Jeden Sonntag predigen die Pfarrer in der Kirche über die im aktuellen Kirchenjahr vorgesehene Stelle in der Bibel. Sogar Menschen, die nie in die Kirche gehen, können diese Predigten in der Heiligen Kronenzeitung nachlesen, denn dort predigt Kardinal Schönborn eigenhändig. Auf der Homepage der Diözese Wien ist die Predigt ebenfalls zu finden - hin und wieder allerdings nicht dieselbe.

Solche Sonntagspredigen reizen auch Atheisten. Zu den Bibeltexten fällt einem nämlich oft ganz was anderes ein als dem Herrn Schönborn. Darum wird auf ATHEISTEN-INFO fast immer auch ein Wort zum Sonntag losgelassen.


Wegen der Länge der Dateien werden diese regelmäßig geteilt
Teil 4 - Nr. 91 bis 120

Die Sonntagsworte von Juli 2010 bis Juni 2011 sind auf sonntag1_30.html zu finden, von Juli 2011 bis Februar 2012 auf sonntag31_60.html, von Februar bis September 2012 auf sonntag61_90.html, von September 2012 bis März 2013 hier, von März bis Oktober 2013 auf sonntag121_150.html, von Oktober 2013 bis Mai 2014 auf sonntag151_180.html und von Mai bis November 2014 auf sonntag181_210.html, von Ende November 2014 bis Mai 2015 auf sonntag211_240.html, von Mai 2014 bis Ende 2015 auf sonntag241_270.html, von Dezember 2015 bis Ende Mai 2016 auf sonntag271_300.html, von Ende Mai bis Anfang Dezember 2016 auf sonntag301_330.html, von Anfang Dezember 2016 bis Ende Mai 2017 auf sonntag331_360.htmlDie aktuellen Sonntagsworte sind auf sonntag.html.


Das 120. Wort zum Palmsonntag, am 24. März 2013

Lk 19, 28-40: In jener Zeit ging Jesus nach Jerusalem hinauf. Als er in die Nähe von Betfage und Betanien kam, an den Berg, der Ölberg heißt, schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr ihn los?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn. Die beiden machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie den jungen Esel losbanden, sagten die Leute, denen er gehörte: Warum bindet ihr den Esel los? Sie antworteten: Der Herr braucht ihn. Dann führten sie ihn zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und halfen Jesus hinauf. Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf der Straße aus. Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Ein aufmüpfiger Prediger, der die herrschende Pharisäer-Clique vermutlich noch weniger mag als der Helmut Schüller die heutigen Oberpharisäer in der katholischen Kirche, predigt Umkehr und Besserung. Speziell fordert er auch, dass sich die damaligen Kleriker selber an ihre Lehren halten. Sowas mögen heute manche Leute in der römischen Kurie auch nicht und kämpfen so eifrig für ihre Privilegien, dass jüngst sogar ein Papst in Frühpension auf Erden ging, statt in den üblichen Ruhestand im Himmel. Sowas mochten auch damals die wohlpositionierten Funktionäre nicht und sie wussten auch, was man dagegen machen kann. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit hat man solche Leute auf den Scheiterhaufen gestellt, während der römischen Besatzungszeit im damaligen Nahen Osten war die Kreuzigung die gebräuchliche Vorgangsweise.

Die biblischen Geschichten dazu sind natürlich keine Tatsachenberichte. Zum Beispiel ist der berühmte Einzug des Jesus in Jerusalem auf einem Esel eine einem Propheten geschuldete Darstellung (Sacharja 9:9): "siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig und er reitet auf einer Eselin." Die Verfasser der neutestamentarischen Schriften bemühten sich ja ständig, irgendwelche Messias-Prophezeiungen und Messias-Beschreibungen aus den mosaischen religiösen Texten in ihre Dichtungen einzubauen.

Die Meinungsverschiedenheiten mit der herrschenden Pharisäerfraktion werden ins heutige Evangelium ebenfalls eingebaut, Jesus wurde allerdings zum gottessöhnlichen "Messias" erst Jahre nach seinem mutmaßlichen Tod befördert, bis zu seiner Hinrichtung hielt ihn niemand für einen Gottessohn, sondern er war eben ein Wandererprediger wie Johannes der Täufer, der Reformen verlangte, allerdings keine zeitgeistigen wie die Pfarrerinitiative, sondern rückwärtsgewandte, religiös war er also so eine Art jüdische Ausgabe der Piusbrüder.

Aber sei's drum, was weiß der Schönborn heute darüber? Der Einzug in Jerusalem wäre der Höhepunkt im Leben Jesu gewesen und die Jünger hätten das Friedensreich des Messias erwartet. Aber es kam dann anders, weil Jesus ja alle Sünden der Welt durch seinen Opfertod hinwegzunehmen beabsichtigte. Das schreibe ich hier als Vorgriff auf den Karfreitag, weil beim Schönborn steht das heute noch gar nicht, heute freut er sich über den Eselsritt. Amen.


Das 119. Wort zum Sonntag, den 17. März 2013

Joh 8, 1-11: In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

Heute hab ich für meine Sonntagsworte wieder eine Zusatzarbeit. Wegen des endlosen Papstgeschwurbels auf der Homepage der Wiener Diözese sind dort die Predigerworte vom Schönborn für den heutigen Sonntag nicht zu finden. Daher muss ich die Zitate aus der Kronenzeitung wieder selber abtippen.

Als erstes fällt mir zum heutigen Evangelium ein alter Witz ein, der die obige Steinwerfer-Szene mit einem besonderes wichtigen katholischen Glaubenssatz konterkariert. Also Szene wie oben, Jesus sagt "Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!" Bums, sofort fliegt der Angeschuldigten ein Stein an den Kopf. Jesus schaut, wer geworfen hat und sagt, "Mama, du nervst!"

Das passt aber wunderbar zur katholischen Kirche. Dort ist nicht nur die Gottesmutter Maria ohne Sünde, sondern man trachtet danach, die heilige katholische Kirche auch so sehen zu wollen. Jedenfall verkündete der neue Franz in Rom auf seiner ersten Messe als Papst, "Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel. Wer sich nicht zu Christus bekennt, gibt die Welt der Weltlichkeit des Teufels anheim."

Papst Franz schmeißt also an seinem ersten päpstlichen Arbeitstag gleich auf alle, die nicht zum Jesus beten, mit Steinen. Für ihn gibt es als Weltanschauung nur den katholischen Jesus, alles andere ist des Teufels und er ist sich offenbar ganz sicher, selber ohne Sünden zu sein.
So, das genügt für heute, die Tipperei für das Gesäusel vom Schönborn schenk ich mir. Amen.

Achja, noch was. In der Sonntagsbeilage der Kronenzeitung begann am 17.3. ein Seite nach der Schönborn-Predigt eine neue Serie über "übersinnliche Phänomene", Teil 1 handelte vom Hellsehen und eine Hellseherin durfte für sich und ihre angebliche Kunst Reklame machen. Die Sonntagskrone bietet daher hintereinander institutionalisierten katholischen Glauben und gewöhnlichen volksdümmlichen Aberglauben. Damit jeder was hat, der gerne was glaubt, statt was zu wissen!


Das 118. Wort zum Sonntag, den 10. März 2013

Lk 15, 1-3.11-32: In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. (hier fehlen zwei kurze Gleichnisse über das verirrte Schaf und über den verlorenen Groschen) Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land, und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon. Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen, und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner. Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand, und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand, und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her, und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern. Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet. Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden.

Heute sind wir in der seltsamen Lage, dass das Evangelium deutlich länger ist als die Interpretation vom Schönborn, 2922 zu 1780. Also werd ich aufpassen, auch nicht zu lange zu werden. Heutzutage ginge das im Evangelium Geschilderte deutlich schwerer, weil in unseren Breiten, wo man ja nimmer so religiös ist, aber ein geordnetes Sozialrecht hat, bräuchte auch einer, der alles verprasst hat, nicht bei den Schweinen mitzufressen.

Aber es geht ja um ein Gleichnis: auch wer sich von Gott abwendet, wird von Gott wieder aufgenommen, soll das heißen. Schönborn: "Gott schaut immer aus nach mir, wartet liebevoll, ja sehnsüchtig auf meine Heimkehr, auch wenn ich mich noch so weit von ihm entfernt habe. Und wenn ich zu meinem Vater, zu Gott, heimkehre, dann erwarten mich keine Vorwürfe, keine Anschuldigungen, sondern nur die Freude: Mein Kind, gut dass du lebst, schön dass du wieder zu Hause bist!"

Komischerweise hat aber gerade die katholische Kirche bei Glaubensabweichlern und -abfallern immer sehr streng Beichte und Busse und Unterwerfung verlangt. Jetzt eher nimmer, weil ja niemand mehr zum Rückkehren gezwungen werden kann und die vereinzelten Rückkehrer was ganz Besonderes sind. Bei den Aktionen, mit denen man Kirchenaustreter zwecks Wiedereintritts belästigt, treten sowenige wieder ein, dass auch etwaige Feste nicht viel kosteten, aber geben tut's natürlich keine.

Dann nimmt sich Schönborn noch des verärgerten älteren Bruders an, er schreibt: "Er ist seines Glaubens nicht froh, dieser ist ihm zur Gewohnheit, ja zur Last geworden. Auch ihn verurteilt der Vater nicht. Er lädt ihn nur zur Freude ein: 'Mein Kind, du bist immer bei mir!' Und da soll er nicht ein froher Christ sein?"

So einfach geht das alles, die Last des Glaubens tragen die Katholiken, weil sie dann immer beim HErrn sind und deswegen frohe Christen. Zu schade für die Kirche, dass das im wirklichen Leben nicht so ist. Amen.


Das 117. Wort zum Sonntag, den 3. März 2013

Lk 13, 1-9: Zu jener Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.

Heute haben wir wieder eines der knifflichsten, wenn nicht überhaupt das heikelste Christenthema, das Theodizeeproblem: Warum lässt ein guter Gott Böses (Schicksalsschläge, Katastrophen, Verbrechen, Kriege) zu. Der üblichen Argumentation dazu kann die christliche Lehre nichts entgegenhalten.
Diese der Einfachheit halber aus Wikipedia:
Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
Oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
Oder er will es nicht und kann es nicht:
Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
Oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?

Wie redet sich nun heute Schönborn aus dem Wirbel heraus, den ihm der Lukas im heutigen Evangelium als Gotteswort eingebrockt hat? Der Herr Kardinal glaubt eine Bruchstelle entdeckt zu haben, an der er ansetzen kann, zuerst benennt er das Theodizee-Problem: " Ist das Leid Gottes Strafe? Oder ist Gott so ohnmächtig, dass er Leid nicht verhindern kann? Oder ist er so herzlos, dass er es nicht verhindern will?" Und mit dem nächsten Satz entfernt er sich vermeintlich geschickt von den von ihm selbst gestellten Fragen: "Die Antwort Jesu ist überraschend. Er geht gar nicht auf die Frage ein, ob diese ermordeten Galiläer besondere Sünder waren, ob Gott sie gestraft hat oder warum er das Leid nicht verhindert hat. Jesus wendet den Blick auf uns selber."

Dann glaubt er eine Pointe ohne einen bösen Gott zu haben: "Diese Schreckensnachricht soll euch zum Nachdenken bringen. Sie soll mir zur Frage werden: Wie stehe ich selbst vor Gott? Wie wäre es mit mir, wenn ich plötzlich Opfer der Gewalt würde und vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen müsste? Die Frage nach dem Leid der Anderen ist immer auch eine Frage an mich: Was will Gott mir durch diese Nachricht sagen? Und Jesus gibt eine klare Antwort: Du selbst musst umkehren, dich bekehren und dein Leben ändern."

Dabei bemerkt der Herr Bischof nicht, dass er sich damit selber erst recht hineinreitet: Der liebe Gott bringt also Menschen um, damit sie als abschreckendes Beispiel dienen, ob sie selber besondere Sünder waren, spielt laut Schönborn dabei keine Rolle, um diese Frage ginge es gar nicht. Die Nichtbetroffenen sollten Unglücksfälle als göttliche Mahnungen sehen und ihr Leben ändern.

Übersetzen wir das heutige Evangelium in die heutige Zeit. Ein Flugzeug stürzt ab, ein Terrorist macht ein Sprengstoffattentat. Warum lässt Gott zu, dass dabei eine Menge Leute unter Qualen zu Tod kommen? Alte und Junge, Kinder und Erwachsene, Reiche und Arme, Gauner, solche mit Unschuldsvermutung, Unverdächtige und relativ Anständige. Krawumm, alle tot. Und der liebe Gott macht das, bzw. lässt es zu, damit der liebe Christ in sich geht, umkehrt, seine Sünden beichtet und bereut, am Sonntag zur Kirche geht, den Leib des HErrn verspeist und wenn ihn nächstens ein Auto überfährt als geläuterte Leiche zur Belohnung in den Himmel kommt.

Hat der liebe Gott die Opfer des Absturzes oder des Anschlags danach ausgesucht, ob sie bei früheren Unglücksfällen, diese Unglücke nicht als Aufforderung zur Umkehr aufgefasst haben? Oder noch konkreter: Ein Baby wird bei einem Autounfall erdrückt. Hat der liebe Gott das Kind erdrückt, weil seine Eltern aus anderen Unglücken nichts gelernt haben und immer noch diese sündhafte Empfängnisverhütung betreiben?

Also irgendwie glaub ich: Schönborn hat in seiner Interpretation des Bibeltextes die Sache nicht zu Ende gedacht
- warum sein allmächtiger und allgütiger Gott Böses zulässt, ohne selber böse zu sein - er hat versucht, sich dadurch hinauszuschwindeln, dass er die Unglücksopfer sozusagen zu einer Art leidfreien Sache verdinglichte. Aber eigentlich müsste man von einem Kardinal erwarten dürfen, dass er nicht so haarsträubend windschief argumentiert und für die einen Opfer die Theodizee-Frage gar nicht stellt, sondern sie nur als Warnung für spätere Opfer missbraucht. Ganz zu schweigen davon, dass der umgehauene Feigenbaum am Schluss des Evangeliums ein Symbol für die ewige Verdammnis ist. Aber über das Heulen und Zähneknirschen im Ewigen Feuer, von dem sein lieber Jesus so oft sprach, traut sich Schönborn ja gar nimmer zu predigen. Amen.


Das 116. Wort zum Sonntag, den 24. Februar 2013

Lk 9, 28b-36: In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte. Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte. Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst. Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein. Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.

Der obige Text ist bei Mk 9, 2-10 fast wortgleich und war das Predigtthema am 4.3.2012 (62. Wort zum Sonntag). Was Anlass sein soll, einen Vergleich der Schönborn-Predigten zu ziehen. Aber einleitend sei hier derselbe Gag wie beim Sonntagwort Nr. 62 eingebaut:


In beiden Varianten des Evangeliums erzählen die Jünger über die wunderbare Bergbesteigung nichts weiter, bei Lukas schwiegen die Jünger, bei Markus verbat es ihnen Jesus, zu seinen Lebzeiten etwas zu erzählen. Denn schließlich entstand die Geschichte vom "Gottessohn" ja erst nachdem die Jesus-Sekte mit ihren Bekehrungspredigten gescheitert und ihr Anführer nimmer greifbar war. Wenn es einen historischen Jesus gegeben hat, dann hat der von seinem Gottessohntum nie was gesagt, auf die Idee ist er gar nicht gekommen. Und deshalb durften in den nachträglichen Erzählungen übern Jesus häufig solche Dinge nicht vorkommen, die zu seinen Lebzeiten in der Realität auch nicht geschehen sind: weil sonst hätten Zeitzeugen ja sagen können, davon hätte man seinerzeit nie was gehört. Darum sagt es der Vatergott nur drei Leuten, dass der Jesus sein auserwählter Sohn wäre und die drei behalten das für sich.

