deutschen. Sagt keine Umfrage, sage ich. So erlebt am Reformationstag. Volltanken ist auch sehr beliebt. Nach dem brückentagsverlängerten Wochenendausflug an die verregnete Ostsee.
Atheistischer Kommentar: Und was ist mit protestantischen Kirchenmitgliedern, die nicht in der Kirche sitzen, sondern ihr Auto waschen? Müsste dann nicht jeder Christ an einem christlichen Feiertag seiner Firma eine kirchliche Bestätigung vorlegen, dass er sich am Feiertag kirchlich und nicht autowaschend betätigt hat oder sich ein verlängertes Ostseewochenende leistete?

Thomas Loy: Artikel 140: Feiertage dienen der "Arbeitsruhe und seelischen Erhebung"
Christliche Feiertage wurden mal erfunden, um Christen Zeit zu geben, ihren Glauben zu verinnerlichen. Sogar im Grundgesetz ist festgehalten, Feiertage dienten der "Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung", Artikel 140. Inzwischen haben immer weniger Kirchensteuerzahler das Bedürfnis, sich seelisch zu erheben, Pfingsten dem heiligen Geist zu öffnen oder Himmelfahrt einer Bittprozession anzuschließen. Da zumindest in Berlin und Ostdeutschland Atheisten und Nicht-Christen in der absoluten Mehrheit sind, muss man diese Glaubensleere auch gar nicht weiter bedauern. Bleibt die Frage: Was macht das olle Feiertags-Gedöns dann noch für einen Sinn?
Atheistischer Kommentar: Feiertage wurden nicht von den Christen erfunden, Ostern und Weihnachten feierten Menschen als Jahreszeitenfeste schon lange Zeiten vor der Erfindung des Christentums, siehe etwa die kalendermäßigen Einrichtungen im altzeitlichen Stonehenge! Das Christentum hat ihre Feste und Feiertage dem alten vorhandenen Brauchtum angepasst!
Und zum Artikel 140, im Artikel drei des deutschen Grundgesetzes der Absatz drei: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden." Das Grundgesetz untersagt rechtliche Unterscheidungen nach religiösen oder politischen Anschauungen!

Thomas Loy:
Vier mögliche Auswege aus der Sinnkrise:
1. Christliche Feiertage abschaffen, bis auf Weihnachten und Ostern: Hätte den Vorteil, dass zum Ausgleich des Freizeitverlustes zwei jüdische und zwei islamische Feiertage gesetzlich festgeschrieben werden könnten. Dann hätte jede Religion ihre höchsten Feiertage staatlich verbrieft. Problem: Was machen Christen und Atheisten an jüdischen Feiertagen und Juden an muslimischen?
Atheistischer Kommentar: Wie schon festgestellt, Weihnachten und Ostern sind altzeitliche Menschheitsfeste, Wintersonnenwende und Frühlingsbeginn waren wichtige jährliche Wendezeiten! Und sich über den wieder länger werdenden Tag zu freuen oder über das Erwachen der Natur, das ist doch wohl nicht von der Religion abhängig!

Thomas Loy: 2. Christliche Feiertage umbenennen: Himmelfahrt könnte zur Bierprozession erklärt werden, Pfingstmontag zum Tag der Freilichtbühnen, der Reformationstag zum - na ja, Autowaschtag. Problem: Deutschland macht sich zum internationalen Gespött.
Atheistischer Kommentar: Nachdem diese christlichen Feiertage ohnehin kaum noch ein Interesse in der Bevölkerung finden, wäre es viel einfacher Feiertage wie Himmelfahrt, Pfingsten, Fronleichnam etc. abzuschaffen und dafür die Anzahl der Urlaubstage zu erhöhen. Die praktizierenden Christen nehmen sich dann zu Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag usw. einen Urlaubstag und die anderen nehmen sich die Urlaubstage nach persönlichen Vorlieben.

Thomas Loy: 3. Jedes Bundesland bekommt ein festes Feiertagskontingent und kann in eigener Regie Kalendertage verfeiern. Also etwa die Fête de la Musique am 21. Juni oder den Internationalen Tag des Kindes. Auch ein Mauerfalltag wäre denkbar. Problem: Das Durcheinander der Feiertage von Land zu Land wird noch größer.
Atheistische Anmerkung: In der BRD sind Feiertage Landesrecht.