Aber schau'n wir zum Schönborn. Voriges Jahr schloss er mit: "Es ändern sich Menschen zum Besseren. Die Verklärung Christi ist wie ein Leitstern. So soll es auch bei uns werden. Gott will in unserem Leben aufleuchten, es zum Leuchten bringen. Dabei wird das Leid nicht ausgespart. Jesu Weg ging über das Kreuz. Das Ziel aber war Verwandlung. Ein gutes Ziel für die Fastenzeit!" Heuer endet seine Sonntagspredigt mit: "Und nun zeigt sich das Erstaunliche: Das Innere beginnt zu strahlen. Ein Mensch, der sich Zeit nimmt, in sich zu gehen, wird eine positive Ausstrahlung bekommen. So sehe ich das heutige Evangelium von der Verklärung Christi. Es zeigt wie Jesus strahlend, leuchtend geworden ist. Nicht durch Scheinwerfer, sondern von innen heraus. Was die drei Apostel damals mit Jesus am Berg erlebten, das gibt es in kleinerem Maß bis heute. Überall wo Menschen ernsthaft umkehren, wo sie "in sich gehen" und dabei die Erfahrung der inneren Gegenwart Gottes machen, da beginnt ihr Leben zu leuchten, von innen heraus. Das ist der Sinn der Fastenzeit und nicht ein paar Kilo weniger (auch wenn das kaum ein Schaden ist)!"

Voriges Jahr leuchtete Jesus nach außen, heuer sollen die Menschen nach innen gehen. Der Zweck bleibt derselbe, die Leute sollen sich zu Gläubigen wandeln. Wem erzählt das der Schönborn? In der Kirche den anwesenden Gläubigen, aber die werden eher schon gewandelt, bzw. umgekehrt, bzw. schon seit früher Kindheit zu Christen gezüchtet worden sein, sonst säßen sie nicht in der Kirche. Aber der Wiener Bischof kann mittels Kronenzeitung ja auch direkt hinaus in die Öffentlichkeit predigen. Da wird es bestimmt auch hin und wieder passieren, dass sich ein religiös Unbeteiligter die Predigtseite in der Sonntagsbeilage der Kronenzeitung anschaut.

Da möchte man nun wetten: gewandelt hat sich deswegen noch niemand und auch umgekehrt ist keiner. Die Predigt ist wie immer eine Ansprache an religiös Geschädigte und keine an die berühmten Religionsfernen, die der Schönborn immer so gern missionieren möchte. Warum probiert er sowas eigentlich nie? Weiß er nicht, wie er das anfangen sollte? Oder weiß er, dass das sowieso nicht funktionieren würde?


115. Wort zum Sonntag, den 17. Februar 2013

Lk 4, 1-13: In jener Zeit verließ Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger. Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot. Da führte ihn der Teufel auf einen Berg hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.

Die Doppelfigur des Jesus liefert heute wieder ein dialektisches Problem. Die ursprünglichen Jesusgeschichten kamen ja ohne diese Gottessohn-Story aus, das wurde erst nach dem vorläufigen Scheitern der Reformsekte eines jüdischen Wanderpredigers entwickelt. Der Wanderprediger konnte noch vom Teufel versucht werden. Einen Gottessohn zu versuchen, wäre hingegen theologisch betrachtet für einen Teufel eine verteufelt schwierige Aufgabe. Schönborn weist daher einleitend vorsichtig auf diesen Widerspruch hin, er schreibt: "Auch Jesus kannte die Versuchung. Er war ganz Gott und ganz Mensch. Als Mensch hatte er mit Versuchungen zu ringen wie wir. Mit einem Unterschied: Er ist ihnen nicht erlegen. Er hat sie besiegt."

Wenn der Jesus gleichzeitig ganz Gott und ganz Mensch ist, dann kann ihm aber jedwede Versuchung ganz wurscht sein, was sollte ihn als eine Falte des allmächtigen dreifaltigen Gottes versuchen?
Dass er zulange gefastet hat? Als allwissende Gottesfalte weiß er ja alles darüber und er kann ganz als Gott und Mensch agieren: mein Wille geschehe wie Himmel also auch auf Erden.

So wie die Situation vom Schönborn interpretiert wird, müsste sein Gott Jesus an Bewusstseinsspaltung gelitten haben, also konkret je nach Bedarf abwechselnd ganz Gott oder ganz Mensch gewesen sein. Wenn er dann hungrig als ganzer Mensch in der Wüste saß und der Teufel führt ihn in Versuchung, sich ein Brot herbeizuwundern, wird dann der Mensch Jesus zum Gott Jesus und wundert - dem Teufel zu Fleiß - kein Brot herbei? Oder bleibt er zu Fleiß Mensch? Und was ist da seine Leistung? Dass er alles, was ihm der Teufel als Versuchung serviert, nicht braucht, weil für ihn als Gottessohn eh nichts dabei ist, was ihm nicht sowieso zustände? Die Versuchung des Jesus durch den Teufel bewegt sich proportional gesehen auf dem Niveau als würde jemand beispielsweise dem Bill Gates oder dem Warren Buffett anbieten, ihm einen Tausender zu schenken, wenn er dafür im Wall Street Jourrnal gelobt ("angebetet") würde. Gates und Buffet würden dieser Versuchung sicherlich problemlos widerstehen können.

Aber was schlussfolgert der Schönborn aus dieser sinnlosen Bibelstelle? Er zählt die drei Dinge auf, die uns in Versuchung führten, Genusssucht, Habsucht, Geltungssucht.
Zur Genusssucht hier eine Zeichnung, man könnte sie betiteln "Theorie und Praxis":


Zur Habsucht muss man die Frage stellen, wie die Sache mit den kirchlichen Reichtümern ausschaut, die man so eifrig zu verbergen oder wenigstens kleinzureden trachtet, aber dabei ständig die Hände offen hält. Dazu ein historisches Beispiel: die "Konstantinische Schenkung", eine Urkundenfälschung mit der sich die katholische Kirche im Mittelalter riesige Besitztümer unter den Nagel riss, war der größte Betrug in der Geschichte der Menschheit. Bis heute hat die katholische Habsucht nicht nachgelassen. Nicht umsonst bemühen sich immer wieder Journalisten um die Behandlung der Frage der katholischen Kirchenhabsucht.


Und zur Geltungssucht das Titelblatt der heutigen Sonntagsbeilage der Kronen Zeitung - in dieser Beilage ist auch Schönborns Predigt:


Schönborn schließt mit: "Die Fastenzeit will eine Schule der Freiheit sein. Jede Sucht macht unfrei. Sie fesselt uns an uns selber. Gegen die drei Grundversuchungen hat Jesus gekämpft, und er hat gesiegt. Weil er nicht sich selber zum Mittelpunkt gemacht hat, sondern Gott und den Nächsten."

Ich ergänze dazu: "Alles, was Spaß macht, ist entweder ungesund, unmoralisch oder macht dick", und darum brauchen wir die katholische Kirche, damit sie den Menschen den Spaß an der Freude austreibt. So richtig funktioniert das aber nimmer. Nicht einmal der Schönborn geht jetzt in die Wüste und fastet vierzig Tage lang, er redet nur darüber. Amen.


114. Wort zum Sonntag, den 10. Februar 2013

Lk 5, 1-11: In jener Zeit, als Jesus am Ufer des Sees Genesaret stand, drängte sich das Volk um ihn und wollte das Wort Gottes hören. Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in das Boot, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus auf den See! Dort werft eure Netze zum Fang aus! Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen. Das taten sie, und sie fingen eine so große Menge Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. Deshalb winkten sie ihren Gefährten im anderen Boot, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen, und gemeinsam füllten sie beide Boote bis zum Rand, so dass sie fast untergingen. Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder. Denn er und alle seine Begleiter waren erstaunt und erschrocken, weil sie so viele Fische gefangen hatten; ebenso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Und sie zogen die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm nach.

Schönborn wäre auch gerne ein Menschenfischer, der viele Fischlein in sein Boot holen kann. Es ist höchst bezeichnend, dass in den biblischen Geschichten die Christen nicht als verständige Menschen gesehen, sondern als dumme Tiere personifiziert werden. Da gibt es die dummen Schafe, die vom Hirten geführt werden. Wobei ständig drauf vergessen wird, dass nicht der Hirte für das Wohl der Schafe da ist, sondern für das Wohl des Herdenbesitzers, der die Schafe ökonomisch verwertet. Auch die Fischer fangen Tiere aus deren Lebenswelt weg, um sie zu verwerten. Ein Fisch wird nicht den geringsten Wert darauf legen, gefischt zu werden. Aber Menschen sollen sich über "Menschenfischer" freuen und die "Menschenfischer" bemerken nicht einmal die barbarische Form der Gleichsetzung von "Fisch" und "Christ".

Aber sowas zu bemerken, das schafft ein Kardinal nicht, der freut sich, wenn menschliches Viehzeug zur kirchlichen Verwertung zusammengetrieben wird. Schönborn greift in seiner Predigt auf ein Rundschreiben vom Jänner 2001 zurück, das der damalige Papst Wojtyla anlässlich des Anbruchs eines neuen Kalenderjahrtausends aussenden ließ. Das Leitmotiv dieser Papstbotschaft hieß "Fahr hinaus auf den See", Fische, die dumm genug sind, um ins Netz zu gehen, werden also auch im 3. Jahrtausend erwartet.

Aber die Zeiten haben sich gewandelt. In den aufgeklärten Teilen der Welt herrscht Fischmangel und um den Fischbestand raufen sich viele Fischer, das katholische Fischereimonopol ist schon lange erloschen. Das hat dazu geführt, dass die katholischen Fischer zwar ständig vom Fischen reden, aber es gar nimmer versuchen, hinauszufahren und ihre Netze auszuwerfen.

Irgendwie erinnert das Herangehen an die ständig propagierte, aber nie konkretisierte Neuevangelisierung an den Refrain eines Liedes der EAV: "Weil morgen, ja morgen, fang' ich ein neues Leben an! Und wenn net morgen, dann übermorgen oder zumindest irgendwann fang ich wieder ein neues Leben an!" Man ersetze "ein neues Leben" durch "die Neuevangelisierung".

In Kathpedia heißt es dazu: "Neuevangelisierung meint 'die erneute Einwurzelung und Vergegenwärtigung des Evangeliums Jesu Christi in den Ländern, in denen der christliche Glaube schon sehr lange beheimatet ist, aber durch die fortschreitende Säkularisierung an Bedeutung verloren hat'."

Und seit wann redet man davon? Seit dem 2. Vatikanum (Gaudium et Spes - "Freude und Hoffnung" - über die Kirche in der Welt von heute)! Und 1975 erließ Papst Paul VI. die Enzyklika: "Die Evangelisierung in der Welt von heute". Seit 1985 redete Papst Wojtyla davon, im September 2010 wurde der "Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung" eingerichtet und im Oktober 2012 fand zum Thema "Die neue Evangelisierung zur Übermittlung des christlichen Glaubens" die 13. Generalversammlung der Bischofssynode statt. Und? Ist irgendwer von Euch schon katholisch neuevangelisiert worden? Es gibt Homepages und Zeitschriften, die sich mit diesem Themenbereich befassen, aber das sind bloß kircheninterne Wichsereien, die von Form und Inhalt her völlig unbrauchbar für ein außenstehendes Publikum sind, denn dieses Material ist praktisch nur auf ein vom Katholizismus voll durchdrungenes Publikum ausgerichtet.

Wie fasst heute Schönborn seinen Predigtinhalt zusammen? Er schreibt: "Die Geschichte vom wunderbaren Fischfang würde wohl nicht mehr erzählt werden, wenn sie nur damals, 'in jener Zeit', und seither nie mehr geschehen wäre. Freilich ereignet sie sich auf verschiedene, immer neue Weise. Bis heute gibt es die Erfahrung vergeblicher Mühe. Und bis heute gibt es Menschen, die Jesus und seinem Wort vertrauen und einen Neuanfang wagen. Und viele können berichten: Das Wagnis wurde überreich belohnt."

Ja, das hat es gegeben, wie Fische wurden Menschen zusammengefangen, da gab es keinen Pardon. Jetzt geht das nimmer, jetzt muss die katholische Kirche akzeptieren, dass man niemanden mehr zwingen kann. Die "Erfahrung vergeblicher Mühe" wird in den aufgeklärten Weltbereichen daher das Ergebnis der weiteren Fischereien werden. Schönborn träumt zwar von "vielen" die berichten, das Wagnis eines katholischen Neuanfangs wäre überreich belohnt worden. Aber er bringt nicht einmal ein Beispiel, "viele" das müssten ja Tausende oder zumindest Hunderte sein.

Aber weil man in der kath. Kirche ohnehin weiß, dass kaum was zu fangen ist, darum probiert man es ja praktisch gar nimmer. Zurzeit ist das "Jahr des Glaubens", das sollte ebenfalls zum "Menschenfischen" genutzt werden. Dass irgendwo was gefangen worden wäre, hat die katholische Kirche bisher nicht behauptet. Im Mai 2010 hatte es in der Diözese Wien unter dem Titel "Apostelgeschichte 2010" probeweise eine Missionswoche gegeben: das Resultat war: null Fische gefangen. Seither hat man es nimmer probiert, der für die Fastenzeit 2012 angekündigte Probeversuch fiel kommentarlos aus. Amen.


113. Wort zum Sonntag, den 3. Februar 2013

Zweite Lesung 1 Kor 12, 31 - 13, 1-13: Strebt nach den höheren Gnadengaben! Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt: Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts. Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte, und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden; wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

Heute nimmt sich Kardinal Schönborn ein Thema vor, von dem er nichts verstehen darf. Die Liebe. Zwar wäre heute richtig das Evangelium gemäß Lk 4, 21-30 fällig, aber in diesen zehn Versen geht's nur darum, dass die Leute in Nazareth den Prediger Jesus vertreiben, weil sie ihn ja schließlich kennen und darum nichts glauben. G'schichtl'n kann man Menschen, die einen kennen nicht so leicht drucken wie Unbekannten. Schönborn predigt jedenfalls statt des Evangeliums die Worte der sogenannten "Zweiten Lesung", das ist der Text, der vorm Evangelium verlesen wird, heute ist das eine Stelle aus einem Paulus-Brief.

Aber das nur als Nebenbemerkung. Die christliche Stellung zur Liebe ist eine ganz spezielle. Die Liebe ist das Allergrößte. Aber diese christliche Liebe ist gleichzeitig das Allerseltsamste. Weil die christliche Liebe ist keine zwischenmenschliche Beziehung, sondern ein Abstraktum. Unter seinen Mitmenschen mag man manche, manche mag man nicht, manche sind einem bloß gleichgültig, manche mag man mehr, manche schätzt man hoch, manche hat man gern. Aber das Maß oder Nichtmaß gegenseitiger Wertschätzung und Zuneigung ist kein abstrakter Wert, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Beziehungen.

Die Tirilli-Liebe des Apostel Paulus ist ein verordneter Wert. Beim Bundesheer hab ich gelernt "habt acht!", da musste man die Füße zusammenknallen und durchgestreckt aufrecht stehen, bis der Befehl "ruht!" kam, dann ruhten wir in entspannterer Haltung. Die obige Bibelstelle befiehlt die Liebe, die Liebe ist das Größte, kommandiert Paulus, aber er sagt nicht, wer, was oder warum mit Liebe überschüttet werden sollte, er brüllt bloß "liebet!".

Wie trachtet Schönborn das verständlich zu erläutern? Heute einmal nicht den letzten Absatz, sondern die kardinalistische Erläuterung davor: "Was nützen alle Begabungen, wenn die Liebe fehlt! Das gilt für die 'weltlichen' Talente ebenso wie für die religiösen. Wenn sie egoistisch, nur zum eigenen Nutzen, zur Selbstbestätigung gebraucht werden, sind sie nicht mehr als tönendes Blech, hohles Gedröhne. Wenn einer sich total für den Nächsten verausgabt, dabei aber nur sich selbst verwirklichen will, also keine echte Liebe dahinter steht, ist das nutzlos. Am schlimmsten ist Frömmigkeit ohne Liebe. Sie stößt nur ab."

Die reale Welt in der wir leben, braucht dieses Liebegeschwärme nicht. Eine Kellnerin, die mir das bestellte Bier bringt, braucht mich genausowenig zu lieben, wie der Verkäufer, der mir ein Produkt vorführt. Auch ein Straßenbahnfahrer braucht seine Fahrgäste nicht zu lieben und die Pflegerin nicht den Demenzkranken, dem sie die Windeln wechselt. Und wenn wir mit jemanden diskutieren, brauchen wir den Diskussionspartner weder zu lieben, noch zu hassen. Wir können uns beispielsweise für ihn und seine Ansichten interessieren.

Und wenn man Gutes für jemanden anderen tut, gibt's auch zwei lieblose Möglichkeiten: man tut's, weil man dann vielleicht auch was Gutes zurückbekommt oder man tut's, um der von Schönborn angeführten Selbstbestätigung willen. Oder man tut's, weil man den anderen mag, das gibt's auch. Aber deswegen braucht man keine Lieder von der Liebe singen, weil das wäre auch schon wieder bloße Selbstdarstellung. Und ein Kleriker sollte wohl besser über die katholische Leibfeindlichkeit nachdenken, als über die Liebe leere Luft zu verbreiten. Weil wenn er von der Liebe was verstünde, müsste er beichten gehen. Amen.

PS: im seinerzeitigen Religionsunterricht ist mir schon in der ersten Klasse Volksschule dieses widerlich süßelnde Geseire besonders auf den Nerv gegangen, wir alle müssten den lieben Jesus von ganzen Herzen lieben, der liebe Jesus hat mich deswegen schon mit sechs Jahren und drei Monaten am Arsch lecken können.


112. Wort zum Sonntag, den 27. Jänner 2013

Lk 1, 1-4: Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.
Lk 4, 14-21: Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen. So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja. Er schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. Dann schloss er das Buch, gab es dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.
Weiter ginge es dort so (22-24): Seine Rede fand bei allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs? Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat! Und er setzte hinzu: Amen, das sage ich euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.

Die Zusammensetzung des heutigen Evangeliums aus zwei verschiedenen Kapiteln hat wohl den Sinn, sozusagen den Lukas als glaubwürdigen Zeitzeugen zu präsentieren und dann den Jesus als sich selbst präsentierenden Messias zu schildern. Wobei der folgende Abschnitt weggelassen wurde, wo die Anwesenden Zweifel äußern. Hier steckt das bekannte Wort "hic Rhodos, hic salta" dahinter, diese Worte "hier ist Rhodos, hier springe" stammen aus der Äsop-Fabel "Der Fünfkämpfer als Prahlhans" und waren eine Aufforderung an einen Fünfkämpfer, der mit seinen Leistungen beim Weitsprung in Rhodos geprallt hatte und von seinen Zuhörern darum aufgefordert wurde, diese Sprungleistung hier und jetzt zu wiederholen. Ein Messias, der in Kafarnaum gesprungen sein will, wird ohne Springerei daheim in seinem Dorf keinen Ruhm erwerben.

Von großen Dingen in Kafarnaum zu erzählen, war keine Kunst, speziell weil in damaligen Zeiten die Welt noch weit und groß war und sich solche Schilderungen kaum überprüfen ließen. Das heutige Evangelium sichert also doppelt ab: es deklariert Lukas als vertrauenswürdig und hört auf, bevor sogar im Bibeltext Zweifel geäußert werden. Und was hat Jesus schon geleistet mit seinen Worten? Er hat die Behauptung aufgestellt, das Schriftwort habe sich erfüllt. Geglaubt haben es ihm die Leute nicht, weil sonst wäre der Jesus heute nicht als Gründer einer neuen Heidenreligion, sondern als jüdischer Reformer bekannt.

Aber was sagt der Schönborn heute in der Kronenzeitung? Er freut sich über die Zuverlässigkeit vom Lukas! Er fragt: "Können wir uns aufeinander verlassen? Gilt das Wort? Halten die Zusagen? Haben Versprechen Bestand?" Dann billigt er dies den Absichten des Lukas zu: "Es geht schlicht um die Frage: Kann ich mich auf die Lehre dieses Jesus einlassen? Ist sie mir glaubwürdig? Stellt sie einen tragfähigen Grund dar, auf den es sich lohnt, mein Leben zu bauen?"

Das Lukas-Evangelium entstand nach Auffassung der historisch-kritischen Aufarbeitung des Neuen Testamentes etwa zwischen den Jahren 80 und 90, der unter dem Namen Lukas auftretende Berichterstatter schrieb über etwas, das 50 bis 60 Jahre früher passiert sein soll.

Dass überhaupt ein Schilderer, der über Ereignisse berichten will, die ein halbes Jahrhundert oder länger zurückliegen, über die es überhaupt keine zeitgenössischen Quellen gibt, also Erzählungen und Überlieferungen aus zweiter, dritter, vierter Hand verwendet werden müssen, die beliebig ausgeschmückt und abgeändert worden sein können, als "zuverlässig" deklariert wird, beweist bloß die armselige Faktenlage zu den Ursprüngen des Christentums.

Man stelle sich vor, heute gebe es keine Bücher, keine Filme, keine Tonaufnahmen und heute würde jemand eine wundersame Geschichte erzählen, die vor fünfzig Jahren spielt und die unter den heutigen Zeitgenossen unbekannt ist. Nu, wer würde das glauben? Aber es gibt sowas auch heute, in der Südsee haben sich die sogenannten Cargo-Religionen auf ähnliche Weise gebildet und man weiß über die dabei auftretenden Götter und Propheten ebenfalls nichts Genaues, siehe Cargo.pdf! Das Christentum ist quellenmäßig ebenfalls ein Cargo-Kult.

Schönborn fasst so zusammen:
"Das Bild von Jesus, das Lukas nach all seinen Erkundungen festhält, ist in den Worten zusammengefasst, die Jesus in seiner Heimat, in Nazareth, in der Synagoge aus der Bibel vorlas: 'Der Geist des Herrn ruht auf mir … Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe', den Gefangenen Entlassung, den Blinden das Augenlicht… Damals sagte Jesus seinen Zuhörern: Das, was ich eben vorgelesen habe, hat sich heute erfüllt. Lukas kam zur Überzeugung, dass das zuverlässig stimmt. So war es. Und so ist es bis heute. Zuverlässigeres als die Zusage Jesu gibt es auch heute nicht."

Der österreichische Chefbischof gibt also zu: Es gibt nichts Zuverlässiges übern Jesus. Eine Geschichte, die Jahrzehnte später schriftlich fixiert wird, von der die ältesten erhaltenen Abschriften noch 100 Jahre später entstanden sind, bestätigt, dass sich gemäß dieser Schrift Jesus selber als Erfüllung einer Bibelprophezeiung präsentiert habe. Und da Gottessöhne nicht lügen, ist alles wahr. Oder so irgendwie.


111. Wort zum Sonntag, den 20. Jänner 2013

Joh 2, 1-11: In jener Zeit fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt, und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen. Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut! Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungsvorschrift der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter. Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt, und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie brachten es ihm. Er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten. So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.

Also mit seiner Mama, der Frau Gottesmutter Maria, geht der Herr Jesus ziemlich flegelhaft um. Er redet mit ihr, als kennte er sie gar nicht.

Schönborn hat dafür natürlich eine sonntägliche Entschuldigung: "Das ist nicht der Ton, den wir von einem liebevollen Sohn erwarten würden. Warum ist er so schroff? 'Meine Stunde ist noch nicht gekommen', so antwortet er ihr. Jesus handelt nicht selbstherrlich und eigenwillig. Was er tut, tut er, weil es Gottes Wille ist. Jesus ist nicht ein 'Selbstdarsteller', der seine Karriere im Sinn hat. Er will nur Gottes Plan verwirklichen, nicht seinen eigenen Kopf durchsetzen."

Was einen Atheisten verwirrt. Schließlich heißt es ja, der katholische Gott sei dreifaltig und dreieinig und bestünde aus den drei Personen Gott Vater, Gott Sohn und Gott Hl. Geist. Bedeutet die Menschwerdung der Falte "Sohn Gottes", dass er derweilen kein Teil des dreifaltigen Gottes war und nur als Erdenmensch Aufträge des zweifaltigen Gottes, also von Gott Vater und Gott Hl. Geist ausführen sollte? Oder bestimmten die beiden anderen Falten mit Stimmenmehrheit, wann für die dritte Falte, die Stunde gekommen ist? Weil wenn der Herr Gottessohn als Bestandteil eines Gottes in drei Personen die ganze Aktion seiner Menschwerdung mitgeplant hatte, dann braucht er ja nicht tun, was "Gottes Wille" ist, weil es ja auch sein Wille gewesen sein müsste. Das ist vom Herrn Schönborn theologisch recht seltsam argumentiert, wenn er den Willen des Jesus dem Willen seines Vaters unterordnet.

Aber das ist vermutlich eine Denksportaufgabe für Scholastiker. Worüber freut sich Schönborn in seiner Schlussfrequenz: "Und tatsächlich sagt Jesus ihnen etwas Ungewöhnliches, und sie tun es: Sie füllen etwa 600 Liter Wasser in große Krüge. Und als sie daraus schöpfen, ist es bester Wein. Sagt das nicht viel über Jesus aus? Er tut sein erstes Wunder auf einer Hochzeit, und schaut, dass den Gästen die Freude des Weines nicht ausgeht: Jesus wünscht dem Brautpaar und allen Menschen ein geglücktes Leben. Um uns das zu zeigen, scheut er sich nicht, ein sehr 'weltliches' Wunder zu wirken."

CLang zeichnete, wie das Weinwunder weiter ging

Zum Hochzeit-Weinwunder gab's schon vor Äonen den Witz, alle Männer könnten ein ähnliches Wunder vollbringen: Wein in Wasser verwandeln, aber Wasser in Wein, das könnten nur Jesus und die Weinpantscher. Da ich im Jahr ungefähr 200 Liter Wein trinke, könnte mich Jesus mit seinem Weinwunder drei Jahre kostenfrei versorgen. Dabei bräuchte er sich gar nicht besonders plagen, weil ich nehm billigen Veltliner für meine mineralisch auf eine Halbe aufgespritzten Vierteln zum Essen und ansonsten fallweise zum Vergnügen einen herben Roten oder einen Schilcher. Pow, heut hab ich Euch was aus meinem Alkoholikerleben erzählt, aber auch in einem katholischen Land braucht der Mensch ein bisschen ein Vergnügen. Amen.


110. Wort zum Sonntag, den 13. Jänner 2013

Lk 3, 15-16.21-22: In jener Zeit war das Volk voll Erwartung, und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei. Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel, und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.

Spaßig ist die heutige Jesus-Zensur im Messbuch. Das Weglassen der Verse 19 und 20 ist belanglos (es geht dabei um den Konflikt des Johannes mit Herodes), aber die Verse 17 und 18 sollte man doch predigen: "Schon hält er die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen. Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk in seiner Predigt."

Aber fast immer wenn der Jesus die Leute ins ewige Feuer schaufelt, ist ein theologischer Zensor unterwegs und versteckt diese Jesusworte vor dem Publikum. Die sündige und nichtgläubige Spreu kommt ins nie erlöschende Feuer und das wird dem Publikum der Sonntagsmessen nimmer vorgelesen! Weil dann brauchen sich auch die Priester nicht händeringend von ihrem Jesus distanzieren.

Das sonntägliche Gesülze vom Schönborn spar ich mir heute, weil ich in den OÖNachrichten am 12.1. von einem Pfarrer namens Stephan Prügl auch ein paar lustige Worte gefunden habe.

Er schließt nämlich mit diesen Sätzen: "Nachhaltig hat der Gottesmann seine Gotteskindschaft bezeugt und in Solidarität mit Menschen abseits des Heiles seine frohe Botschaft verkündet, die sie aus Unfreiheit, Armut, Schuld und Elend herausgeholt hat. Allen in seinem Namen Getauften steht eine Nachhaltigkeit im Glauben, Hoffen und Lieben, wie er sie praktiziert hat, gut an und diese Lebenseinstellung bringt den spirituellen Glanz und die Strahlkraft der Taufe zur Geltung."

Zuerst wird die "frohe Botschaft" von der ewigen Spreuverbrennung befreit und problemlos lässt sich dann daraus Solidarität erzeugen. Eine Solidarität die durch die Jahrhunderte in der Verabreichung armseligster Almosen bestand, niemand wurde aus Unfreiheit, Armut, Schuld und Elend herausgeholt, aber jetzt rühmt man sich solch nie getaner Taten. Glaube, Liebe und Hoffnung war als Aufbausystem fürs Jenseits vorgesehen, glauben, Gott lieben (plus mittels ein paar armseliger Almosen auch ein paar Nächste) und aufs ewige Leben hoffen, auf Erden gab's in erster Linie für die Volksmassen Kreuze zu tragen, Frondienst zu leisten und Hirsebrei zu fressen. Mit der Überwindung dieser grauenhaften christlichen Zeiten, mit der Etablierung von Menschenrechten und sozialstaatlicher Einrichtungen konnte die Strahlkraft der Taufe und der ganze andere christliche Zirkus, irgendwann würde alles gut und schön, als leeres Wortgeklingel entsorgt werden, besonders leer war und ist es, wenn's erst nach dem Tode wahr sein soll. Wer heute so ein Produkt am normalen Handelsmarkt verkaufen täte, bekäme bestimmt ein Verfahren wegen schweren, gewerbsmäßigen Betrugs.


109. Wort zum Sonntag, den 6. Jänner 2013

Mt 2, 1-12: Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Bethlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle. Sie antworteten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten: Du, Bethlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Bethlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

Der Text vom Schönborn hat heute Unterhaltungswert, weil er so realitätsfern ist. So meint er, die als "Heilige drei Könige" volkstümlich gewordenen Bibelfiguren wären "Magier aus dem Morgenland", als Herkunftsland vermutet er Persien und wie sie den Jesus in Bethlehem gefunden hätten, erklärt er mit einer "besonderen Stellung der Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische". Machen wir uns dazu kundig. Solche Stellungen dieser Planeten treten etwa alle zwanzig Jahre auf, sie liegen dann scheinbar nahe beisammen auf einer Linie. Im Jahre 7 v.u.Z. hat es eine solche Konstellation gegeben, die dann zum "Stern von Bethlehem" befördert wurde. Warum allerdings diese Konstellation auf Bethlehem gewiesen haben sollte, ist nicht nachvollziehbar, Planeten zeigen in keiner Konstellation auf einen bestimmten Punkt auf der Erde. Außerdem müssten die "Weisen" aus Persien zwei oder drei Monate unterwegs gewesen sein und schon in über 1000 Kilometer Entfernung am Himmel diesen Bethlehem-Wegweiser gesehen haben.

Schönborn ist das Ganze - wie er zugibt - auch rätselhaft. Warum sollten sich persische Sterndeuter mit jüdischen Erlösern befasst haben? Er interpretiert daher die Sage von der Jesusgeburt aus der Sicht des entwickelten Christentums indem er zusammenfasst: "Das Kind in Bethlehem, der 'neugeborene König der Juden', ist der König aller Völker. Bei ihm gibt es keine Grenzen mehr, bei ihm sind alle willkommen, sind alle zu Hause. Nicht umsonst sammeln heute unsere Sternsinger - Kinder für Arme aus allen Völkern der Erde!" Nachdem dieser Jesus gemäß biblischer Texte von den Nichtjuden distanziert hatte, ist es etwas kompliziert zu verstehen, dass seine Geburt praktisch die spätere Entwicklung nach dem Tod des Jesus vorausgeahnt haben soll. Es heißt in Mt 10,5-6: "Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel." In Mt 15,24 steht: "Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel". In Mt 28, 19 steht hingegen: "Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes", was eine merkwürdige Weiterentwicklung der jesusschen Meinung darstellt, die zudem die drei Weisen aus dem Morgenland Jahrzehnte vor dem (zwischen den Jahren 80 und 100 aufgeschriebenen) Matthäus-Evangelium schon wissen hätten müssen.