Thomas Loy: 4. Christliche Feiertage nur noch für Christen: Also nur noch aktive Kirchensteuerzahler dürften der Arbeit fern bleiben. Hätte den charmanten Reiz, dass die Konfessionen mal wieder einen echten Trumpf in die Hand bekämen, die Abtrünnigen zurück in den Schoß der Kirche zu bewegen. Das Heilsversprechen fürs Jenseits, die Sakramente und das christliche Bestattungszeremoniell ziehen ja nicht mehr richtig.
Atheistischer Kommentar: Das ist gut beobachtet, die kirchlichen Angebote ziehen nimmer so richtig. Aber das betrifft auch den Sonntag! Und der Sonntag ist frei, weil der HErr im §3 seiner zehn Gebote befohlen hat; "Du sollst den Tag des HErrn heiligen!" In der BRD gehen laut kircheneigener Angaben sonntags knapp 11% der Katholiken und 3% der Protestanten in die Kirche. Also: Sonntag abschaffen für alle, die sonntags nicht die heilige Messe besuchen! Die Messbesucher erhalten ein pfarrliche Bestätigung, diese montags in der Firma abgeben! Aber regelmäßige freie Tage gab es schon im alten Babylon!

Thomas Loy: Bingo! Nummer 4 gewinnt. Um es mit Luther zu sagen: Die Feiertage werden vom Kopf wieder auf die Füße gestellt, der Ablasshandel mit Brückentagen wird unterbunden und die Regeln und Werte des Zusammenlebens im christlich geprägten Deutschland wären nicht mehr auf das schlanke Grundgesetz reduziert.
Atheistischer Kommentar: Ja, das lässt sich ganz einfach machen, man lasse die vorchristlichen Traditionen (Ostern, Weihnachten) weiterhin gelten, auch die staatlichen Feiertage, aber alle christlichen oder sonst wie religiösen Feiertage werden abgeschafft und durch entsprechende Erhöhung des Urlaubsausmaßes ersetzt! Der Herr Loy will jedoch daraus eine Art Religionszwang haben, ein Tauschgeschäft: Feiertage gegen Kirchensteuer!

Thomas Loy: Bei Weihnachten und Ostern wissen auch Nicht-Christen, worum es geht - Natürlich können derart zur Umkehr bewegte Christen immer noch die Feiertags-Gottesdienste schwänzen, aber sie zahlen immerhin ihren Beitrag, damit die Gemeinden überhaupt noch Gottesdienste anbieten können, die Kirchen instand gehalten und geheizt werden und nicht nur als leere Hülle zur Bereicherung des Stadtbilds herumstehen. Wer Angst hat vor der schleichenden Islamisierung Deutschlands, sollte sich mal an die eigene Nase fassen und das Christentum in sich aktivieren. Hat Kanzlerin Angela Merkel gesagt, bei einer Diskussionsrunde, und sie hat recht.
Atheistischer Kommentar: Wie immer bei der christlichen Religion: es geht ums Geld! Aber wenn die Kirchen sonntags leer sind, dann kann man sie ja zusperren, wegreißen, verkaufen, es gibt inzwischen sogar schon Wohnkirchen! Und das Gegenteil von der Islamisierung ist nicht die Re-Christianisierung, sondern die Säkularisierung!

Thomas Loy: Okay, Weihnachten und Ostern bleiben ausgenommen, da wissen ja auch Nicht-Christen so ungefähr, worum es geht. Lösungen 4 und 1 in Kombination würde die Gleichberechtigung der Religionen fördern, ohne die christliche Prägung aufzugeben.
Atheistischer Kommentar: Ja, das wissen alle, Ostern fällt ungefähr in die Zeit, wo das Frühjahr beginnt und Weihnachten in die Zeit wo die kurzen Tage wieder länger zu werden beginnen, das haben die Völker schon seit Jahrtausenden gefeiert und sollten sie auch weiterhin tun! Die christliche Prägung war nur eine Umprägung alter Feste!

Thomas Loy: Wer weder Christ noch Jude sein möchte, arbeitet eben weiter und steigert das Bruttosozialprodukt. Besonders Ostdeutschland könnte von der neuen Feiertagsregelung ungemein profitieren.

Atheistischer Kommentar: dazu nochmals der Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (..)
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Aber das interessiert die tiefchristlichen Ungläubigenhasser nicht, das Thema taucht ja ungefähr vierteljährlich irgendwo in den Medien auf! Es wird trotzdem nichts werden mit "Ab zur Arbeit, Atheisten!"