Schönborn sieht seine Weisen zudem so: "Die Weisen aus dem Osten sind Suchende. Sie wissen viel, haben viel studiert, geforscht, aber sie haben sich nicht mit den greifbaren Ergebnissen zufrieden gegeben. In jedem Menschenherzen gibt es Raum für die Suche nach dem Sinn des Lebens." Dass sich vor 2000 Jahren niemand mit seinem Wissen zufrieden geben konnte, ist klar, was haben die Leute schon gewusst? Sie lebten auf einer vom Firmament überwölbten Erdenscheibe und hatten von 99,9 % dessen was die Menschheit heute weiß, keine Ahnung. Die berühmte christliche Suche nach dem Sinn des Lebens führt nach Nirgendwo, weil echte Christen ja den Sinn ihres Lebens nicht in ihrem Dasein, in ihrem Leben suchen (sollen, dürfen), sondern außerhalb in einem vorgefertigten System. Was nicht viel Sinn macht. Auch die meisten Mitglieder christlicher Kirchen suchen heute ihren "Sinn des Lebens" in ihrem Leben und nicht in der Bibel.

Wikipedia: "Der Sinn des Lebens im Christentum ist es, diese Gemeinschaft mit Gott und untereinander im Leben wie im bzw. nach dem Tod zu pflegen. Voraussetzung ist hierzu das Leben in Liebe, das innere und äußerliche Umkehr (Buße) und den Glauben an die Erlösung durch Jesus Christus, wie sie in der Bibel beschrieben wird, voraussetzt. Mit der Taufe beginnt das von der Sünde und dem Tod erlöste Leben, das sich in Gebeten, Sakramenten und guten Werken fortsetzt."

Nu, ich kenn persönlich niemand, der auch nur versucht, nach diesem Lebenssinn zu leben, egal ob christlich oder nicht. Kann schon sein, dass es ein paar solcher Leute gibt, die sich ganz ihrem Jesus verschrieben haben. Es gibt eben manchmal sehr seltsame Leute, Massenerscheinungen waren sie niemals und sind es heutzutage schon gar nicht.

Achja, die "Sternsinger": Das war früher ein Volksbrauch ähnlich heute Halloween, aber friedlicher und höflicher: Kinder oder junge Männer zogen singend von Haus zu Haus, bekamen Geschenke und durften sie behalten. Erst in den 1950er-Jahren wurde dieser Brauch von der katholischen Kirche für Missionszweck kommerzialisiert. Man sammelt Geld ein, unterstützt damit Hilfsaktionen, um sich als christlicher Nächstenlieber zu profilieren. Denn nicht Hilfe, sondern Mission ist der Zweck der Sternsingerei.


108. Wort zum Sonntag, am Dienstag, den 1. Jänner 2013

Lk 2, 16-21: So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten. Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war. Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde.

Interessant ist der letzte Satz, das Jesukind wurde also geschlechtlich im Schoß empfangen. Ansonsten wird in der Bibel ja nur von der "Verkündigung" geredet, in Lk. 1, 35 heißt es, "Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten", diese Verkündigung ist am 25.3., also neun Monate vor Christi Geburt. Dass der Hl. Geist befruchtend in den Schoß der Maria eindringt, wird bibelversmäßig nicht geschildert. Aber das nur nebenbei.

Laut Schönborn gibt's heute drei Feste, die Beschneidung, das Hochfest der Gottesmutter Maria und den von Papst Paul VI. ausgerufenen "Weltfriedendstag". Feiertag ist heute aber wegen Neujahr, also weltlich. Weil solche Feiertage gibt es in Österreich auch: 1. Jänner, 1. Mai, 26. Oktober.

Schönborn müht sich ab, die Beschneidung zu verteidigen. Er meint etwa, die Beschneidung könne auch aus hygienischen Gründen erfolgen. Damit sich männliche Ferkel beim Waschen die Vorhaut nicht zurückziehen müssten. Direkt predigt Schönborn das nicht, er vermutet es aber offenbar, denn er nennt die Hygiene warum "in den USA heute viele Eltern auch aus nicht religiösen Gründen die Beschneidung ihrer Söhne veranlassen". Aber keine Angst, auch diese Körperverletzungen stammen aus religiösen Traditionen: nämlich um die sündige "Selbstbefleckung" zu erschweren, weil ohne Vorhaut wichst es sicher nicht so leicht.

Schönborn redet natürlich die jüdische Beschneidung schön. Dazu ein Cartoon, der auf ironische Art den möglichen Hintergrund der Einführung dieser Körperverletzung zeigt:


Der Kardinal schließt das Beschneidungsthema mit dem Satz: "Inzwischen haben sich die Wogen geglättet, ein Bundesgesetz hat die Rechtmäßigkeit der religiös begründeten Beschneidung festgehalten. Es wäre schön, wenn der Schutz des ungeborenen Lebens mit ebensolchem Eifer gefördert wurde, wie der Schutz der Vorhaut gefordert wurde …" Also Straffreiheit für Penisverstümmelungen und Gefängnis für Schwangerschaftsabbruch.

Der letzte Satz der heutigen Schönborn-Predigt:
"Eines macht das heutige Fest deutlich: Jesus war Jude. Und ebenso seine Eltern. Und wir Christen dürfen unsere jüdischen Wurzeln nicht vergessen oder gar verleugnen."

Nein, die Juden können nichts fürs Christentum, sie haben sich sogar entschieden dagegen gewehrt. Der Schaden wurde ja erst viel später verursacht, nämlich als im vierten Jahrhundert das Christentum zur römischen Staatsreligion gemacht und damit das Zeitalter der antiken Kultur samt Religionsfreiheit beendet wurde. Soweit dieser Jesus als historische Person existiert haben könnte: es war sicherlich nicht seine Schuld, dass in seinem Namen das finstere christliche Mittelalter über die Menschheit kam, das war nichts Jüdisches, es war "arische" Dummheit und Machtgier, die uns das Christentum einbrockte und soviel materielles und psychisches Elend über die Menschen brachte.


Das 107. Wort zum Sonntag, den 30. Dezember 2012

Lk 2, 41-52: Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem. Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach. Nachdem die Festtage zu Ende waren, machten sie sich auf den Heimweg. Der junge Jesus aber blieb in Jerusalem, ohne dass seine Eltern es merkten. Sie meinten, er sei irgendwo in der Pilgergruppe, und reisten eine Tagesstrecke weit; dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten. Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn dort. Nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten. Als seine Eltern ihn sahen, waren sie sehr betroffen, und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht. Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Doch sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte. Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen. Jesus aber wuchs heran, und seine Weisheit nahm zu, und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.

Das Pascha- oder Pessachfest wird von den Juden im Frühjahr zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten gefeiert. Die obige Schilderung enthält wieder einmal kuriose Elemente. Wenn der Jesus eine Falte eines dreifaltigen Gottes sein soll, wieso musste er dann an Weisheit zunehmen? Er wäre sowieso seit Ewigkeit allwissend gewesen. Ebenfalls seltsam ist die Argumentation, Jesus hätte im Tempel seines Vaters sein müssen, da er nach den biblischen Legenden erst etwa mit dreißig zu predigen begann, warum hat er dann mit zwölf im Tempel sein müssen und davor und danach nicht?

Schau'n wir wieder, was erzählt Schönborn den Kronezeitungslesern dazu. Er erzählt was vom familiären Weihnachtsfest, dass Pascha/Pessach das jüdische Osterfest war, wird ignoriert, am heutigen Sonntag ist das "Fest der Heiligen Familie". Und darüber predigt der Herr Kardinal: "Familie ist Heimat, Geborgenheit - und allzu oft Ort nachhaltiger Verletzungen, unversöhnlicher Feindschaft. Wir alle wünschen uns eine gute Familie und leiden nur allzu häufig unter den Rissen, die durch die Familie gehen. Zu Weihnachten ist dieser Kontrast zwischen Sehnsucht nach Eintracht und realer Familiensituation oft besonders schmerzlich spürbar. Deshalb ist es auch sinnvoll, dass die Kirche am Sonntag nach Weihnachten das Fest der Heiligen Familie feiert, um uns Jesus, Maria und Joseph als Familie vor Augen zu stellen. Aber ist das so eine ideale Familie? Und was wissen wir wirklich über ihr Alltagsleben? Es ist erstaunlich, dass die Evangelien fast gar nichts über die dreißig Jahre berichten, die Jesus im Kreis seiner Eltern und Verwandten in Nazareth gelebt hat. Wie sah ihr Familienleben aus, wie ihre Arbeitswelt, ihr religiöses Leben?"

Ja, die armen Christen wissen zuwenig über das Familienleben der Maria mit ihrem außerehelichen Kind und den Nährvater Josef, der auf seine Kosten den Jesus aufziehen muss, weil Gottvater keine Alimente zahlt. Zumindest steht darüber nix in der Bibel und darum weiß auch der Schönborn nix.

Darum komm ich heute schnell zum Schluss, hier der Schluss des Bischofstextes: "Mit zwölf Jahren macht Jesus seinen Eltern klar, dass er nicht ihnen gehört und gehorcht, sondern Gott, seinem Vater. Gott gebührt immer der erste Platz. Jesus ist zuerst Gottes Sohn und dann erst Mariens Sohn und Joseph, seinem Ziehvater, anvertraut. Wenn in unseren Familien Gott den ersten Platz hat, dann lösen sich so manche Konflikte, die oft aus Egoismus, Verletzungen, Vorwürfen entstehen. Maria ist hier Vorbild. Sie verstand anfangs ihren Sohn nicht, hat aber über alles nachgedacht und gebetet. Und im Glauben Ja gesagt zu Gottes Willen in ihrem Leben und im Leben ihres Kindes Jesus."

Was heißt Jesus macht seinen Eltern was klar? Josef ist gemaß der biblischen Sagen kein Elter. Und Gottvater hatte nur mit der Maria was zu tun. Wozu man diese ganze Familiengeschichte erfinden hat müssen, ist sowieso rätselhaft, ein allmächtiger Gott hätte ja auch ohne Jungfrau-Mutter und Nährvater Josef auf Erden wandeln können. Hallo hier bin ich, Euer Gott, ich werde Euch jetzt die Wadeln nach vorn richten, wenn ihr nicht spurt! Aber wenn Ihr Eure Sünden bereut, will ich Euch vergeben, hasta la vista, Baby. Familien, in denen Gott den ersten Platz einnimmt, sollten von der Jugendfürsorge unter ständiger Beobachtung gehalten werden, weil für Kinder sind solche Gehirnwäschefamilien was Schreckliches. Wenn das geduldet wird, bleiben sie ihr Leben lang traumatisiert und finden sich in der Wirklichkeit nicht zurecht. Solche Familien brauchen fürsorgliche Hilfe. Amen.


Das 106. Wort zum Sonntag, am Dienstag, den 25. Dezember 2012

Joh 1, 1-14: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

Das ist an sich gut beobachtet, "das Wort war Gott". Wozu es einen alten Cartoon gibt:


Hab ich mir gedacht, ich könnte dazu heute einmal was Volksbildnerisches formulieren und nahm darum das Etymologische Wörterbuch des Deutschen zur Hand und schlug unterm dem Wort "Gott" nach, dort steht u.a.:
Gott m. (in polytheistischen Religionen) übermenschliches, (in monotheistischen Religionen) höchstes, übernatürliches Wesen, von dem sich der religiöse Mensch seinem Glauben gemäß abhängig fühlt, ahd. (8. Jh.), mhd. mnd. got, asächs. aengl. engl. mnl. nl. god, anord. god, gud, schwed. gud, got. gup weisen auf germ. guda- 'Gott, Gottheit', im Plur. 'Schicksalsmächte', das als Neutr. für männliche und weibliche Gottheiten gilt. Unter christlichem Einfluß wird das Genus mask., und das Substantiv bezeichnet im gesamtengerm. Sprachbereich den 'Christengott'. Die Herkunft ist nicht sicher geklärt. Zusammengefasst: Für die Herkunft des germanischen Wortes "Gott" wird davon ausgegangen, dass der Begriff aus dem substantivierten zweiten Partizip des indogermanischen ghuto-m der Verbalwurzel gheu- "(an)rufen" entstanden ist. Danach wäre Gott das (auch durch Zauberwort) angerufene Wesen.

Schönborn redet sich heute sogar auf Goethe und Goethes Faust aus, um seinen Wort gewordenen Gott, bzw. sein Gott gewordenes Wort vorzuführen. Und wieder einmal verkauft er dieses Produkt als Mensch gewordene göttliche Liebe, die nun von den Menschen fordert, von ihnen geliebt zu werden. Für einen Zölibatären ist die Frage der Liebe natürlich ein Problem, er wird vielleicht nie in der Lage gewesen zu sein, zu begreifen, dass Freundschaft, Zuneigung, Liebe immer zwei Seiten brauchen, die sich freiwillig gegenseitig, achten, schätzen, mögen, lieben. Zu fordern, "ich liebe dich und du musst mich auch lieben!", ist psychotisch. Weil das ist kein Austausch, sondern eine Unterwerfungsforderung.

Schönborns letzter Satz lautete:
"Gott hat es uns leicht gemacht zu lieben, er ist nicht als der Allmächtige gekommen, sondern als Kind. Und was fällt uns leichter, als ein Kind zu lieben? Gott ist als Kind zu uns gekommen, ganz konkret. Das Kind wartet darauf, dass wir mit Liebe antworten."

Ein sehr verdächtiger Satz. Hat nicht Schönborn die Klasnic-Kommission bilden lassen, um die endlosen Probleme mit klerikaler Kindesliebe möglichst kostenschonend vom Tisch zu bringen? Unsereiner könnte aus diesem Satz schlussfolgern, kinderschändende klerikale Haderlumpen, hätten ungefragt und ungebeten mit Liebe zu Kindern geantwortet, weil es so leicht ist, wehrlose Kinder zu lieben. Vielleicht sollte Schönborn zwecks Erhellung der Frage nach dem Umgang mit autoritativ eingeforderter Liebe einmal mit einem Sexualtherapeuten sprechen?


Das 105. Wort zum Sonntag, am Montag, den 24. Dezember 2012

Lk 2, 1-14: In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum erstenmal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.

Was erzählt uns der Herr Schönborn dazu? Er dramatisiert das Schicksal der armen heiligen Familie! Kein Quartier! Stall! Futterkrippe! "Ärmer geht es nicht. Der, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gehört, wird als Neugeborenes in Windeln gewickelt und in einen Futtertrog gebettet. Dieser gewaltige Gegensatz ist wohl der tiefste Grund für die stete Anziehungskraft des Weihnachtsfestes. Nie war Gott so nahe und so niedrig wie in diesem Moment. Aber diese Nähe ist nicht aufdringlich. Sie füllt nicht die Schlagzeilen und verdrängt nicht die Großen und Mächtigen von ihrer Wichtigkeit. Ganz still und unscheinbar ist Gott selber in diese Welt gekommen, als Menschenkind, auf Hilfe angewiesen und doch allen zum Heil. Und noch etwas trägt zur unvergleichlichen Beliebtheit dieses Festes bei: Die Hirten auf dem Feld, die in kalter Nacht bei ihrer Herde wachen. Arme sind die ersten Zeugen des Gottes, der in der Armut des Kindes im Stall zu uns Menschen kommt. Immer schon haben diese Hirten die Herzen berührt, wie sie voll Freude zu dem Neugeborenen eilen. Und schließlich sind da die Engel, die den Hirten die freudige Nachricht bringen und die das "Ehre sei Gott in der Höhe" singen. Die Mutter, das Kind, die Engel - sie alle bilden den wunderbaren Rahmen dieses Festes. Und sie alle bezeugen: Das alles ist für dich, für deinen Frieden und dein Glück geschehen! Daher: Frohe Weihnacht!"

Achja. Dass Menschen einander eine Freude machen könnten, ohne dass sie dazu von einem Gottessohn in der Futterkrippe motiviert werden müssten, auf sowas kommt der Herr Schönborn klarerweise nicht. Er kommt auch nicht drauf, dass es schon ein archaischer Brauch war, in der Zeit, wo die Sonne wieder längere Tage spendete, Feste zu feiern und nett zueinander zu sein. Er braucht dazu einen Jesus, ohne dessen kalter Nacht im kalten Stall würde ihm wohl keine Freude und keine Hinwendung zu seinen Mitmenschen auskommen. Vermutlich kratzt er sich auch nur dann hinterm Ohr, wenn ihn der Jesus vorher dort gekitzelt hat. Schöne jesusfreie Feiertage! Amen.


Das 104. Wort zum Sonntag, den 16. Dezember 2012

Lk 3, 10-18: In jener Zeit fragten die Leute den Johannes den Täufer: Was sollen wir also tun? Er antwortete ihnen: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso. Es kamen auch Zöllner zu ihm, um sich taufen zu lassen, und fragten: Meister, was sollen wir tun? Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist. Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen: Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold! Das Volk war voll Erwartung, und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei. Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Schon hält er die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen. Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk in seiner Predigt.

Heute hatte der Uploader der Homepage der Wiener Diözese nix Neues zu tun, er konnte denselben Text online stellen, den er irrtümlich schon vorige Woche geliefert hatte (siehe Sonntagswort Nr. 103) und er schaffte das tatsächlich! In den Evangelien wird der im 1. Jahrhundert im jüdischen Siedlungsgebiet sehr bekannte Endzeitprediger Johannes der Täufer, der auch außerhalb der christlichen Quellen Erwähnung fand, als Ankündiger des Jesus dargestellt, was ursprünglich offenbar den Sinn hatte, ihn als den bekannteren Prediger abzuwerten und Jesus aufzuwerten.

Die heutige Stelle enthält eine der vielen Verdammungsdrohungen, demnach hält der Jesus "die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen". Das ist wieder eine Peinlichkeit, weil heutzutage darf der liebe Jesus ja niemanden mit dem ewigen Feuer drohen, weil in einer Zeit, in der fast alle Staaten (außer dem Vatikan) die Charta der Menschenrechte unterschrieben haben, die christlichen Kirchen sich eines Gottes, der die Menschen in Weizen und Spreu trennt und den Spreu ins ewig brennende Feuer wirft, schämen und über solche biblische Unmenschlichkeiten lieber den Mantel des Schweigens breiten.

Was erzählt dazu heute der österreichische Oberbischof Schönborn? Er redet zuerst einmal von der "Schlangenbrut" und von der Axt, die an die Wurzel der Bäume gelegt ist. Das steht aber in Lk 3, 7-9, ist also weder für den 2. noch den 3. Adventsonntag als Evangeliumsstelle vorgesehen. Die Spreu im Feuer erwähnt er nicht, anscheinend predigt er Lk 3, 7-14, es sind ihm also die Verse etwas verrutscht. Also kein Wort über die Spreu im ewigen Feuer, aber was sagt er zur ähnlich grauslichen Stelle, Lk 3,9: "Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen"? Er verkündet: "Ich sehe darin eine wichtige Lehre für heute, denn wir Menschen sind nicht wesentlich anders als damals. Wenn jemand selber als Person glaubwürdig ist, dann nimmt man ihm auch kritische, ernste, mahnende Worte ab. Die Wahrheit, auch wenn sie schmerzlich ist, wird angenommen, wenn der, der sie sagt, selber überzeugend ist."

Ah, schau dir das an, da durchquerte seinerzeit der Sohn Gottes extra eine Jungfrau, um unter den Menschen zu leben und ihnen durch seinen Kreuzestod die Erlösung zu bringen und dann sind "wir Menschen nicht wesentlich anders als damals"? Wozu dann der Aufwand? Über die umgehauenen Bäume im Feuer sagt Schönborn gar nix, das ist ihm zu heikel, er predigt dann über die Lukas-Verse 10-14. Jeder soll bei sich anfangen, weil jeder hat was, das er teilen kann und man möge nicht korrupt sein und seine Macht nicht missbrauchen.

Weil das rettet dann wohl die Welt, denn zu fordern "die Politik, die Wirtschaft, die EU, kurz, 'die da oben' sollen es anders, besser machen", gefällt dem Herrn Kardinal nicht. Er verlangt darum: "Fang bei dir selber an! Bei dir kannst du etwas ändern!" Somit: du bist der Verantwortliche, "die da oben" sind nicht zuständig. Wozu haben wir schließlich christliche Politiker? Die kümmern sich doch seit ewig, dass es denen da oben bestens geht und die da unten auch noch für die Almosen zuständig sein sollen. Ja, so sind sie, die Christen und Oberchrist Schönborn findet das göttlich und richtig.

Wenn ich dieses christliche Gesudere lese, werde ich auf meine alten Tage noch bolschewistisch: Wir brauchen wieder einmal eine andere Predigt, Ernst Busch singt Bert Brecht:

Denn es geht nicht um das Teilen des letzten Hemdes, sondern um die konkret gestellte Frage: Wessen Morgen ist der Morgen? Wessen Welt ist die Welt? Soll die Welt der Spekulanten und Konzerne ewig bleiben oder soll die Welt unsere Welt werden? Mit Menschenrechten auch für die arbeitenden Menschen und nicht nur für die Aktienkurse!


Das 103. Wort zum Sonntag, den 9. Dezember 2012

Lk 3, 1-6: Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene; Hohepriester waren Hannas und Kajaphas. Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias. Und er zog in die Gegend am Jordan und verkündigte dort überall Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden. So erfüllte sich, was im Buch der Reden des Propheten Jesaja steht: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt.

Da haben wir wieder eine Schlamperei, das heutige Evangelium ist Lukas 3, 1-6, auf der Homepage der Diözese Wien sind die Ausführungen vom Schönborn jedoch mit "Was sollen wir tun? Lukasevangelium 3, 10-18" übertitelt, das ist allerdings das Evangelium vom nächsten Sonntag. In der Kronenzeitung stehen der richtige Bibeltext und die richtige Predigt. Das heißt ich muss schon wieder die Ausführungen des Schönborn aus der Zeitung abtippen, weil in der Wiener Diözese ein Schlampian sitzt, der die Sonntage vertauscht (siehe Nr. 98) und seinen Chef im Internet was anderes predigen lässt als in der Kronenzeitung. Nachbemerkung: die falsche Predigt blieb den ganzen Sonntag online - liest die Schönborn-Predigt niemand oder macht die Site-Betreiber niemand auf Schnitzer aufmerksam?

Also nehm ich das Kreuz auf mich und schau, was in der Krone steht. Schönborn müht sich heute ab, den Evangelisten Lukas zu einem Geschichtswissenschaftler zu stilisieren. Weil nämlich der heutige Lukas-Text mit einer Datumsangabe beginnt. Kaiser Tiberius folgte im Jahre 14 dem verstorbenen Kaiser Augustus nach, das 15. Jahr seiner Regierung müsste daher im Spätsommer 28 begonnen haben. Diese Angabe begeistert Schönborn sehr, er meint dazu "was hat Lukas damit sagen wollen? Warum ist ihm diese genaue Zeitangabe so wichtig? Ich sehe vor allem zwei Anliegen: Gott handelt mitten in der großen Weltgeschichte. Der mächtige Kaiser in Rom wusste sicher nichts von dem Prediger in der Wüste, beim Jordan. Aber was dort geschah, hat weltgeschichtliche Bedeutung: Johannes bereitet dem Herrn den Weg. Zu allen Menschen soll das Heil gelangen. Damals hat es begonnen. Damals ist Jesus gekommen."

Nein, das stimmt historisch nicht. Während Johannes der Täufer auch in nichtchristlichen Quellen belegt ist, stammen die "Kenntnisse" über Jeschua ben Josef, später genannt "Jesus Christus" nur aus religionsinternen Quellen. Der Untergangsprophet Jesus agierte ähnlich wie der Bußprediger Johannes, wurde ebenfalls hingerichtet, u.a. weil er sich durch heftige Kritik an den Pharisäern mit der herrschenden Priesterkaste unliebsam angelegt hatte (also so ähnlich wie heute der Helmut Schüller und seine Anhänger mit den vatikanischen Pharisäern).

Die kleine Jesus-Sekte überstand jedoch den Untergang ihres Stifters und ca. 350 Jahre später geschah dann das weltgeschichtliche Unglück wirklich, das christliche Unheil konnte über alle Menschen gelangen. Wikipedia: "Das Dreikaiseredikt "Cunctos populos" wurde am 28. Februar 380 in Thessaloniki von den römischen Kaisern Theodosius I., Gratian und Valentinian II. verabschiedet. Es beendete die nominelle Religionsfreiheit des 4. Jahrhunderts und gilt als ein wesentlicher Schritt, um das Christentum zur Staatsreligion zu machen."

Diese drei Kaiser haben die Grundlage für das finstere Mittelalter gelegt. Die Entwicklung der Menschheit wurde dadurch für rund tausend Jahre gestoppt und durch die Christenherrschaft furchtbares Leid über die Welt gebracht. Nicht nur durch die direkte Verfolgung, Knechtung und Ausbeutung von Menschen, sondern besonders auch durch die entsetzliche Lehre, die mit der Drohung sonstiger ewiger Höllenstrafe, die vollständige psychische Unterwerfung der Menschen verlangte, Millionen und Abermillionen Menschen wurde damit das Leben ruiniert.

Man sollte daher den 28. Februar 380 als einen der extrem tragischen Wendepunkte der Menschheitsgeschichte sehen, es dauerte rund 1500 Jahre bis zumindest ein Silberstreif der Hoffnung am Horizont zu sehen war. Der Silberstreifen ist inzwischen erblüht, der Säkularismus wurde zur allerdings religiös immer noch stark beeinträchtigten gesellschaftlichen Wirklichkeit. In unseren Breiten sind heute Freiheit und Menschenrechte gegen die christliche Religion in einem guten Ausmaß durchgesetzt, auch wenn noch genug zu tun bleibt bis wir vom Christentum vollständig erlöst sein werden.

Achja, was ist heute Schönborns Resümee? Auch in seinem Leben habe es genau Daten gegeben, "von denen ich sagen kann, an diesem Tag, zu dieser Stunde habe auch ich erlebt, dass Gott in meinem Leben einen Weg für sein Kommen eröffnet hat." Beispiel führt er allerdings keines an. Aber ich habe auch solche Stunden erlebt und will dazu ein schönes Beispiel anführen, in der 1. Klasse Volksschule im September 1953 befahl die Religionstante der ganzen Klasse, wir hätten von ganzen Herzen einen gewissen Jesus zu lieben. Damit fing mein aggressiver Krawallatheismus an, ich traute mich damals zwar nicht, dagegen was zu sagen, dachte mir aber, dieser Jesus kann mich am Arsch lecken, amen.


Das 102. Wort zum Sonntag, den 2. Dezember 2012

Lk 21, 25-28 / 34-36: Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen. Wenn das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. (weggelassene Verse 29-33: Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Sehet den Feigenbaum und alle Bäume! 30 Wenn ihr sie schon ausschlagen sehet, so merket ihr von selbst, dass der Sommer jetzt nahe ist. 31 Also auch, wenn ihr sehet, dass dieses geschieht, so merket ihr, dass das Reich Gottes nahe ist. 32 Wahrlich, ich sage euch, dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles geschehen sein wird. 33 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.) Nehmt euch in acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen. Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.

Beim 100. Sonntagswort am 18.11.2012 war das Thema dasselbe gewesen, der Weltuntergang, allerdings wurde dazu das Markus-Evangelium verwendet, Mk 13, 24-32. Die ersten drei Evangelien werden als "synoptisch" (altgr. s￯psis aus syn- ‚zusammen' und opsis ‚das Sehen') bezeichnet, weil sie inhaltlich ziemlich ähnlich sind (Matthäus und Lukas haben von Markus abgeschrieben und der verwendete vermutlich eine ältere, nicht erhalten gebliebene Schrift), darum steht zu einzelnen Episoden zum Teil wortgleich dasselbe. Am 18.11. war der Vers "Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft" im Evangelium nicht ausgelassen worden, allerdings sagte der Herr Schönborn nichts dazu. Für die heutige Stelle wurde der Vers 32, "Wahrlich, ich sage euch, dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles geschehen sein wird", beim Schönborn und im Messbuch gleich weggelassen. Innerhalb von zwei Wochen zweimal eine nicht eingetretene Prophezeiung eines Gottessohn zu ignorieren, ist offenbar den Klerikern peinlich.

Wenn der arme Jesus im ersten Jahrhundert u.Z. tatsächlich als konkrete Einzelperson existiert hatte, dann war er zweifellos einer dieser Weltuntergangspropheten, die regelmäßig ihre Spinnereien irgendwo verkünden. Egal ob christlich wie voriges Jahr der US-Radioprediger Harold Camping oder im Jahr 2000 der ehemalige Grünpolitiker Tollmann oder für 2012 am 21.12. die Verkünder des Weltenendes, weil der Majakalender nimmer weitergeht oder die Zeugen Jehovas, die das Weltenende schon mehrfach prophezeit haben. Diese Propheten finden immer wieder eine kleine Schar von Anhängern, die sie zu Bekehrung und Buße auffordern, weil um das nächste Eck der Weltuntergang kommt. Wenn er dann nicht kommt, dann ist das in der Regel der Untergang der Propheten. Nicht immer allerdings. Die Zeugen Jehovas zum Beispiel haben es aufgegeben, konkrete Untergangstermine zu präsentieren und tun jetzt so, als hätten sie es auch 1874, 1914, 1925 und 1975 nicht getan. Eine Übersicht über verpasste Weltuntergänge ist im Internet zu finden, diese Liste wurde im Jahr 2000 erstellt.

Von all diesen Propheten wurde durch missliche historische Umstände leider dieser Jesus weltberühmt. Seine Untergangsdrohungen waren sehr präzise gefasst: das Weltenende sollte zu Lebzeiten seiner Zeitgenossen erfolgen, das ist zeitlich eindeutig eingrenzbar. Hundert Jahre nach der Verkündigung des Weltenendes konnte wohl keiner aus "dieser Generation" (wie es bei Markus steht) noch existieren und wenn Lukas statt "Generation" das Wort "Geschlecht" nimmt, hat er sicherlich damit nicht dass Menschengeschlecht schlechthin gemeint, weil ein untergegangenes Menschengeschlecht bräuchte auch keinen Untergangspropheten mehr.

Heute braucht Schönborn darüber nicht schweigen, weil im Messbuch wurde diese schwierige Jesusaussage eh schon wegzensiert.

Worüber redet er heute? Zuerst einmal über den Advent. Weil im Advent warten die Christen auf die Christusgeburt und jedes Jahr wird er wiederum zu Weihnachten geboren. Schönborn sieht den Advent aber als Teil der jüdischen Geschichte: "Die knapp vier Wochen des Advent fassen die vielen Jahrhunderte zusammen, in denen das Volk Gottes auf den verheißenen Messias gewartet hat".

Lieber Schönborn! Das laut eigenem Glaubensverständnis von Jehova auserwählte jüdische Gottesvolk wartet immer noch auf den Messias! Die für den Messias zuständige Religion hat diesen Jeschua ben Josef nicht als Messias akzeptiert und die anderen Leute, die dann überwiegend gewaltsam christlich werden mussten, hatten nie auf einen Messias gewartet, Jesus ist ein vollständiger Fehltreffer.

Schönborn schimpft ein bisschen über die Weihnachtsgeschäfte, spitzt dann seine Predigt darauf zu, dass Menschen jederzeit sterben können. Sein Schlussabsatz:
"Gewiss, wir wissen nicht, wann es mit dieser Welt zu Ende geht. Aber wir haben die Gewissheit, dass es für uns selber einmal ein Ende gibt. Das kann schon morgen, ja heute sein. Zum Advent gehört daher immer auch die Einladung Jesu: 'Wachet und betet allezeit.' Das Ende soll uns nicht überraschen, 'wie man in eine Falle gerät'. Daher ist es gut, dass ich mir täglich die Frage stelle: Könnte heute schon mein Advent sein? Könne ich jetzt schon vor Gott hintreten?"

Laut Jesus ist die Welt spätestens zu Beginn des 2. Jahrhunderts zu Ende gegangen, die Welt gibt's demnach gar nicht mehr. Ja, sterben tun wir alle, vor Gott hintreten braucht niemand, weil Tote treten nirgendwo hin. Darum ist es sicherlich unterhaltsamer, lebensfroh zu sein und seine Zeit nicht sinnlos mit Illusionen zu verplempern. Das ist mein heutiger Sonntagstipp, amen.


Das 101. Wort zum Sonntag, den 25. November 2012

Joh 18, 33b-37: In jener Zeit fragte Pilatus Jesus: Bist du der König der Juden? Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt? Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein eigenes Volk und die Hohenpriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan? Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier. Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.

Es erscheint seltsam, dass im November plötzlich in der Sonntagspredigt der Pilatus vorkommt, weil der gehört ja in die Osterzeit. "Christkönigsfest" heißt der letzte Sonntag vorm Advent, an diesem Tag endet das Kirchenjahr, jetzt fängt's wieder von vorn, die nächsten vier Sonntage wird auf die Geburt vom Jesus gewartet. Das Christkönigsfest ist eine Erfindung der Zeit nach dem 1. Weltkrieg, in Wikipedia heißt es: "Das Fest betont nach den Umwälzungen infolge des Ersten Weltkriegs und dem Ende großer Monarchien die wahre Königsherrschaft Christi. Die Christkönigsverehrung steht als Variante des Messianismus im Spannungsfeld zwischen Frömmigkeit und Politik. Das Fest soll die Königsherrschaft Gottes betonen, ohne dabei in eine exaltierte Beanspruchung weltlicher Macht zu gelangen."

Nach dem 1. Weltkrieg wurde ja mit vielen Königen abgefahren, der Zar, der Kaiser von Österreich, der deutsche Kaiser, der König von Spanien landeten auf dem Müllhaufen der Geschichte. Dass die Reaktionäre darüber jammerten, war klar, dass die katholische Kirche das Habsburgerreich mit seinem Bündnis von Thron und Altar verloren hat, stiftete in der Folge zur Einrichtung einer klerikalfaschistischen Diktatur an, wo die Kirchenherren endlich wieder ihr widerwärtiges Christkönigtum Realität werden lassen konnten, in Spanien sorgte der Klerikalfaschist Franco für die königliche Wiederkehr.

Aber die Zeiten haben sich geändert, Österreich ist im Alltag ein säkulares Land, auch wenn sich die Religionsgemeinschaften ständig bemühen, sich wichtig zu machen. Meist gelingt das noch irgendwie, aber die Entwicklung vom Christkönigreich zur säkularen Republik ist unumkehrbar, in fünfzig Jahren wird Religion in unseren Gegenden eine seltsame Narretei von ein paar seltsamen Leuten sein und sonst nichts mehr.

Worüber freut sich Oberbischof Schönborn heute? Er träumt davon, in der NS-Zeit sei das Christkönigsfest eine Art Widerstandsfest gewesen: "Mit welcher Begeisterung und welchem Mut wurden damals die Christkönigslieder gesungen, als Bekenntnis zu Christus und gegen die Diktatur: 'Christus dem König unser ganzes Leben!'" Ich hab vor Jahren einen längeren Text über die Spitzelberichte des SS-Sicherheitsdienstes verfasst, dabei ist mir nicht untergekommen, dass der SD über solche Christköniglieder auf irgendeine Weise beunruhigt gewesen wäre.

Aber das nur nebenbei. Wie hier üblich der konkludierende Schluss der Schönborn-Predigt: "Vor Pilatus spricht Jesus ein Wort, das bis heute viele Rätsel aufgibt: 'Mein Reich ist nicht von dieser Welt.' Was ist das für ein Reich? Was heißt das: Christus ist König? Sein Reich ist keine weltliche Regierung, kein Staat, keine Armee, keine Wirtschaftsmacht. Aber sie ist auch nicht einfach nur 'im Jenseits'. Sein Reich ist nicht von dieser Welt, aber es ist dennoch in dieser Welt. Wo immer die Wahrheit über die Lüge siegt, hat Christi Reich gesiegt. Wo Gerechtigkeit geschieht, ist sein Reich stärker als alle Ungerechtigkeit. Wo Liebe den Hass überwindet, hat sein Reich Raum gewonnen. Deshalb beten wir täglich: 'Dein Reich komme!'"

Das Reich, das nicht von dieser Welt ist, hat alleine in Österreich Besitztümer von ungefähr 4,5 Milliarden Euro. Wo immer Lüge und Heuchelei der katholischen Kirche zu einem Sieg verhelfen, dort ist das Reich in dieser Welt, wo Gerechtigkeit geschieht, dort ist Widerstand gegen christliche Politik, in Österreich kam das Christkönigreich letztmalig unter den Diktatoren Dollfuß und Schuschnigg in diese Welt, damals überwand der christkatholische Hass der Besitzenden siegreich die Solidarität der Arbeiterbewegung, um so ein Reich betet heute möglicherweise nicht einmal mehr der Herr Schönborn. Amen.


Das 100. Wort zum Sonntag, den 18. November 2012

Mk 13, 24-32: In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels. Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht. Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

Heute hat Schönborn wieder ein ziemliches Problem bei der Interpretation. Weil im Vers 30 wird vom Jesus ein ziemlich klarer Weltuntergangstermin vorgegeben, er sagt laut Bibel "Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft." Was soll eintreffen? Sicherlich nicht, dass die Blätter vom Feigenbaum fallen, weil das machen sie sowieso jedes Jahr, sondern das, was vorher steht, verfinsterte Sonne bis zum Kommen des Menschensohns mit großer Macht und Herrlichkeit usw. Und was unter "diese Generation" zu verstehen ist, wird ja jeder Depp verstehen können. Schönborn ignoriert diese Zeile einfach und versteift sich auf "Tag und jene Stunde kennt niemand". Aber, verdammt noch einmal, die Generation, der das passieren soll, die hat der Herr Jesus bekannt gegeben. Wenn man also die zu damaligen Zeit lebenden Menschen als "diese Generation" nimmt, kann man wohl vermuten, dass hundert Jahre später diese Generation sicherlich vergangen war, also das Ende gekommen sein müsste. Tag und Stunde in diesen hundert Jahren, die sagt der Herr Jesus nicht, weil die weiß nur sein Vater (was wiederum zur Dreifaltigkeit schwer kompatibel ist, weil bei einem Gott in drei Personen müsste eigentlich jede der drei Personen dasselbe wissen).

Auch ein Kardinal könnte wissen, dass heute die Generation, in der Jesus gepredigt haben soll, seit rund 1900 Jahren vergangen sein muss, also die Welt gar nimmer existieren dürfte! Schönborn schreibt: "War Jesus ein Endzeitprophet, ein Weltuntergangsprediger? Eines ist sicher: Er hat nie einen Termin genannt. Im Gegenteil. Er sagt es ausdrücklich: 'Jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater'."

So ein Quatsch! Wie oben geschildert: er hat einen Termin genannt! Noch vor dem Vergehen der damals lebenden Generationen käme das Ende! Der Herr Jesus war ein Endzeitprophet, der sich geirrt hat, wie viele Endzeitpropheten vor und nach ihm,
solche Spinner laufen ja immer wieder herum, 2011 ging die Welt zweimal unter und auch heuer tut sie es wieder. So besonders allwissend war also die Sohnfalte des dreifaltigen Gottes nicht, Abgesehen davon dass er auch von der Welt keine Ahnung hatte, sonst hätte er nicht so einen absurden Blödsinn gepredigt, dass die Sterne vom Himmel fallen werden und die Auserwählten aus allen vier Himmelsrichtungen bis zum Ende von Himmel und Erde zusammengeführt würden, Jesus lebte also auf einer Erdenscheibe, die Sternlein waren kleine Lichtlein und auf Wolken konnte man stehen.


Was sagt der Oberbischof zum Weltenende? "Sind die Zeichen unserer Zeit die Vorboten, dass das Ende vor der Tür steht? Manche sehen es so. Aber ist es wirklich schon 'das Ende der Welt'? Stehen wir vielleicht einfach am Ende einer Epoche? Zum Beispiel am Ende einer großen Wohlstandsperiode? Oder am Ende der weltweiten Vorherrschaft Europas? Oder nur vor dem Ende des Euros? Eines ist sicher: Die Zeiten ändern sich! Aber haben sie das nicht immer getan?"
Ja, die Zeiten ändern sich seit Milliarden von Jahren und irgendwann wird auch unsere Sonne unsere Erde vernichten, vielleicht hat aber vorher die Menschheit eh schon sich selber vernichtet.

Noch der Schlusssatz vom Schönborn: "Das Wort Jesu kann uns da Halt geben: 'Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.' Was immer in unserem Leben zu Ende geht, auf sein Wort bleibt Verlass."
Selbstverständlich! Auf alles, was Jesus sagt, ist Verlass, auf den Weltuntergang zur Lebzeiten seiner Zeitgenossen, auf Sterne, die auf die Erde fallen können und auf die vom Himmel begrenzte Erdenscheibe. Und zum unvergänglichen Jesus-Wort könnte man darauf hinweisen, dass auch die Wörter vom Zeus oder vom Wotan noch überliefert sind, aber auch das Christentum auf dem Weg der gleichen Vergänglichkeit ist, in hundert Jahren wird vielleicht der Jesus im selben Archiv sitzen wie die anderen alten Götter und die dann lebenden Menschen werden sich wundern, was für seltsame Dinge ihre Vorfahren einmal für wahr gehalten haben oder für wahr halten mussten. So möge es sein.


Das 99. Wort zum Sonntag, den 11. November 2012

Das heutige Evangelium wird im Online-Messbuch in zwei Varianten angeboten, einmal in einer Kurzfassung Mk 12, 41-44 und als Mk 12, 38-44, hier der Kompletttext: (38-40) In jener Zeit lehrte Jesus eine große Menschenmenge und sagte: Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Straßen und Plätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die vordersten Sitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie bringen die Witwen um ihre Häuser und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Aber umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet. (41-44) Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.

Schönborn verwendet nur die Kurzfassung, bei ihm geht es also erst ab Vers 41 los. Warum nimmt er die Kurzfassung? Weil in 38-40 der Jesus über die "Schriftgelehrten" schimpft? So wie es heute diverse katholische Reformer tun? Oder weil sich die christliche Politik jahraus, jahrein um die Leute in den langen Gewändern kümmert und nicht um die Witwen und Waisen? Und die christlichen Politiker volkstümlich die "Schwarzen" genannt werden, wegen ihres engen Verhältnisses zu den schwarz gekleideten Geistlichen mit denen sie beim Festmahl auf den Ehrenplätzen sitzen?

Schönborn bekommt jedenfalls einen christlichen Orgasmus, weil die arme Witwe, die von denen in den langen Gewändern um ihr Haus gebracht wird, trotzdem noch ein bisschen was in den Opferstock wirft. Soviel Einfalt ist für einen Kardinal natürlich eine Kardinaltugend! Weil die Tempelbetreiber, die brauchen auch diese Kupfermünzen! Warum tat die arme Witwe das? Schönborn: "Sie hat wirklich viel mehr gegeben als die Reichen, denn die haben das Opfer nicht gespürt. Sie hat alles gegeben, was sie hatte: Eine Tat völligen Vertrauens auf Gott, der ihr in ihrer Mittellosigkeit helfen wird."

Und hat ihr dem Jesus sein Vater geholfen? Oder hat ihr sein Sohn geholfen? Offenbar nicht, weil darüber ist im Markusevangelium nichts zu finden. Aber Schönborn kann sich im Schlamm seiner Begeisterung über die Dummheit der armen Witwe wälzen. Warum macht es Schönborn nicht der Witwe nach? Schenkt größere Teile von den auf 4,5 Milliarden Euro geschätzten Kirchenvermögens den Armen? Oder verwendet wenigstens die Vermögenserträge dafür? Finanziert beispielsweise die Caritas aus Kirchengeldern statt mit staatlichen Mitteln?

Der Schlusssatz vom Schönborn lautet, "..bis heute leuchtet das Vorbild dieser armen Frau. Da ist eine scheinbar kleine, unbeachtete gute Tat größer als alle Pracht der Welt. Jesus will uns mit seinen Augen sehen lehren." Warum lernt der Schönborn daraus nicht, dass die mit den langen Gewändern, die beim Festmahl auf den Ehrenplätzen sitzen, auch mal was auslassen sollen? Nein, das lernt er nicht daraus, sondern er freut sich bloß über die Einfalt der Witwe.

Er ist schließlich einer der Schriftgelehrten aus dem Markusevangelium 12, 38-40 und er, seine Kirche und die christlichen Politiker machen es nicht einmal wie die in Vers 41 zitierten Reichen, die viel geben. "Viele Reiche kamen und gaben viel", nein heute schreien die Reichen, Superreichen und ihre christlichen Interessensvertreter, wir können nicht viel geben, weil wir brauchen das selber und wer von uns was will, ist ja nur ein neidgenossenschaftlicher sündiger Neider!


Schriftgelehrte, Pharisäer, Kardinäle und christliche Politiker wollen Euch belehren! Aber es steht geschrieben in Mt 23,3-4: "Richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen. Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren, um die Lasten zu tragen". Amen.


Das 98. Wort zum Sonntag, den 4. November 2012

Mk 12, 28b-34: In jener Zeit ging ein Schriftgelehrter zu Jesus hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen? Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden. Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm, und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer. Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

Heute hab ich ein technisches Problem. Für meine Sonntagspredigt hol ich mir zuerst immer im Internet aus dem "Schott" (das ist das sog. Messbuch, wo die Abläufe aller Messen im aktuellen Jahresablauf zu finden sind) und kopiere den Text des jeweiligen Evangeliums, also heute Mk 12, 28b-34. Dann kopier ich mir von der Homepage der Diözese Wien die Sonntagspredigt vom Schönborn und verwende daraus für meine Sonntagspredigt einige Zitate. Heute hab ich ein Pech, weil heute war dort ein anderes Evangelium und eine andere Predigt zu finden als in Schott und Kronenzeitung. Auf der HP predigte Schönborn zu Mk 1, 1-8 über den "Rufer in der Wüste". Sogleich forschte ich nach, im Internet findet man ja alles. Ergebnis: da hat sich wer vergriffen und die Predigt vom 4.12.2011 statt vom 4.11.2012 erwischt, vermutlich ein Legastheniker! So ein Pech, jetzt muss ich die Schönborn-Zitate aus der Kronenzeitung abtippen!

Heute geht's im Evangelium um die Liebe.
Allerdings nicht darum, dass Menschen sich mögen und gern haben oder auch nicht, sondern um die gottesbehördliche Anordnung, den christlich verordneten Gott lieben zu müssen. Und zwar müssen Christen ihren Gott noch mehr lieben als die Nordkoreaner Kim Il Sung! Was für ein armseliger Gott! Hat dieser Gott, der laut Bibel das Universum erschaffen hat, es notwendig, Liebe zu verordnen? Leidet er unter Minderwertigkeitskomplexen? Dabei hat der Schöpfergott ja seit damals seinen Status stark verbessert. Als er zu biblischen Zeiten die Welt schöpfte, musste er nur im Nahen Osten eine Erdenscheibe formen und ein Firmament darüber wölben, heutzutage hätte er so um die 100 Milliarden Galaxien erschaffen, also eine ungleich härtere Schöpfungsarbeit verrichten müssen. Aber damals brachte er sich ja um Galaxien noch nicht kümmern, weil davon wusste er gar noch nix, schließlich war dieser damalige Gott genauso allwissend wie die damaligen Menschen, also gleich dumm. Darum zog er mit seinem auserwählten Volk jahrelang durch die Wüste, strafte mit Untergängen und Ausrottungen, ersäufte schließlich die Menschenbrut und züchtete sie neu, schickte in der Folge sogar seinen Sohn zwecks Erlösung auf die Erde. Und darum müssen wir ihn mehr lieben als Kim Il Sung.

Die zweite befohlene Liebe ist die Nächstenliebe. Über diese heißt es in Wikipedia: "Nächstenliebe wird allgemein als Bereitschaft einer Person, ihren Mitmenschen zu helfen, verstanden. Sie beinhaltet ein Handeln, nicht nur ein Gefühl der Sympathie oder ein emotionales Gestimmtsein. Das Bedeutungsfeld des Begriffs 'Nächster' reicht von einem sozialen oder religiösen Näheverhältnis bis zu jedem, der Hilfe braucht, und wird seit Jahrtausenden ethisch und theologisch erörtert. Selbstlose Hilfs- und Versöhnungsbereitschaft ist als menschliches Verhalten weltweit anzutreffen und in den meisten Religionen als ethisches Grundmotiv verankert. Der Begriff entstammt einem Gebot der Tora (Lev 19,18): 'An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst'."

Jeder von uns mag manche Menschen und mag manche Menschen nicht. Manche Menschen mögen sich selber nicht. Hier irgendwas als Pflicht zu verordnen, ist Schwachsinn. In Lev 19,18 ist das als nationalistisches Verhalten ausgedrückt, vertrage dich mit deinen Stammesgenossen und behandele sie so wie du selber behandelt werden willst, heißt das. Ein vernünftiger Rat. Im Christentum wurde das ausgeweitet auf alle beliebige Menschen, was klarerweise nicht funktioniert. Warum sollte ein strenggläubiger Katholik einen Krawallatheisten lieben? Der mag ihn ja auch nicht. In diversen Predigten von diesem Jesus wurde dann auch noch die Feindesliebe gefordert. Mein Lieber, das war Munition für die christliche Heuchelei! Gottesliebe! Nächstenliebe! Feindesliebe! Bei so viel Liebe kann man doch nur noch die Augen zum Himmel verdrehen! Ihre Feinde hat die katholische Kirche in ihrer gesamten Geschichte noch kein einziges Mal geliebt, die kirchliche Nächstenliebe wird möglichst unter Vermeidung jeglicher kirchlicher Kosten betrieben, aber ihren Gott, den lieben sie! Das kostet nichts und freut die eigene Seele.

Was meint Schönborn dazu? Die Abtipperei freut mich nicht so sehr, darum hier nur der Schlussabsatz: "Nimm die Liebe weg - und nichts mehr im Leben stimmt. Sie allein gibt allem das rechte Maß, die Lebendigkeit, die Freude. Auf sie kommt alles im leben letztlich an. Und jetzt wenden wir alles auf unser Verhältnis zu Gott an. Dann ist das Leben ganz im Lot."

Auweh! "Liebe" kann man weder hingeben, noch wegnehmen. Kein Mensch kann Liebe beschließen, Zuneigungen und Abneigungen ergeben sich aus den Lebensverhältnissen, nicht aus moralischen Anordnungen. Jeder Mensch hat das Bestreben, mit seinem Leben zufrieden zu sein, in unterschiedlichem Ausmaß gelingt das zumindest zeitweise und dann ist die Welt im Lot. Einen Gott braucht dafür niemand. Amen.


Das 97. Wort zum Allerheiligentag, den 1. November 2012

Mt 5, 1-12a: In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.

Heute finden wir im Evangelium die wunderbare Stelle, wo eine wichtige Wahrheit über Gläubige in einem Satz zusammengefasst wird. Leider ist dieser Satz im obigen aus dem Messbuch kopierten Text nicht mehr auffindbar. In meiner Bibel steht er noch, die wurde 1994 gedruckt und folgt dem Text von 1912. Seit 1980 gibt es jedoch die sogenannte Einheitsübersetzung, die nicht mehr auf der lateinischen Übersetzung, sondern auf den früheren aus den hebräischen, aramäischen und griechischen Textvorlagen aufbauen soll. Da aber außer einzelnen aramäischen Zitaten (z.B.: Eloi, Eloi, lama sabachthani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Mt. 27,46) die überlieferten Texte des "Neuen Testamentes" nur in altgriechischer Sprache vorliegen, könnte und dürfte sich eigentlich an den Texten nicht viel ändern. Zumindest steht im griechischen Text "Makarioi hoi ptochoi to pneumati, hoti auton estin he basileia ton ouranon", das heißt "Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich". Wenn diese Stelle seit der Einheitsübersetzung nun "Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich" lautet, dann steckt dahinter keine bessere Übersetzung, sondern eine Umdichtung.

Wäre das nicht so, hätte sich z.B. Meister Eckhart im 13./14.Jht. nicht seitenlang abmühen müssen, die Stelle mit den geistig Armen schönzureden. Nein, man traute sich einfach nimmer, das eigene Publikum als selige Deppen zu beschimpfen und zensierte deswegen das Bibelwort. Dabei soll doch das Wort Gottes ewig, unveränderbar und heilig sein. Sachen gibt's!

Darum verkünde ich hier weiterhin das Originalgotteswort: selig sind die Armen im Geiste! Denn sie sind es wirklich! Wer nicht angekränkelt ist von eigenem Denken, wer keine Zweifel hat und alles brav glaubt, was ihm vorgesetzt wird, der ist in seiner schlichten Einfalt sicherlich seliger als einer der selber zu denken versucht.

Was schreibt heute der Herr Schönborn in der Kronenzeitung? Er befasst sich klarerweise mit Allerheiligen, "jeder Heilige ist wie ein geöffnetes Portal, durch das Gottes Licht in die Dunkelheit dieser Welt leuchtet". Dann meint er, die Zahl der katholischen Heiligen ließe sich nicht feststellen. In Wikipedia heißt es dazu: 2004 wurde das Martyrologium Romanum aktualisiert, worin 6650 Heilige und Selige verzeichnet sind, sowie 7400 Märtyrer. Außerdem ist von 1961 bis 1970 in 12 Bänden die Bibliotheca Sanctorum erschienen, 1998 gab es einen Ergänzungsband, weil Papst Wojtyla so ein eifriger Selig- und Heiligsprecher war. Dann kann man auch auf http://www.heiligenlexikon.de/ nachschauen, da sind zumindest die bekannteren Heiligen tageweis aufgezählt. Seinerzeit in der Ausbreitungszeit des Christentums brauchte man dieses Armeen von Heiligen, um den Heiden ihre Naturgeister, Wichtel und Trolle zu ersetzen, also statt des Rübezahls den Hl. Bernhard oder so. Den christianisierten Völkern wurde mittels der Heiligen kein neues Gotteslicht angesteckt, sondern die Finsternis des heidnischen Aberglaubens durch die Finsternis des katholischen Aberglaubens ersetzt. Da damals gleichzeitig auch die antiken Erkenntnislichter ausgelöscht wurden, konnte das finstere Mittelalter Einzug feiern. Licht brachte die Aufklärung den Menschen. Amen.


Das 96. Wort zum Sonntag, den 21. Oktober 2012

Mk 10, 35-45: In jener Zeit traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen. Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde? Sie antworteten: Wir können es. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde. Doch den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken habe nicht ich zu vergeben; dort werden die sitzen, für die diese Plätze bestimmt sind. Als die zehn anderen Jünger das hörten, wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.

Heute ist wieder einmal eine der lieblichsten christlichen Heuchlergeschichten dran, die Letzten werden die Ersten sein, so heißt der Spruch beim selben Evangelisten im Kapitel 9, siehe dazu unten Nummer 92 der Sonntagsworte. Auch bei Lukas kommen die Ersten und die Letzten vor (Kapitel 13), ebenso bei Matthäus (Kapitel 19 und 20). Wozu hier zwei Bilder eingefügt sind: der Erste in der katholischen Kirche, er schaut nicht direkt so aus als sei er der Letzte, das Gruppenbild der aufmarschierenden Kardinäle macht ebenso nicht direkt den Eindruck von Bescheidenheit.




Zum obigen Jesuswort lässt sich geschichtlich anmerken, dass die christkatholische Kirche seit ihrer Machtergreifung im 4. Jahrhundert als Staatsreligion im Römischen Reich immer auf der Seite der Herrscher und Unterdrücker gestanden ist, mit dem Spruch, alle irdische Macht ginge von Gott aus, die Mächtigen auch ideologisch gestützt hat. Das berüchtigte Bündnis von Thron und Altar sicherte durch Jahrhunderte Unterdrückung und Ausbeutung, sicherte durch Jahrhunderte, dass die Ersten die Ersten bleiben und die Letzten die Letzten. Und heute sind es die christlichen Parteien, die sich mit größter Vehemenz dafür einsetzen, dass in den formal demokratischen Staaten die Banken und Konzerne die Ersten sind und die arbeitenden Menschen die Letzten bleiben. Die sogenannte Befreiungstheologie, die in den lateinamerikanischen Staaten versuchte, politisch für die Letzten und gegen die Ersten zu agieren, wurde vom Vatikan verdammt.

Schönborn hat seine heutige Kronenzeitungspredigt mit "Karrierestreben und Machtmissbrauch" übertitelt. Er predigt u.a.: "Karriere machen: Das ist bis heute ein starker Antrieb im Leben. Erfolg im Beruf, im Leben gehört zu den mächtigsten Zielen, die uns antreiben. Ohne ein solches Streben gibt es keine erfolgreichen Sportler, keine wirtschaftliche oder politische Karriere. Und auch in der Kirche fehlt es nicht an Karrieredenken."

Es ist natürlich richtig. Menschen wollen nicht Letzter sein, sie streben nicht nach unten, sie wollen nicht im Dreck liegen. In der katholischen Kirche hat es hin und wieder solche vorsätzliche "Letzte" gegeben, z.B. wird diesem "Franz von Assisi" derartiges nachgesagt. Aber psychologisch gesehen, ist auch so eine Vorgehensweise ein Streben danach "Erster" zu sein: ich bin freiwillig ein Armer, ein Bettler, der Letzte der Letzten, ist es nicht großartig wie selbstlos ich dem Herrn folge? Kein Mensch kennte heute den Giovanni Battista Bernardone, den Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Assisi, hätte er nicht unter dem Künstlernamen Francesco d'Assisi den Orden der Minderen Brüder, den Bettlerorden der Franziskaner, gegründet.

Zurück zu Schönborn, er hat viel Verständnis für die Reichen und die Mächtigen, weil die haben es ja gar nicht so schön: "Viele, die nach Macht, Erfolg, Aufstieg streben, meinen, dass es 'oben' dann ganz leicht und schön sein wird. Sie ahnen meist nicht, dass das viele unerwartete Lasten, Sorgen und Konflikte mit sich bringt. Und viel Neid und Eifersucht, Gerangel und Streit."

Und salbungsvoll schließt er mit: "Aber dabei soll, ja darf es nicht bleiben: 'Bei euch soll es nicht so sein!' Was Jesus als Regel für seine Kirche formuliert, gilt im Grunde für alle, die irgendwie Macht haben: Sie dient dazu, anderen zu dienen. Tut sie das nicht, dann nennen wir das 'Machtmissbrauch'. Und der ist arg, wo immer er geschieht."

In der katholischen Kirche natürlich nicht, dort missbraucht niemand seine Macht, dort dient die Macht nur zum Dienen, auch wenn, wie Schönborn anmerkt, "es in der Kirche bis heute oft 'menschelt'." Wessen Diener oder Sklave ein Kardinal sein soll, führt er leider nicht aus. Dass sich z.B. die "Letzten" in der Priesterinitiative durch Ungehorsam gegen die Ersten in der Kirche wehren, das geht klarerweise nicht. Weil dazu hat der Jesus nichts gepredigt. Also bleibt schön unten in der gottgewollten Kirchenordnung und folgt brav und widerspruchslos denen, die oben sind. Amen.


Das 95. Wort zum Sonntag, den 14. Oktober 2012

Mk 10, 17-27: In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.

Zuerst zur Einleitung eine Weisheit aus Wikipedia: "Im übertragenen Sinne spricht man von einem Nadelöhr, wenn ein Engpass gemeint ist, so zum Beispiel im Straßenverkehr, wenn an einer engen Stelle besonders viele Fahrzeuge passieren müssen, so dass ein Stau kaum zu vermeiden ist. In einem großen Stadt- oder Burgtor ist das Nadelöhr eine kleine, separate Tür für den Fußgängerverkehr."

Und auf das Letztere, auf den Fußgängereingang bei Stadttoren bezieht sich das Nadelöhr im heutigen Evangelium. Die Kamele wurden durch das offene Stadttor getrieben und gingen wohl gar nicht oder nur mit größter Mühe durch eine Tür für Fußgänger. Christliche Parteien wie ÖVP, CDU, CSU setzen immer mit größtem Nachdruck für die Interessen der Reichen und Superreichen ein und diese wählen daher weit überwiegend auch christliche Parteien. Dass der christliche Himmel für sie nur durch ein Nadelöhr erreichbar sei, beunruhigt sie offenbar genauso wenig wie es etwa die ÖVP beunruhigt, dass sie durch ihre Politik ihrer Hauptklientel die ewige Seligkeit so nadelöhrschwer macht. Für diese Kreise sind solche Predigtsprüche durch viele Jahrhunderte sehr nützlich gewesen, der arme Lazarus kam in den Himmel, der reiche Prasser in die Hölle und die Habenichtse sollten gefälligst nicht aufbegehren, weil Gottes Gerechtigkeit wird ja in den ewigen Zeiten nach dem Tode für alle die richtige Ordnung herstellen.

Auf sowas muss man erst kommen! Blöderweise funktioniert das heute nimmer ganz vollständig. Es gab sogar einmal im 20. Jahrhundert einen kurzen Zeitraum, so etwa von den 1960er- bis in die 1980er-Jahre, wo die Verteilung der Güter auch für die unteren Klassen verbessert wurde. Diese Bemühungen wurden schon längst eingestellt und heute mühen sich die christlichen Parteien mit all ihrer Vehemenz darum, dass keine Reiche in den Himmel kommen. Was offensichtlich weder den christlichen Parteien, noch den Multimillionären Sorgen bereitet. Derweilen sind die nach christlicher Lehre durch das himmlische Nadelöhr passenden Mühseligen und Beladenen noch nicht recht sicher, was man tun könnte, um auch die eigenen Interessen gesellschaftlich wieder etwas besser wahrnehmbar zu machen. Sozialisten und Kommunisten gibt es nimmer und Nachfolgeorganisationen haben sich noch nicht entwickelt.

Was steht heute in der Kronenzeitungssonntagspredigt? Hier Schönborns letzter Absatz: "Wie schwer ist es doch, loszulassen! Wer viel hat, muss viel loslassen. Daher Jesu schockierendes Wort vom großen Kamel und dem kleinen Loch einer Nadel. Kann ich loslassen? Diese Frage stellt das Evangelium heute mir - und jedem, der es hört. Mir fällt es nicht leicht. So frage ich mit den damaligen Jüngern: 'Wer kann dann noch gerettet werden?' Jesu Antwort ist klar: Niemand! Keiner kann sich selber retten! Kein Reicher - und kein Armer. Der Arme weiß es nur deutlicher. Gott alleine kann uns retten. Durch das enge Tor zum Leben komme ich nur an Seiner Hand. Er reicht sie mir. Ich muss sie nur ergreifen."

Interessant, dass Schönborn offenbar die hier gemeinte Bedeutung des Wortes "Nadelöhr" nicht kennt. In Sachen Reichtum sagt er nichts, was gläubige Reiche oder christliche Politiker schrecken könnte, er meint bloß bei Gott sei alles möglich, also auch das durchs Nadelöhr passende Kamel. Und von den Milliardenbesitztümern der katholischen Kirche in Österreich wird man sicherlich nix verkaufen und dann das Geld den Armen schenken, weil bei Gott ist eh alles möglich. Die Bibel ist biegsam. Amen.


Das 94. Wort zum Sonntag, den 7. Oktober 2012

Mk 10, 2-16: kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Darf ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen? Damit wollten sie ihm eine Falle stellen. Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben? Sie sagten: Mose hat erlaubt, eine Scheidungsurkunde auszustellen und die Frau aus der Ehe zu entlassen. Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben. Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber. Er antwortete ihnen: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet. Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.

Das ist eine der seltsamsten und folgenschwersten christkatholischen Lehren. Aus dem obigen Bibeltext geht nicht hervor, auf welche Weise der katholische Gott die Eheleute verbunden hätte. Im Katechismus beruft man sich auf die obige Zeile "Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins" und darauf, dass Gottessohn Jesus die Unauflöslichkeit verkündet hat. Im "Kleinen Katechismus" heißt es ganz einfach im §216: "Wer hat die Ehe eingesetzt? Gott der Herr hat die Ehe bei der Schöpfung eingesetzt und Jesus Christus hat sie zu einem Sakrament erhoben."

Wozu mir ein alter Witz einfällt: Der Katechet prüft in der Schule die Sakramente und fragt den kleinen Maxl, mit welchen Worten Jesus Christus das Sakrament der Ehe eingesetzt habe. Der Schüler kennt diverse Bibelzitate und auch das wirkliche Leben, darum antwortet er "Feindschaft will ich setzen zwischen dir und deinem Weib" (Anm. für Nichtbibelleser: das stammt aus 1. Mose 3,15 und Gott richtet dort dieses Wort an die böse Schlange, die Eva zum Apfelessen überredet hat: "Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen").

Die völlig weltfremde Vorschrift, dass eine Ehe nicht geschieden werden dürfe, führte durch Jahrhunderte zu schrecklichen Leid für viele Menschen, speziell auch durch Auswirkungen auf der zweiten Linie: Ehepartner ergriffen sozusagen die Flucht vor der Ehe und ließen den Partner unversorgt zurück, was vor allem Frauen und Kinder traf. Diese Idiotie wurde schließlich durch das bürgerliche Recht behoben, in Italien erst in den 1960er-Jahren, wo der Film mit Marcello Mastroianni: "Scheidung auf italienisch" (nämlich durch einen vorgetäuschten Eifersuchtsmord) die katholische Position öffentlich völlig lächerlich machte, in Malta (Staat mit katholischer Staatsreligion) wurde das Scheidungsrecht erst 2011 durch eine Volksabstimmung eingeführt.

Der zweite Teil des heutigen Evangeliums hingegen ist voller Wahrheit. "Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen." Ja, so ist es, ein Kleinkind, dem man die Religion einredet, hat unter Umständen wirklich einen Schaden fürs das ganze Leben und findet nicht mehr zurück in die Realität. Dieses System hatte sich jahrhundertelang bewährt, Großmütter und Mütter (manchmal vielleicht auch Großväter und Väter) indoktrinierten ihre Kinder und Enkel genauso wie sie selber als Kleinkind gehirngewaschen wurden. Aber das funktioniert nimmer und die Kirche steht vor dem Rätsel, wieso der Glaubensschwund noch größer ist als der Pfarrermangel.

Was sagt heute der katholische Chefkommentator in der Kronenzeitung? Wie gewohnt hier wieder Schönborns letzter Absatz, weil da bringt er beide Pointen des heutigen Textes unter: "Was Jesu hier nicht ausspricht ist die Situation des unschuldigen Verlassenen. Dagegen nennt er ein entscheidendes Argument fürs treue Zusammenbleiben: die Kinder! Er lässt sie zu sich kommen und segnet sie. Brauchen sie nicht Vater und Mutter? Liebe Eltern! Sollte Eure Ehe in Krise geraten, bitte tragt Euren Konflikt nicht auf dem Rücken Eurer Kinder aus! Was können sie dafür, dass Ihr nicht miteinander könnt? Lasst sie zu Jesus kommen. Vielleicht führen sie auch Euch zu Ihm - und neu zueinander!"

Reichlich hilflos diese Predigt. Immerhin bemerkt der Herr Kardinal, dass sein Herr Jesus trotz Allwissenheit an die "unschuldig Verlassenen" keinen Gedanken verschwendet hat, aber er fragt ob dieses schweren göttlichen Versäumnisses nicht weiter nach. Dass Scheidungen durchaus auch unüberlegt und mit unerwarteten und unangenehmen Folgen für die Beteiligten und Betroffenen passieren, ist sicherlich richtig. Das Gegenmittel gegen solch leidige Fälle kann aber nicht die Pflicht sein, beisammen bleiben zu müssen. Außerdem gab es als zulässige Maßnahme im katholischen Kirchenrecht die lange Zeit kirchlich einklagbare "Trennung von Tisch und Bett". Das war in den Auswirkungen auch nichts anderes als die zivile Scheidung, aber davon redet Schönborn nicht, weil damit untergrübe er seine eigene Argumentation. Von Tisch und Bett Getrennte mussten nicht zusammen leben, es musste jedoch - wie bei zivilen Scheidungen - das Sorgerecht geregelt werden, allerdings durften die Getrenntlebenden keine neue Ehe eingehen, das war die einzige von der Zivilscheidung wirklich abweichende Auswirkung.

Und dass Kinder zum Jesus geschickt werden, damit sie Eheschwierigkeiten beheben, ist eine besonders weltfremde Ansicht. Weil Ehen, die so fromm sind, dass die Kinder zum Jesus gekommen sind, scheitern auch nicht, weil dort folgt - wie vor 200 Jahren - die züchtige Hausfrau noch dem Wort und der regelnden Gewalt des Hausherrn. Amen.


Das 93. Wort zum Sonntag, den 30. September 2012

Mk 9, 38-43.45.47-48: In jener Zeit sagte Johannes, einer der Zwölf, zu Jesus: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört - amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen. Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde. Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt (Anmerkung: die ausgelassenen Verse 44 und 46 sind gleichlautend mit Vers 48, dem Halbsatz mit dem Wurm).

Zuerst sei einmal festgehalten, dass das Dafür- und Dagegensein beim Jesus stark variiert, oben steht "wer nicht gegen uns ist, der ist für uns", in Mt 12,30 heißt es, "wer nicht für mich ist, der ist gegen mich". Was nicht so gern zitiert wird, aber sich weitaus besser in der Kirchengeschichte widerspiegelt als die umgedrehte freundliche Version. In der Bibel steht eben alles, einmal so und einmal das Gegenteil davon.

Was lehrt Kardinal Schönborn heute seine Gläubigen? Er jammert zuerst einmal, dass sich die Muslime gegen Spott über ihre Religion empören, die Christen aber nicht. "Ist das Christentum so lau geworden, dass es zu jedem Spott, zu aller Verhöhnung nur mehr schweigen kann? Ist der Islam so kräftig, dass er sich keine Kritik gefallen lässt?" Aber dann kann er sich mittels der heutigen Bibelstelle auf seinen Jesus berufen: "Ich glaube, das heutige Evangelium kann eine Antwort auf diese Frage geben. Es zeigt eines von vielen Beispielen, wo Jesus sich nicht verteidigt, nicht zurückschlägt, keine scharfe Abgrenzung vornimmt." Weil der liebe Jesus duldet es, dass auch andere Wunderheiler, Dämonen austreiben. Auch schon was.

Der Wiener Bischof meint weiter, die Jünger vom Jesus hätten diesen nicht gepachtet, denn solchem "widerspricht Jesus entschieden: 'Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.' Das heißt doch: Jesus gehört nicht nur 'uns' und denen, die 'zu uns gehören'. Viele tun Gutes, ohne ausdrücklich Christen zu sein. Viele tun, was Jesus vorgelebt hat, ohne es zu wissen. Wichtig ist Jesus die gute Tat." Schaut's Euch das an, Menschen dürfen Gutes tun, ohne Christen zu sein! Welche Gnade! Über das Gute, das der liebe Jesus tut, siehe weiter unten.

Der schöne Satz aus dem Evangelium "Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde"
, eignet sich wunderbar zu ein bisschen Polemik. Sollten die katholischen Kinderschänder dann also nur Kinder schänden, die nicht an Jesus glauben? Aber das würde vom Zugang her die Sache erschweren, weil ungläubige Ministranten und ungläubige Zöglinge in Klosterinternaten wird's nicht so viele geben.

Aber Schönborn freut sich über das strenge Urteil über Verführer der Kleinen: "Da ist Jesus unerbittlich. Einen Mühlstein um den Hals und damit ins Meer werfen! - das verdienen die, die andere missbrauchen, ihnen Ärgernis geben, sie zum Bösen verleiten." Warum richtete die katholische Kirche dann in Sachen Missbrauch ihre Klasnic-Kommission ein und trachtet danach, ja niemandem einen "Mühlstein" umhängen zu müssen? Mühlstein um den Hals, hat Jesus gesagt! Also los, her mit den Mühlsteinen! Mit echten Mühlsteinen Leute ins Meer zu werfen, ist sowieso verboten, aber die r.k. Kirche verwendet ja nicht einmal symbolische!

Die Hälfte des Textes des heutigen Evangeliums handelt von den ewigen Höllenstrafen im ewigen Höllenfeuer. Was sagt Schönborn dazu? Sein heutiger Schlusssatz lautet: "Radikal sollen wir auch uns selber gegenüber sein, wenn wir zum Bösen neigen. Das Böse in uns bekämpfen, ja es "ausreißen", das erwartet er von uns. Jesu stört es nicht, wenn er verspottet wird. Aber er erträgt es nicht, wenn wir Menschen einander Böses antun. Dagegen sollen wir kämpfen."

Zur Hölle sagt er keine Silbe. Weil diese biblische Lehre zu verkünden, ist heutzutage katholisch unkorrekt. Der liebe Jesus darf nur noch Gutes tun, er darf nimmer als der bösartige Sadist dargestellt werden, als den er sich laut Bibel selber so gern präsentierte. Vielleicht sollte man eine Volksbibel herausgeben, wo solche Zeilen wegzensiert sind, damit Quelle und Interpretation keine Zensurlöcher haben müssen. Oder bekennt Euch so mutig wie die Islamisten zu ihrem fürchterlichen Koran auch zu Eurer fürchterlichen Lehre voller Menschenhass. Das wäre zumindest ehrlich, Ihr Heuchler! Amen.


Das 92. Wort zum Sonntag, den 23. September 2012

Mk 9, 30-37: In diesen Tagen zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.

Heute wieder der häufige Satz: erzählt nix weiter. Wie ja hier schon reichlich oft betont, hängt dieser Befehl damit zusammen, dass zur Zeit der Verbreitung dieses Markus-Textes noch Zeitzeugen gelebt haben könnten, die dann die Geschichte als unwahr zurückweisen hätten können. Wenn's geheim war, wusste eben niemand außerhalb was davon.

Im heutigen Text steckt das berühmte "die Letzten werden die Ersten sein", ein dummer, aber für die Ausbeuter nützlicher Spruch, weil damit den irdischen Underdogs himmlische Herrlichkeiten angepriesen wurden. Jeder Sklave, jeder Knecht sollte sich mit seinem Schicksal abfinden, der HErr würde ihn ja dereinsten reich belohnen. Durch solche Parolen eignete sich das Christentum bestens als Unterdrückungs- und Ausbeutungsideologie, es hat auch durch Jahrhunderte zu 100 Prozent funktioniert. Noch heute bedeutet christliche Politik: die Reichen müssen noch reicher werden, alles für die Banken, Konzerne, Spekulanten und sonstige Ersten, zahlen müssen die Letzten und Vorletzten. Solange sie sich das gefallen lassen.

Wozu hier ein Exkurs eingeflochten werden kann: sie lassen es sich gefallen. Der ÖGB fordert aktuell bei den Metallarbeiterverhandlungen fünf Prozent Lohnerhöhungen, Unternehmer und christliche Politiker sind empört, das ist viel zu viel! Ich hab jetzt die inflationsbereinigten (2,7 % Inflation in den letzten 12 Monaten) Nettolöhne verglichen und siehe da: auch bei einer hoch klingen Lohnerhöhung von 5 % sind das dann bei jetzigen Bruttolöhnen von 1.500 bis 2.500 Euro real-netto bloß zwischen 0,5 und 0,9 Prozent. Da ja sicherlich nicht mit fünf Prozent abgeschlossen werden wird, gibt's auch 2012 wieder eine Realnettolohnkürzung. Die Letzten werden die Letzten bleiben, auf dass es den Ersten hier auf Erden noch besser ergehe. Gott segnet die Aktionäre und die Gewerkschafter können (oder wollen) nicht rechnen. In den letzten zwanzig Jahren hat "die Wirtschaft" die Produktivitätssteigerung völlig allein als Gewinnsteigerung einstreifen können und der Lohnanteil am Volkseinkommen geht immer weiter zurück.

Zum Schönborn schreib ich heut gar nix. Ist ja eh wurscht, was der schreibt, um die Letzten, Vorletzten und Drittletzten, um die Masse der arbeitenden Menschen kümmert er sich sowieso nur beim sonntäglichen Phrasendreschen. Leider kümmert sich auch sonst niemand, die Sozialdemokratie weiß nimmer, wofür sie existiert, und Kommunisten gibt's nur in der Steiermark. Amen.


Das 91. Wort zum Sonntag, den 16. September 2012

Mk 8, 27-35: In jener Zeit ging Jesus mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen? Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten. Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias! Doch er verbot ihnen, mit jemand über ihn zu sprechen. Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber. Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen. Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.

Heute haben wir wieder einmal das Sprechverbot: die Jünger dürfen nicht darüber reden, was ihnen der Jesus erzählt. Was einen pragmatischen Grund hatte. Zur Zeit als der Markustext schriftlich niedergelegt wurde, hätten noch Zeitzeugen der geschilderten Ereignisse leben können. Wenn die nun gesagt hätten, davon wissen wir nichts, wäre der Markus schön dumm dagestanden. Daher konnten sie nix wissen, weil's auf Befehl vom Jesus geheim war.

Petrus, der Fels auf dem die katholische Kirche steht, ist heute kein Fels, sondern ein Satanist, der nicht Gott im Sinn hat, sondern die Menschen und die Menschen im Sinn zu haben ist teuflisch. Darum gab es ja in der katholischen Kirche für die ständig so sehr gepriesene Nächstenliebe ein Outsourcing, dafür ist längst der Staat zuständig, aber wenn's ein bisschen geht, soll's der Staat nur zahlen, den Vollzug der Leistung jedoch selber wiederum zurück outsourcen, kurz der Staat zahlt, machen tut's z.B. die Caritas. Als die Kirche seinerzeit durch den Zehent den direkten Ausbeutungszugriff auf das Volk hatte, musste man immerhin ein bisschen vom erpressten Geld auch für soziale Zwecke ausgeben, für Witwen und Waisen, Armenhäuser und Ähnliches. Das kann man sich heute sparen.

Aber ich schweif schon wieder einmal vom Thema ab. Der heutige Schlusssatz im Evangelium ist sehr schön. Er befiehlt so eine Art Kamikaze-Aktion. Wer leben will, muss für'n Jesus sterben. Im Anbeginn des Christentums gab's eine nicht sehr bedeutende Anzahl von Märtyrern, die bis heute stark übertrieben wird, die Zahl dieser christlichen Märtyrer steht in überhaupt keinem Verhältnis zur Zahl der Opfer, welche die Herrschaft der Kirche forderte.

Aber schauen wir: was predigt der Schönborn heute? Er schließt mit: "Und dann macht Jesus daraus ein allgemeines Lebensgesetz: Nimm dein Kreuz auf dich! Folge mir nach! Du wirst dein Leben nur gewinnen, wenn du bereit bist, es zu verlieren! 'Um meinetwillen!' fügt Jesus hinzu und nennt damit die entscheidende Lebenswende. Ich glaube, für jeden Menschen kommt der Zeitpunkt, wo es nicht mehr weiter und höher geht, im Beruf, in der Laufbahn, mit der Gesundheit. Dann gilt es loszulassen, frei zu werden von Plänen und eigenen Wünschen. Das tut oft weh. Wie eben das Kreuz. Aber es ist Jesu Weg. Und er führt zur Auferstehung, zum Leben."

Ja, das kann ich teilweise bestätigen, weil im Beruf geht's bei mir nimmer höher, ich hab das höchste Berufsziel erklommen, denn ich bin im Ruhestand, das ist die berufliche Position, die mit Sicherheit nicht mit einem weiteren Aufstieg, sondern mit dem Tod endet. Dazu fällt mir ein alter Witz ein (oder sagen wir, ein Gleichnis, schließlich ist das ja eine Sonntagspredigt). Ein Pfarrer, ein Rabbi und ein Atheist unterhalten sich über das Leben im Diesseits und Jenseits. Der Pfarrer sagt, das wahre Leben erwartet uns nach dem Tode bei Christus im Paradies, der Rabbi sagt, das wahre Leben beginnt, wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund tot ist, der Atheist sagt, vor der Pensionierung gibt es kein wahres Leben. Amen.

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